# taz.de -- Die Auflösung der Knesset in Israel: Das Ende eines Wunders | |
> Israels Regierung war nicht ideal, aber besser als die Netanjahu-Jahre. | |
> Erstmals war eine arabische Partei dabei. Nun sind die Aussichten düster. | |
Bild: Große Freude bei Benjamin Netanyahu, kurz vor der Auflösung des Parlame… | |
Jeder Tag, an dem die Regierung in Israel überlebt hat, war ein Wunder – | |
[1][eines der ambivalentesten Wunder, die das Land bisher zu bieten hatte]. | |
Denn eigentlich konnte niemand die Regierung vollen Herzens unterstützen. | |
Den Rechten war allein die Tatsache, dass eine arabische Partei zum ersten | |
Mal in der Geschichte Israels Teil der Regierungskoalition ist, ein Dorn | |
im Auge; die Siedlungen schritten ihnen nicht schnell genug voran. | |
Linke besatzungskritische Organisationen wie Peace Now attestierten | |
hingegen der Regierung, die Besatzung zu verschärfen und den Siedlungsbau | |
noch schneller voranzutreiben, als dies unter dem vorherigen | |
Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu der Fall war. Viele palästinensische | |
Israelis wiederum ärgerten sich über die verhältnismäßige Machtlosigkeit | |
der islamischen Ra’am-Partei in der Regierung. | |
Doch hat die Bennet-Lapid-Regierung eine andere Sprechweise in den | |
politischen Diskurs gebracht – fast möchte man sagen: eine „von | |
Wertschätzung geprägte Sprechweise“. Das Land wurde regiert, ohne von | |
persönlichen Interessen eines Netanjahu gelenkt zu werden. In Sachen | |
Klima war die Regierung zwar lange nicht so progressiv und entschieden, wie | |
man es sich hätte wünschen können. Doch die Regierung verschloss zumindest | |
nicht die Augen vor dem Klimawandel. | |
Nach langer Agonie ist dieses Wunder nun zu Ende. Die Knesset löst sich | |
erwartungsgemäß auf. Das [2][Bündnis ist am sogenannten | |
Westjordanlandgesetz zerbrochen]. Dieses Gesetz zeigt die | |
Ungleichbehandlung von Palästinenser:innen und jüdischen Israelis im | |
Westjordanland so unverschämt offen, dass es eine Schande gewesen wäre, | |
wenn keine:r der besatzungskritischen Linken in der Regierung aufgestanden | |
wäre und rebelliert hätte. | |
Jetzt ist das Wunder vorbei, und es kann nur schlimmer kommen – eine | |
erneute Pattsituation und ein darauf folgender Zyklus an Neuwahlen. Oder | |
eine [3][rechtsreligiöse Koalition unter Netanjahu], die von rechter Hetze | |
und den persönlichen Interessen des in Korruptionsfällen angeklagten | |
Netanjahu geprägt sein wird. An ein neues Wunder glauben die Wenigsten. | |
28 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Parlament-in-Israel/!5813067 | |
[2] /SiedlerInnen-in-Israel/!5856682 | |
[3] https://www.haaretz.com/israel-news/2022-06-20/ty-article/.premium/netanyah… | |
## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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