# taz.de -- Prozess gegen Deutsch-Iraner in Teheran: „Ein iranischer CIA-Agen… | |
> Am vierten Prozesstag wurden dem Deutsch-Iraner und Oppositionellen | |
> Jamshid Sharmahd weitere Anschläge vorgeworfen. Ihm droht die | |
> Todesstrafe. | |
Bild: Jamshid Sharamad bei der Anhöhrung im Februar | |
Beirut/Berlin taz | Am Dienstag durchlief der Deutsch-Iraner [1][Jamshid | |
Sharmahd] in der iranischen Hauptstadt Teheran den vierten Tag eines | |
Schauprozesses. Ermattet saß er auf der Anklagebank des | |
Revolutionsgerichtes, in blau-schwarz gestreiftem Gefängnisanzug und | |
Badeschlappen. | |
Bisher wurde Sharmahd unter anderem eines [2][Bombenanschlags auf eine | |
Moschee] in Shiraz im Jahr 2008 beschuldigt. Diesen deklarierten iranische | |
Behörden zunächst als „Unfall“, verursacht durch aus dem Iran-Irak-Krieg | |
übrig gebliebene Munition. Später hieß es, der Angriff sei ein Terrorakt | |
der Oppositionsgruppe „Tondar“ (Donner). 2009 ließ der Iran dafür mehrere | |
Männer erhängen, Anfang 2022 wurde [3][ein weiterer festgenommen]. | |
Sie hätten ihre Befehle von „einem iranischen CIA-Agenten“ mit Sitz in den | |
USA erhalten. Sharmahd lebt seit 2003 in den USA, 2004 begann er sich bei | |
Tondar zu engagieren: zunächst als Administrator der Webseite, später als | |
Sprecher der Gruppe. Sie setzt sich für eine Rückkehr des monarchischen | |
Schah-Systems ein, das nach der islamischen Revolution im Jahr 1979 | |
gestürzt wurde. | |
Nun verlas das Gericht [4][nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur | |
Irna] weitere Anklagepunkte: Demnach soll Sharmahd als Spion ausländischen | |
Geheimdiensten wie dem FBI Informationen über iranische Raketenstandorte | |
angeboten haben. Außerdem soll Tondar 2016 in der iranischen Stadt Abdanan | |
eine Schallbombe gezündet haben. Laut Irna werde ihm weiter vorgeworfen, | |
sich an mehreren Anschlägen, unter anderem auf eine Raffinerie, beteiligt | |
zu haben. Er soll zudem ein Attentat auf einen iranischen Beamten geplant | |
haben. Ihm droht die Todesstrafe wegen „Korruption auf Erden“. | |
## Tochter Gazelle Sharmahd: „Sie terrorisieren ihn seit 14 Jahren“ | |
Die Familie Sharmahds und westliche Menschenrechtsgruppen weisen die | |
Anklagepunkte vehement zurück und fordern seine Freilassung. „Mein Vater | |
hat durch seine Webseite und journalistischen Aktivitäten eine Plattform | |
aufgebaut, auf der Oppositionelle im Iran ohne Angst ihre Meinung äußern | |
konnten. Jedoch war seine jahrelange Kritik der Islamischen Regierung ein | |
großes Dorn im Auge. Seit mehr als 14 Jahren terrorisieren und verfolgen | |
sie ihn nun mit allen Mitteln“, sagte seine Tochter Gazelle Sharmahd der | |
taz im März. | |
Im Sommer 2020 war Sharmahd von iranischen Agenten aus Dubai entführt | |
worden. Seitdem ist er im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert. In einem | |
[5][Video auf Twitter] sagt seine Tochter, ihr Vater werde in einer kleinen | |
Zelle in Einzelhaft gehalten. Er habe Probleme zu laufen, seine Zähne seien | |
ausgefallen und ihm werde notwendige Medizin gegen Parkinson nicht | |
rechtzeitig verabreicht, was zu Atemproblemen führe. Auf von [6][Irna | |
veröffentlichten Bildern] vom vierten Prozesstag sieht er zusammengesunken | |
und dünn aus. | |
Es ist unklar, ob Scharmahd konsularischen Beistand von der deutschen | |
Botschaft in Teheran erhalten darf. Iran behandelt | |
Doppelstaatler*innen juristisch wie Iraner*innen. Zurzeit sitzen zwei | |
Österreicher und eine Deutsche im Evin-Gefängnis in Teheran: Kamran | |
Ghaderi, seit Januar 2016, Massud Mossaheb, seit Januar 2019, sowie Nahid | |
Taghavi, seit Oktober 2020. Alle drei wurden in Prozessen ohne | |
Rechtsbeistand zu zehn Jahren Haft verurteilt. | |
Ihre Angehörigen schrieben im März einen [7][offenen Brief] an | |
Außenministerin Annalena Baerbock und ihren österreichischen Kollegen. | |
Darin monieren sie, dass ihre Familienmitglieder als Geiseln der | |
Islamischen Republik gehalten werden. | |
## Iran hat 2022 bereits mehr als hundert Menschen hingerichtet | |
Zurzeit verhandelt die USA indirekt mit dem Iran in Wien um eine Rückkehr | |
zum Atomabkommen von 2015. Teil eines solchen Abkommens dürfte auch ein | |
Austausch von politischen Gefangenen sein. Die Angehörigen finden, ein | |
solches Abkommen zu erzielen sei „ohne Zweifel von großer Wichtigkeit, | |
jedoch ist die Gewährleistung von Menschenrechten und europäischen | |
Grundpfeilern nicht minder relevant.“ | |
Den Vereinten Nationen zufolge hat der Iran allein in den ersten drei | |
Monaten dieses Jahres mehr als hundert Menschen hingerichtet. 2021 starben | |
310 Menschen durch die Todesstrafe. Die stellvertretende Hochkommissarin | |
für Menschenrechte, Nada al-Nashif kritisiert, dass Prozesse in keiner | |
Weise den Anforderungen an ein faires Verfahren gerecht würden. | |
Die stellvertretende Hochkommissarin für Menschenrechte, Nada al-Nashif | |
kritisiert, dass Prozesse in keiner Weise den Anforderungen an ein faires | |
Verfahren gerecht würden. | |
[8][Jamshid Sharmahd] | |
22 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Justiz-im-Iran/!5834076 | |
[2] https://jamestown.org/brief/iranian-monarchist-group-claims-responsibility-… | |
[3] https://irangov.ir/detail/379412 | |
[4] https://www.irna.ir/news/84795832/ا&%23x631;&%23x633;&%23x627;&%23x64… | |
[5] https://twitter.com/GazelleSharmahd/status/1526630009426747392?s=20&t=u… | |
[6] https://www.irna.ir/photo/84795970/چ&%23x647;&%23x627;&%23x631;&%23x6… | |
[7] https://www.welt.de/debatte/kommentare/article238232901/Offener-Brief-Was-d… | |
[8] /Justiz-im-Iran/!5834076 | |
## AUTOREN | |
Julia Neumann | |
Lisa Schneider | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Iran | |
Geisel | |
Atomabkommen | |
Haft | |
Opposition | |
Iranische Revolutionsgarden | |
Proteste in Iran | |
Proteste in Iran | |
Proteste in Iran | |
Schwerpunkt Iran | |
Schwerpunkt Iran | |
Jemen | |
Schwerpunkt Iran | |
Atomabkommen mit Iran | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Jamshid Sharmahd in iranischer Haft: Die Gunst der Stunde nutzen | |
Das Telefonat von Sharmahd mit seiner Tochter könnte ein Signal für | |
Kompromissbereitschaft sein. Jetzt gilt es, sich für den Deutschen | |
einzusetzen. | |
Proteste in Iran: Brand in berüchtigtem Gefängnis | |
Im Ewin-Gefängnis kam es zu Auseinandersetzungen und einem Brand. Mehrere | |
Menschen sind verletzt und das beunruhigt über Irans Grenzen hinaus. | |
Todesstrafe im Iran: 251 Hinrichtungen seit Jahresbeginn | |
Laut Amnesty International, das die Exekutionen nachrecherchierte, liegt | |
die tatsächliche Anzahl wohl höher. Die Gerichtsverfahren sind oft unfair. | |
Wirtschaftskrise im Iran: Sanktionen statt Atomabkommen | |
Im Iran ist die Inflation hoch, Bürger protestieren, die Atomverhandlungen | |
stocken. Indes ergreifen die USA weitere Strafmaßnahmen. | |
Krieg im Jemen: „Ein Gefängnis wie eine Müllhalde“ | |
Saudi-Arabien lässt 163 jemenitische Gefangene frei – angeblich | |
Huthi-Kämpfer. Die taz konnte zwei von ihnen ausfindig machen: Sie | |
widersprechen. | |
Unzufriedene Bevölkerung: Belastungsprobe für Iran | |
Nach dem gewaltsamen Tod eines Revolutionsgardisten wächst im Iran die | |
Unruhe. Dazu trägt auch die hohe Inflation von rund 40 Prozent bei. | |
Politische Gefangene im Iran: Wartezimmer auf den Tod | |
Gefangenen im Iran wird medizinische Versorgung verweigert, sagt Amnesty | |
International. Deutschlands Diplomatie helfe dagegen nicht. |