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# taz.de -- Angehörige von Politiker:innen: Gemeinsam hassen
> Von Boris Johnson bis Otto von Bismarck: Staatslenker:innen und ihre
> Schwierigkeiten mit dem eigenen Nachwuchs. Von protegieren bis
> rebellieren.
Bild: Gemeinsam hassen: Otto von Bismarck und seine Frau Johanna
Boris Johnson hat mehrere Kinder (die genaue Zahl ist umstritten), und
eines dieser Kinder war bis vor Kurzem Geschichtsstudent in Cambridge. Im
Gegensatz zu seinem Vater erfreute sich der Junge großer Beliebtheit. Die
Befürchtung, dass er vom [1][konservativen Premierminister] besucht werden
könnte, erfüllte sich nicht. Während des dreijährigen Studiums [2][wurde
Boris Johnson kein einziges Mal in der Stadt gesichtet.]
Küchenpsychologen argumentieren, dass Kinder von Politikern entweder unter
elterlicher Vernachlässigung leiden oder, noch schlimmer, zum Nachfolger
aufgebaut werden. Andrea Hopp hat jetzt in einer grandiosen Studie
(erschienen bei Brill/Schöningh) über die Bismarck-Familie gezeigt, wie
fatal es für Ehefrau, Tochter und Schwiegertochter sein kann, „im Schatten
des Staatsmannes“ zu stehen.
Für seine Generation war Bismarck ein durchaus typischer Vater: Kinder
galten damals als kommodes Eigentum. Man konnte sie durchaus mögen, aber
vor allem nutzte man sie für die eigenen Ambitionen.
## Inspirierende Kraft des Hasses
Bismarcks Tochter Marie und die Söhne Herbert und Wilhelm mussten ihrem
Vater zeitlebens zuarbeiten und seine politischen Überzeugungen
bedingungslos teilen. Otto von Bismarck einte das Deutsche Reich, aber er
glaubte auch an die inspirierende Kraft des Hasses: „Hass ist ein ebenso
großer Sporn zum Leben wie Liebe.“ Im Laufe seines Lebens hasste er
Sozialisten, Katholiken, Franzosen und zahlreiche andere „Reichsfeinde“.
Seine Frau Johanna hasste enthusiastisch mit ihm. Die Kämpfe der Eltern
wurden automatisch die Kämpfe der Kinder. Der älteste Sohn, Herbert
kompensierte den Druck mit Alkohol. Die Tochter Marie flüchtete sich in
Fressattacken und verwahrloste wie Charles Dickens’ gespenstische
Romanfigur Mrs. Havisham. Die großen Erwartungen ihrer Eltern erfüllten
sich nicht.
Anhand von neuen Quellen zeigt die Historikerin Andrea Hopp uns auch, was
aus Bismarcks Schwiegertochter Marguerite wurde. Ausgerechnet die begabte
Marguerite trug den Hass in die nächste Generation. Sie schloss die
Bismarck-Familie an das NS-Regime an. Wie die Hitler-Verehrerin Winifred
Wagner, sah auch Marguerite den Führer als Segen für das deutsche Volk und
als attraktive Aufwertung der Familienmarke.
Für Hitler wiederum waren die Gralshüterinnen des Wagner- und
Bismarck-Mythos [3][ein prestigeträchtiger Fang.] Er versorgte ihre Söhne
mit sicheren Posten. Nur zwei Töchter der Gralshüterinnen machten Ärger.
Sie lehnten den Nationalsozialismus ab. Was uns wiederum zeigt, wie wichtig
es ist, aufsässige Kinder zu haben.
Auch Boris Johnsons Sohn scheint auf seine Art zu rebellieren: Er hat
während seines Studiums ein Theaterstück über den Brexit geschrieben. Es
soll eine Komödie sein.
6 Jul 2022
## LINKS
[1] /Grossbritannien-nach-dem-Brexit/!5660395
[2] /Die-Grenzen-des-britischen-Stoizismus/!5859021
[3] /Hohenzollern-und-Nationalsozialismus/!5744017
## AUTOREN
Karina Urbach
## TAGS
Boris Johnson
Bismarck
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Kolumne Blast from the Past
Antisemitismus
Schwerpunkt Brexit
Deutsche Geschichte
Schwerpunkt Brexit
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