# taz.de -- Historikerin über TikTok in Gedenkstätte: „Wir wollen mehr Sich… | |
> Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme betreibt einen eigenen TikTok-Kanal. Die | |
> Historikerin Iris Groschek betreut das Projekt. | |
Bild: Relevantes Thema: Schülerinnen betrachten in der KZ-Gedenkstätte Neueng… | |
taz: Frau Groschek, Digitalisierung und Soziale Medien werden in der | |
[1][Gedenkstättenarbeit] schon länger diskutiert. Mit Ihrem TikTok-Account | |
sind Sie aber Vorreiterin. Wie kommt das Projekt an? | |
Iris Groschek: Der [2][TikTok-Kanal @neuengamme.memorial] kommt bei jungen | |
Menschen sehr gut an. Das mache ich daran fest, dass wir sehr schnell sehr | |
viele Follower*innen bekommen haben. Die bringen sich aktiv ein, | |
kommentieren und stellen Fragen. Der Kanal weckt aber auch das Interesse | |
der jungen Menschen, die Gedenkstätte selbst zu besuchen. Das ist spannend, | |
weil Analoges und Digitales ansonsten nicht so stark miteinander verknüpft | |
sind. | |
Wie wählen Sie die Themen für den Kanal aus? | |
Eines unserer Ziele ist, die Sichtbarkeit des Themas Nationalsozialismus | |
bei der jungen Generation zu erhöhen und die Relevanz der NS-Zeit für heute | |
zu verdeutlichen. Dafür thematisieren wir einerseits das Leben der | |
Freiwilligen, die den TikTok-Kanal betreuen, und stellen damit die Arbeit | |
in einer Gedenkstätte vor. Andererseits vermitteln wir historische | |
Informationen über das KZ Neuengamme. Dabei achten wir darauf, sowohl | |
grundlegende als auch vertiefende Inhalte zu bearbeiten, um verschiedene | |
Zielgruppen zu erreichen. | |
Wie interagieren Sie mit Ihren Follower*innen? | |
Wir haben uns bewusst entschieden, nicht nur frontal zu informieren, | |
sondern in einen Dialog zu treten. Wir fragen unsere Follower*innen | |
nach ihren Meinungen etwa zu Formen der Erinnerung und regen sie an, zu | |
kommentieren. Dass die Nutzer*innen sich einbringen können, ist das | |
Spannende an TikTok. Und wir bekommen Einsicht in die Perspektiven und | |
Fragen der jungen Leute und können mit ihnen auf Augenhöhe kommunizieren. | |
Welche Fallstricke sind mit der Gedenkstättenarbeit in Sozialen Medien | |
verbunden? | |
Eine große Frage ist die der Angemessenheit. Als Gedenkstätte sind wir dem | |
Ort verpflichtet und den Menschen, die hier gelitten haben. Es ist wichtig, | |
die Geschichte, die hier stattgefunden hat, nicht zu verfälschen. Die | |
[3][Möglichkeiten des Reenactment], also das Nachspielen bestimmter Szenen, | |
sehe ich kritisch. Die Geschichten der Menschen erzählen wir stattdessen | |
über Objekte, über Zitate oder Fotografien, so wie wir es in der | |
klassischen Gedenkstättenpädagogik auch tun. Dabei achten wir darauf, dass | |
die Follower*innen nicht emotional überwältigt werden. | |
[4][Auf TikTok] werden immer wieder auch demokratiefeindliche Inhalte | |
verbreitet, Fake News werden kaum reguliert. Was heißt das für Ihren Kanal? | |
Selber auf TikTok aktiv zu sein ist ein Weg, der dort [5][stark | |
verbreiteten Hassrede] etwas entgegenzusetzen. Es wäre fatal, wenn die | |
Gedenkstätten, die eine besondere Expertise haben, diese Möglichkeit nicht | |
nutzen. Wir wollen kein stiller Ort sein, sondern auch online aktiv sein | |
und unsere Geschichten erzählen. Gedenkstätten müssen hier eine starke | |
Stimme haben. | |
24 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Gedenkstaette/!t5011791 | |
[2] https://www.tiktok.com/@neuengamme.memorial | |
[3] https://www.stiftung-evz.de/wer-wir-sind/neuigkeiten-aus-der-stiftung/neuig… | |
[4] /TikTok/!t5647139 | |
[5] /Autoren-ueber-rechte-Hetze-im-Netz/!5718449 | |
## AUTOREN | |
Josephine von der Haar | |
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