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# taz.de -- Selenskis Personalentscheidungen: Durchregieren in Kiew
> Präsident Selenski trennt sich von zwei wichtigen FunktionärInnen. Die
> eine Entscheidung ist überfällig, die andere jedoch fragwürdig.
Bild: Bakanov und Venediktova in festlicher Kleidung mit Mundschutz
Präsident Selenski liebt vor allem eine Eigenschaft unter seinen
MitstreiterInnen: Loyalität. Und so hatte er kurz nach seiner Wahl Iwan
Bakanow zum Chef des Inlandsgeheimdienstes SBU gemacht. Nicht, weil er mit
Bakanow einen Profi für Geheimdienstarbeit an der Spitze einer Organisation
mit 30.000 MitarbeiterInnen wusste. Der Grund ist banal: Bakanow ist ein
Freund von Selenski seit ihrer gemeinsamen Kindheit in der ostukrainischen
Bergarbeiterstadt Kriwij Rih, und er ist langjähriger Partner Selenskis in
der [1][Spaßtruppe „Quartal 95“].
Deswegen kann man davon ausgehen, dass Selenski seine Entscheidung,
[2][Bakanow zu entlassen], nicht leichtgefallen ist. Doch zu viel hatte der
Inlandsgeheimdienst falsch gemacht und auch versäumt, schon vor Bakanows
Amtsantritt. Mit seiner gefakten Ermordung des russischen Emigranten und
Journalisten Arkadij Babtschenko 2018 hatte er sich zum Gespött der
Gesellschaft und der ausländischen Partner gemacht.
Ebenfalls 2018 wurden zwei tschetschenische Oppositionelle nach Russland
abgeschoben. Verantwortlich für diese Abschiebungen war der
Inlandsgeheimdienst. Einer der beiden Tschetschenen ist wenig später, so
berichten ukrainische Menschenrechtler, in seiner Heimat zu Tode gefoltert
worden. Und das waren nicht die einzigen Abschiebungen, die der SBU in
Zusammenarbeit mit seinen russischen KollegInnen durchgeführt hatte. Und
nun wurde bekannt, dass ausgerechnet der ukrainische Geheimdienstler, der
für die Krim zuständig war, mit Russland zusammengearbeitet hat. Ja, man
kennt sich wohl noch von früher aus der KGB-Schule.
## Nicht immer Spionage
Somit scheint Selenskis Entscheidung wohl ein überfälliger Schritt gewesen
zu sein. Gleichwohl ist auch hier Vorsicht angebracht. Nicht immer ist eine
der Spionage überführte Person wirklich ein Spion. Mittlerweile macht man
sich in der Ukraine schon verdächtig, wenn man nach Russland telefoniert.
[3][Spionomanie hat in Kriegszeiten Hochkonjunktur]. Und genau deswegen
muss die Ukraine, will sie nicht das Vertrauen der westlichen Partner
verlieren, mit dem Spionagevorwurf transparent umgehen.
Anders gelagert ist die Entlassung von Generalstaatsanwältin Iryna
Wenediktowa. Hier drängt sich der Verdacht auf, dass man im Präsidialamt
den Kriegszustand nutzt, um eine Generalstaatsanwältin loszuwerden, die
offensichtlich sehr eigenständig agiert. Der Entlassung Bakanows zum Trotz
sind nun in allen wichtigen Schlüsselstellungen Gefolgsleute von Präsident
Selenski und Präsidialamtschef Andrij Jermak an den Schalthebeln.
Und damit lässt sich gut regieren.
18 Jul 2022
## LINKS
[1] /Kriminalitaet-in-der-Ukraine/!5802967
[2] /-Nachrichten-zum-Ukrainekrieg-/!5869004
[3] /Opposition-in-der-Ukraine/!5772107
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Wolodymyr Selenskij
Krieg
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