| # taz.de -- Protest in Güstrow: Solidarischer Antifaschismus | |
| > Wenn Großstadt-Antifas aufs Land zur Demo fahren, ist man dort nicht | |
| > immer begeistert. Ganz anders war das kürzlich in Güstrow zu erleben. | |
| Bild: Gegen rechte Gewalt: Zumindest darauf kann man sich einigen | |
| Güstrow taz | Viele urbane Aktivist:innen pflegen ein ambivalentes | |
| Verhältnis zur sogenannten Provinz. Innerhalb der linken Subkultur ist ein | |
| Abgrenzungsbedürfnis weit verbreitet, nicht nur gegenüber einem | |
| gesellschaftlichen Mainstream, sondern auch gegenüber den ländlichen | |
| Gebieten, aus denen viele von ihnen einst vor Piefigkeit, | |
| Perspektivlosigkeit und rechten Umtrieben in die Städte geflohen sind. | |
| Dennoch fuhren vergangenen Samstag mehrere hundert Menschen aus Berlin, | |
| Hamburg, Köln und vielen weiteren Städten mit Bus und Bahn nach Güstrow im | |
| Landkreis Rostock. Sie demonstrierten dort für die Schließung des | |
| Schießstands „Großer Bockhorst“ und gegen rechtsradikale Netzwerke in | |
| Polizei und Bundeswehr, für die der Schießstand eine Art | |
| „infrastrukturelles Rückgrat“ darstelle. [1][Der Betreiber des Schießstan… | |
| ist einer der führenden Köpfe der Nordkreuz-Gruppe], die mutmaßlich in | |
| Vorbereitung auf die Ermordung politischer Gegner:innen illegal | |
| beschaffte Behördenmunition und Waffen hortete. | |
| Doch im Gegensatz zu sonst teilweise als „Strafexpeditionen“ titulierten | |
| Demos von Großstadt-Antifas auf dem Land sollte es diesmal anders laufen. | |
| Statt die eigene Auswärtsfahrt in Szene zu setzen, waren im Vorfeld | |
| zahlreiche Infoveranstaltungen in der Region abgehalten und Kontakte zu | |
| Güstrower Aktivist:innen geknüpft worden, die es eben auch gibt. | |
| Die Mitorganisatorin Karen Larisch (Die Linke) zeigte sich erfreut über die | |
| vielen Angereisten. Die Demo sei sehr groß für Güstrow, stellte sie fest, | |
| was auch notwendig sei, denn sonst würde der Protest nicht gehört. Es sei | |
| kein Zufall, dass sich rechtsradikale Netzwerke in der Gegend angesiedelt | |
| hätten, da es schon davor Strukturen gegeben hätte, die niemand hätte sehen | |
| wollen. | |
| Jetzt plant beispielsweise der ehemalige AfD-Landessprecher und wegen | |
| Volksverhetzung verurteilte Holger Arppe, vor dessen Büro die Demo auch | |
| Halt machte, [2][ein völkisch-nationales Zentrum in Güstrow.] „Ich rechne | |
| mit einem Backlash auf die Demo, denn ich kenne mein Güstrow und meine | |
| Nazis hier“, sagte Larisch. „Doch wenn wir nichts machen würden, hätten s… | |
| schon gewonnen.“ Deshalb sei die überregionale Unterstützung sehr | |
| willkommen. | |
| Wenn sich auf dem platten Land rechtsradikale Vereinigungen bilden, die | |
| dann schließlich Menschen in ganz Deutschland ins Visier nehmen, kann die | |
| Antwort nicht nur in lokalen Protesten liegen. Maria Kowalski, die | |
| Pressesprecherin der Kampagne „Nationalismus ist keine Alternative“, stellt | |
| fest: „Wir finden die örtlichen Strukturen ungeheuer mutig. Als | |
| Antifaschist:innen gehen wir einerseits dahin, wo wir gebraucht | |
| werden, wollen aber den Leuten vor Ort auch signalisieren, dass wir sie | |
| nicht alleine lassen.“ | |
| Das richtet sich auch an die Aktivist:innen aus Güstrow, die bisherige | |
| Proteste allein auf sich gestellt organisiert hatten. Die vielen Leute | |
| seien eine echte Unterstützung, sagte eine jugendliche Sprecherin, da sonst | |
| auch mal nur zwanzig Leute kämen. | |
| Sie selbst würde wahrscheinlich zum Studium wegziehen. Vielleicht dann mit | |
| einer anderen Perspektive auf das nicht so ruhige Hinterland. | |
| 22 Jul 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Friedemann Melcher | |
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