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# taz.de -- Null-Covid-Strategie in China: Eine Kleinstadt schreit um Hilfe
> In Yingtan machen die Bürger schlimme Erfahrungen im Lockdown und
> berichten auf sozialen Medien. Chinas Staatsmedien schweigen darüber.
Bild: Offiziell ist die Lage unter Kontrolle: Szene aus der Provinz Hainan im A…
Peking taz | Wie ein Lauffeuer verbreiten sich die Nachrichten auf den
chinesischen Online-Plattformen Wechat und Weibo, im Sekundentakt ploppen
erboste Kommentare auf dem Smartphone auf. Sie stammen von Bürgern aus
Yingtan, einer südchinesischen Kleinstadt, die sich seit rund zwei Wochen
im Coronalockdown befindet.
Auf einigen Fotos, die viral gehen, ist ein kleines Mädchen zu sehen, das –
offenbar ohne ihre Eltern – auf dem Boden eines unverputzten
Quarantänelagers sitzt. Auf anderen Bildern sieht man gebrechliche
Chinesinnen und Chinesen ebenfalls auf dem Boden liegen, da sämtliche
Feldbetten belegt sind. „Unsere Stimmen werden unterdrückt! Bitte schenkt
uns Beachtung“, lautet einer der verzweifelten Hilfeschreie auf der
Online-Plattform Weibo.
Nach wie vor verfolgt die Volksrepublik China eine konsequente [1][„Null
Covid“-Strategie], bei der selbst kleinste Ausbrüche des Coronavirus mit
[2][Lockdowns], Massentests und Quarantäne eingedämmt werden sollen. In den
ersten zwei Jahren der Pandemie hat dies auch durchaus funktioniert, wenn
auch die Opfer für das Individuum stets immens waren. Doch spätestens seit
Omikron stoßen die chinesischen Maßnahmen an ihre Grenze.
Denn wer dieser Tage auf die Landkarte der Volksrepublik blickt, sieht
einen Flickenteppich aus Dutzenden Städten, in denen sich derzeit kleinere
Infektionsstränge ausbreiten. Laut Staatsmedien und nationaler
Gesundheitskommission ist die Lage grundsätzlich unter Kontrolle. Von den
Schattenseiten erfährt die Öffentlichkeit kaum etwas. Doch wie verlässlich
sind die offiziellen Angaben?
## Erfahrungen und offizielle Statistik widersprechen sich
Wer den Bürgern aus Yingtan zuhört, bekommt Zweifel. „Die Schwere der
Epidemie in Yingtan ist unvorstellbar und die tägliche Zahl neuer Fälle
übersteigt die offiziellen Daten bei Weitem“, schreibt etwa ein Nutzer.
Tatsächlich ist es nahezu unmöglich, solche Angaben unabhängig zu
überprüfen – nicht zuletzt, weil die „Null Covid“-Strategie Reisen in
Risikogebiete unmöglich gemacht hat.
Doch der Fall Yingtan zeigt, wie viel Energie Chinas Staatsapparat darauf
verwendet, das wahre Ausmaß der Pandemie vor der eigenen Öffentlichkeit
unter Verschluss zu halten. Die traditionellen Medien greifen die desolate
Situation der Bewohner nicht auf. Und im Internet sorgt der Algorithmus
dafür, dass sich kritische Meldungen nicht zu prominent verbreiten.
Notfalls setzen die Zensoren den digitalen Löschstift an.
„Ohne die Infektion meiner Verwandten hätte ich nie gewusst, dass die
epidemische Lage so ernst ist“, schreibt ein Anwohner auf Weibo: „Jeden Tag
trifft es mehr als eine Person, die ich kenne.“
Laut offiziellen Statistiken halten sich die Coronazahlen in Yingtan
hingegen in Grenzen. Am Mittwoch waren es 26 Infizierte, Dienstag nur 8. Ob
die Lokalregierung bewusst manipuliert, lässt sich anhand anekdotischer
Social Media Postings nicht belegen. Doch sie zeigen, wie tief bei manchen
das Misstrauen gegen die Behörden ist.
25 Aug 2022
## LINKS
[1] /China-und-seine-Null-Covid-Politik/!5864207
[2] /Coronabekaempfung-in-China/!5860321
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
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