# taz.de -- Preisverdopplung fürs Kita-Essen: Kosten satt in Lübeck | |
> Weil Lübeck Zuschüsse kürzt, sollen Eltern der Stadt-Kitas statt 54 | |
> künftig 106 Euro für Verpflegung zahlen. Die Elternvertretung will das | |
> stoppen. | |
Bild: Das Mittagessen soll in Lübecker Kitas deutlich teuerer werden | |
HAMBURG taz | In Lübeck hängt der Stadtsegen schief, weil die Stadt die | |
[1][Kita]-Essenspreise erhöhen will. Es betrifft die 1.777 Kita-Plätze, die | |
die Stadt selbst betreibt. Hier zahlen Eltern bisher 52 Euro im Monat für | |
die Verpflegung. Künftig sollen es laut einer Vorlage der Verwaltung 106 | |
Euro sein. Die sind zusätzlich zu den Gebühren zu zahlen, die je nach Platz | |
zwischen 174 und 234 Euro betragen. | |
„Für viele Lübecker Familien stellt das eine unzumutbare Belastung dar“, | |
sagt der [2][Grüne Stadtabgeordnete André Kleyer], der nun [3][einen | |
Antrag] in die Lübecker Bürgerschaft eingereicht hat, die Erhöhung zu | |
kippen. Denn angesichts von Pandemie und Energiekosten hätten die Familien | |
eh Geldsorgen. | |
Auch die [4][Elternvertretung der Kitas] kritisiert die Pläne und sammelt | |
Unterschriften, um die Erhöhung zu stoppen. „Für uns ist das eine Frage der | |
Prioritätensetzung, nicht des Geldes“, sagt Sprecherin Mascha | |
Benecke-Benbouabdellah. Perspektivisch müsste das Essen sogar kostenfrei | |
sein. Zudem seien die bisher von der Verwaltung vorgelegten Zahlen nicht | |
transparent. Dennoch habe der Bürgermeister angekündigt, die Erhöhung noch | |
in dieser Woche in der Bürgerschaft zu beschließen. Damit würde der | |
Jugendhilfeausschuss übergangen. | |
In der Tat ist in anderen Ländern wie Hamburg das [5][Kita-Mittagessen | |
gratis und auch die tägliche Betreuung bis zu fünf Stunden], weil Kitas als | |
Bildung gelten. [6][In Schleswig-Holstein], wo sich Land und Kommunen die | |
Finanzierung teilen, waren die Kitas je nach Ort teils sehr teuer. Deshalb | |
sollte eigentlich [7][die „Kita-Reform“ von 2020] die Sache für Eltern | |
günstiger machen. Das Land gibt seither mehr Geld ins System und führte den | |
„Beitragsdeckel“ ein, der besagt, dass die Betreuungsstunde nur eine fixe | |
Summe kostet. Bei einem 40-Stunden-Krippen-Platz sind das zum Beispiel 232 | |
Euro. | |
## Nur der Essenspreis ist nicht gedeckelt | |
Außer Acht blieben dabei die Essenskosten – obwohl die | |
Landeselternvertretung der Kitas (LEV) davor warnte, diese könnten von | |
Kommunen zum Ausgleich für den „Deckel“ erhöht werden. Laut einer | |
[8][LEV-Umfrage unter rund 3.200 Kitas] hat knapp die Hälfte die | |
Essenskosten erhöht oder das geplant. | |
In Lübeck geht es um 1,1 Millionen Euro. Die Stadt argumentiert mit | |
Gleichbehandlung. Denn bisher habe man nur die Stadt-Kitas beim Essen | |
bezuschusst, die übrigen Kitas freier Träger mit ihren rund 5.700 Plätzen | |
aber nicht. Dort kostete die Stadt das Essen je nach Träger zwischen 60 und | |
120 Euro im Monat. „Die freien Träger hätten diesen Zuschuss auch gern“, | |
sagt der SPD-Abgeordnete Jörn Puhle. Durch das Kita-Gesetz sei Lübeck | |
verpflichtet, alle gleich zu behandeln. | |
Würde man, wie Grüne und Eltern fordern, die alte Subvention von 54 Euro im | |
Monat allen Kita-Eltern gewähren, führe das laut Stadtsprecherin Nicole | |
Dorel zu Mehrkosten von rund 3,8 Millionen Euro im Jahr. Und da Lübeck | |
verschuldet ist und mit dem Land eine Entschuldungsvereinbarung traf, | |
müsste es dafür bei anderen „freiwilligen Leistungen“ sparen. Da für ein | |
Drittel der Kinder der Bund das Essen über sein „Bildungs-Paket“ bezahlt, | |
kämen Mehrausgaben der Stadt letztlich dem Bundeshaushalt zugute. „Im Worst | |
Case müssten wir bei anderen freiwilligen Leistungen streichen“, sagt Jörn | |
Puhle. Das könnte zum Beispiel ein geplantes Jugendzentrum betreffen. | |
Ob das so ist, dazu gibt es verschiedene Stimmen. Im Februar schrieb der | |
damalige Sozial-Staatssekretär Matthias Badenhop dem Lübecker Verein | |
„Elternstimme“, dass Lübeck nicht wegen seiner Konsolidierungshilfen | |
verpflichtet sei, das Essensgeld zu erhöhen. Ohnehin habe die Stadt nach | |
der Kita-Reform in 2021 9,9 Millionen Euro mehr vom Land bekommen. | |
## Sparzwang an anderer Stelle? | |
Auf diesen Brief geht die Verwaltung [9][in ihrer Vorlage direkt ein]. Es | |
sei eben keine Entscheidung der Stadt, mit welchen Mitteln sie die | |
Kita-Verpflegung bezuschusst. Laut einer Zuschrift des Innenministeriums | |
wären die 3,8 Millionen Euro „in gleicher Höhe“ zu kompensieren. | |
Diese Sichtweise bestätigt das Sozialministerium in Kiel. Kommunen, die | |
Konsolidierungshilfen erhalten, könnten freiwillige Aufgaben, die sie | |
bereits vor der Kita-Reform übernahmen, „im bisherigen Umfang“ fortführen, | |
so eine Sprecherin. Wolle diese aber die Kitas höher als vor der Reform | |
bezuschussen, müsse der Konsolidierungsvertrag berücksichtigt werden. | |
Doch es gibt auch Differenzen in der Frage, ob das Land die Kita-Reform, | |
die übrigens auch höhere Betreuungsschlüssel beinhaltet, ausreichend | |
finanziert, oder die Kommunen überfordert. Die Stadtverwaltung Lübeck | |
listete in einer Vorlage rund 8,5 Millionen Euro Mehraufwand für das Jahr | |
2021 auf, dem nur 7,5 Millionen Euro Mehreinnahmen gegenüber stehen. Das | |
Sozialministerium verweist indes auf die „Überleitungsbilanz“, der zufolge | |
der Anteil der Lübecks an den Kita-Kosten von vormals 37 Prozent im Jahr | |
2019 auf 33 Prozent in 2021 gesunken sei. | |
Was nun in Lübeck beschlossen wird, ist laut Jörn Puhle noch offen. | |
Gleichwohl müssten die Eltern zum Start des neuen Kita-Jahres im August | |
wissen, woran sie sind. Eine Lösung wird in der Regierung diskutiert: Die | |
1,1 Millionen Euro auf alle Familien zu verteilen. Das wären pro Monat und | |
Kind 12,70 Euro. | |
Das Essen für die Stadt-Kita-Kinder würde immer noch auf 94 Euro erhöht. | |
Für Mascha Benecke-Benbouabdellah ist das keine Lösung. „Es wäre nur eine | |
minimale Entlastung bei einigen Trägern und eine massive Erhöhung beim | |
städtischen Träger.“ Die Elternvertretung fordere deshalb einen | |
Kostendeckel bei der Verpflegung für alle Träger, und perspektivisch die | |
Reduzierung auf null. „Wenn benachbarte Städte und Bundesländer das können | |
– warum kann Lübeck dies nicht?“ | |
Die ebenfalls im Lübeker Stadtparlament vertretene Fraktion „[10][Grün | |
alternativ links]“ (GAL) sieht indes auch die neue Landesregierung in der | |
Pflicht. Diese sollte bei der Verpflegung anteilig Kosten übernehmen. Es | |
sei schließllich eine soziale Aufgabe, Kinder mit gesundem Essen zu | |
versorgen, sagt GAL-Geschäftsführerin Katja Mentz. „Und es ist gleichzeitig | |
auch ein Bildungsauftrag“. | |
28 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Urteil-ueber-Bremer-Kitabeitraege/!5783475 | |
[2] https://www.gruene-luebeck.de/newssingle/article/erhoehung-der-verpflegungs… | |
[3] https://www.gruene-luebeck.de/uploads/media/BueSi_30.06._AEA_Entgeltordnung… | |
[4] https://www.kita-eltern-sh.de/kev/luebeck/kev-luebeck-aktuelles | |
[5] /Kostenlose-Kitas/!5037643 | |
[6] /Kieler-Landtag-regelt-Elternbeitraege/!5598198 | |
[7] https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/themen/soziales/kitare… | |
[8] https://www.kita-eltern-sh.de/nl-2021-5/verpflegungskostenerhoehung | |
[9] https://www.luebeck.de/de/rathaus/politik/pil/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1012207 | |
[10] https://twitter.com/gal_luebeck?lang=de | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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