# taz.de -- Neue Entwicklungen in documenta-Debatte: Falsch gesetzte Fronten | |
> Die documenta-Debatte weicht ihrem Thema aus. Statt um Antisemitismus | |
> geht es um Partei- und Personalpolitik. | |
Bild: Berechtigte Frage: „Wo bleibt die Antisemitismus-Kritik?“, heißt es … | |
Es geht in der Antisemitismusdebatte um die documenta fifteen längst nicht | |
nur um Bilder. [1][Das große, schon bald nach seiner Installation auf dem | |
Kasseler Friedrichsplatz wieder deinstallierte Agit-Prop-Banner des | |
Kollektivs Taring Padi mit offen antisemitischen Motiven] ist bloß das | |
Anzeichen einer kulturpolitischen Struktur hinter der documenta fifteen. | |
Und diese müsste nun eigentlich diskutiert werden. | |
Doch so richtig vorrücken mag die Diskussion nicht. Stattdessen verhärten | |
sich die (auch parteipolitischen) Fronten in einem ursprünglich von | |
documenta-Leitung und Politik bekundeten Versuch, für Aufklärung zu sorgen. | |
Meron Mendel, Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, kündigte sein | |
Engagement für die documenta fifteen in Kassel als externer Experte Anfang | |
der Woche auf, weil er bei der documenta-Leitung keinen „ernsthaften | |
Willen“ sah, „die Vorgänge aufzuarbeiten und in einen ehrlichen Dialog zu | |
treten“. | |
Die sonst recht wortkarg gebliebene Generaldirektorin der documenta und | |
Museum Fridericianum gGmbH Sabine Schormann reagierte am Dienstag mit einer | |
Defensive: „Diverse Darstellungen von Herrn Professor Mendel“ können „von | |
uns nicht nachvollzogen werden“. Und sie führte weiter aus, viele der | |
documenta-Künstler:innen hätten eine externe Sichtung ihrer Kunstwerke | |
abgelehnt und sich unter Generalverdacht gestellt gesehen. | |
## Es ist nötig, Konsequenzen zu ziehen | |
Auf Schormanns weitere Darstellung zu den Abläufen seit den [2][schon im | |
Januar aufgekommenden Antisemitismusvorwürfen] reagierte wiederum die | |
Bundesbeauftragte für Kultur und Medien Claudia Roth (Grüne) am Donnerstag | |
„sehr erstaunt und befremdet“. Und auch eine Aufklärung, wie es zur | |
Aufstellung des antisemitischen Kunstwerks bei der Weltkunstschau in Kassel | |
kommen konnte, stehe weiter aus. Gleiches gelte für die Notwendigkeit, | |
Konsequenzen zu ziehen. „Es ist zunehmend fraglich, ob die | |
documenta-Generaldirektorin das leisten kann oder will“, so ein Sprecher | |
Roths. | |
Solche Worte kommen einer Rücktrittsforderung an Schormann gleich. Diese | |
war am Donnerstagabend seitens der FDP und der AfD im Hessischen Landtag | |
dann auch offen ausgesprochen worden. Man beschäftigt sich jetzt also | |
offenbar in dieser Debatte mit Parteien- und Personalpolitik. | |
Dabei muss die Diskussion tiefer gehen. Denn es geht um das Erkennen von | |
Antisemitismus und Rassismus im ganz praktischen Kulturbetrieb, auf seinen | |
vielen organisatorischen Ebenen. Wie wurden denn genau inhaltliche | |
Entscheidungen zur documenta fifteen getroffen, und was hat dazu | |
beigetragen, dass man nicht gesehen hat, was eigentlich sichtbar ist? | |
16 Jul 2022 | |
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## AUTOREN | |
Sophie Jung | |
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