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# taz.de -- China und seine Null-Covid-Politik: Angst vor dem Lockdown kehrt zu…
> In Shanghai wurde erstmals die neue Omikron-Variante BA.5 identifiziert.
> Nach kurzer Rückkehr zur Normalität drohen flächendeckende
> Ausgangssperren.
Bild: Shanghai am Dienstag: Ein Mann schaut durch eine Quarantäne-Absperrung
Berlin taz | Für die meisten Shanghaier sind die obdachlosen
Arbeitsmigranten unsichtbar. Doch seit Ende des Lockdowns strömen sie jede
Nacht in größerer Anzahl in die unterirdischen Gänge des Hongqiao-Bahnhofs:
Einige schlafen in den Gängen, andere quartieren sich in die
Toilettenkabinen ein. Wie lokale Medien berichten, eint viele dasselbe
Schicksal: Nachdem sie sich während der jüngsten Coronawelle mit dem Virus
infizierten, finden sie keine Jobs mehr. Zu tief sitzt bei vielen
Arbeitgebern die Paranoia vor Corona.
Und spätestens seit am Freitag erstmals die hochansteckende
[1][Omikron-Subvariante BA.5] entdeckt wurde, ist die Bevölkerung erneut
alarmiert. Bis zum Donnerstag führen die Behörden noch zwei Runden an
PCR-Massentests durch, um die Ausbreitung der hochinfektiösen Virusvariante
rechtzeitig einzudämmen.
Ob das gelingen kann, scheint angesichts Chinas epidemiologischen Erfolgen
der letzten Monate durchaus möglich. Doch interessiert die Menschen vor
allem, ob dafür erneut ein stadtweiter Lockdown notwendig ist.
Offiziell sind in den letzten zwei Wochen nur knapp 400 Fälle in Shanghai
registriert worden. Doch auf Wechat kursieren bereits Nachrichten von einem
Arzt, der behauptet, dass die Infektionszahlen tatsächlich um ein
Vielfaches höher liegen, jedoch aus Rücksicht auf die derzeit
stattfindenden Abschlussprüfung der Oberschüler nicht publiziert werden.
## Wachsende Beunruhigung der Bevölkerung
Auch wenn sich dies nicht verifizieren lässt, spricht allein schon die
[2][wachsende Beunruhigung der Bevölkerung] Bände. Sie ist durchaus
begründet: In mehreren Vierteln mussten schon Fitnessstudios schließen,
auch wurden etliche Wohnanlagen abgeriegelt.
Dabei ist erst vor wenigen Wochen so etwas wie Normalität in die
Finanzmetropole eingekehrt. Zuvor waren die meisten Einwohner in Shanghai
für zwei Monate in ihre Wohnungen eingesperrt – und durften diese nur für
die fast täglichen PCR-Tests verlassen. In den Staatsmedien wurde der wohl
drastischste Lockdown der jüngeren Menschheitsgeschichte euphemistisch als
„statisches Management“ bezeichnet.
Dass die Coronalage in ganz China wieder zu kippen droht, lässt sich
empirisch relativ gut belegen. Die japanische Consultingfirma Nomura
veröffentlicht etwa einen regelmäßigen Überblick über [3][Chinas
Lockdowns]. Seit letzter Woche sind wieder knapp 115 Millionen Menschen von
Ausgangssperren betroffen – 8 Prozent der gesamten Bevölkerung.
Die Zentralregierung in Peking versucht ihre „Null Covid“-Maßnahmen weiter
zu perfektionieren. So sollen Ausgangssperren zielsicherer und
Quarantäne-Zeiten verkürzt werden.
## Zero-Covid-Politik als Quadratur des Kreises
Doch ändert sich an der groben Stoßrichtung auch mittelfristig nichts:
China möchte das Virus aus seinen Landesgrenzen verbannen. Angesichts der
hochinfektiösen Omikron-Variante kann man längst von einer Quadratur des
Kreises sprechen.
Eine schrittweise Exitstrategie, wie sie etwa von der europäischen
Handelskammer empfohlen wird, könnte durch eine forcierte Impfkampagne
erfolgen. Als bisher einzige Stadt hatte sich erst kürzlich Peking an eine
Impfpflicht gewagt.
Die Lokalregierung kündigte an, dass öffentliche Orte wie Kinos und
Einkaufszentren nur mehr per Impfnachweis besucht werden dürfen. Doch die
Regel hielt keine 48 Stunden, ehe sie zurückgezogen wurde – nachdem die
Bevölkerung in den sozialen Medien ihren Unmut äußerte.
Insbesondere unter Senioren, die überwiegend traditioneller Medizin
vertrauen und gleichzeitig anfällig für die Gerüchte auf sozialen Medien
sind, ist die Skepsis gegenüber den Covid-Vakzinen verbreitet. Ihre
Alterskohorte weist dementsprechend die niedrigste Durchimpfungsrate von
allen auf.
13 Jul 2022
## LINKS
[1] /Neue-Omikron-Variante/!5856835
[2] /Pandemiebekaempfung-der-KP/!5861097
[3] /Coronabekaempfung-in-China/!5860321
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
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