# taz.de -- Kritik an Bahnplanung im Kämmerlein: Hamburg bleibt bei „Monster… | |
> Bahn und Politik wollen sich nicht mit einem Alternativentwurf für die | |
> massive Brücke im Schanzenviertel befassen. Die Diskussion sei durch, | |
> heißt es. | |
Bild: Wirkt in der Visualisierung leicht und luftig: der Alternativentwurf von … | |
Der Hamburger Senat und die Deutsche Bahn wollen nicht noch einmal neu über | |
die geplante wuchtige Eisenbahnbrücke im Schanzenviertel nachdenken. Anlass | |
dazu hätte ein kürzlich vorgestellter Entwurf bieten können, der eine | |
[1][filigrane Alternative vorschlägt]. Die Bahn teilte mit, die | |
Variantendiskussion sei schon vor zwei Jahren geführt worden und „final | |
abgeschlossen“. Oberbaudirektor Franz-Josef Höing, der in Hamburg für die | |
Stadtgestalt zuständig ist, will von dem Vorschlag aus der Zeitung erfahren | |
haben und nichts Näheres dazu wissen. Der Fokus der Baubehörde liege „in | |
der Weiterentwicklung der Gestaltung der Vorzugsvariante“. | |
Eben diese Vorzugsvariante, eine Stabbogenbrücke mit nach innen geneigten | |
Bögen und einer hohen Lärmschutzwand, hat für einen medialen Aufschrei | |
gesorgt, als ihre Visualisierung publiziert wurde. Der nicht unelegante, | |
aber massiv wirkende Bau fing sich den Namen „Monsterbrücke“ ein. Es | |
gründete sich eine [2][Bürgerinitiative gegen den Entwurf]. Die Bahn setzte | |
nachträglich ein [3][Beteiligungsverfahren] auf, bei dem es allerdings laut | |
Bahn nur noch darum geht, „den bestehenden Entwurf kreativ zu gestalten“. | |
[4][Kritik am Abriss der 100 Jahre alten, denkmalgeschützten, weit weniger | |
massiven Bestandsbrücke] übten auch der Denkmalverein und der Bund | |
Deutscher Architekten (BDA). Ebenso wie die Kammern der Architekten und | |
Ingenieure kritisierte der BDA, dass die Bahn und verschiedene | |
Senatsbehörden es unter sich ausmachten, wie die Brücke aussehen soll. | |
## Öffentlichkeit zu spät einbezogen | |
Die Öffentlichkeit habe von den konkreten Planungen erst unmittelbar vor | |
Beginn des Planfeststellungsverfahrens erfahren, kritisierte die | |
Ingenieurkammer Bau. „Eine solche Intransparenz ist angesichts der | |
Tragweite der Entscheidungen und der Bedeutung des Projekts nicht | |
akzeptabel.“ Insbesondere kritisiert die Kammer, dass die Vorzugsvariante | |
nicht in einem Ingenieurwettbewerb gefunden wurde. | |
Die Baubehörde – offiziell Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen – | |
rechtfertigt das mit der [5][Komplexität des Projekts.] Die Brücke führt | |
mit je zwei Fernbahn- und S-Bahn-Gleisen über die Kreuzung zweier | |
Hauptstraßen mit direkt angrenzender Wohnbebauung. 900 Züge rollen täglich | |
über die Brücke und mit dem Deutschland-Takt der Bahn sollen es noch mehr | |
werden. | |
Die Möglichkeiten der technischen Ausgestaltung seien durch die hierdurch | |
festgelegten technischen und betrieblichen Parameter begrenzt. „Daher war | |
auch bei der Untersuchung der Varianten nur ein sehr enger gestalterischer | |
Spielraum gegeben“, teilt die Behörde mit. | |
## Brücke soll ohne Stützen auskommen | |
Ein wesentliches Kriterium für die Planung ist, dass die Brücke ohne | |
Stützen auf der Fahrbahn auskommen soll. Die aktuelle Brücke steht auf | |
Stützen. Neben dem zunächst beauftragten Ingenieurbüro Vössing brachte die | |
Baubehörde das Büro Schlaich, Bergermann und Partner ins Spiel, um | |
Varianten zu der Stabbogenbrücke erörtern zu können. Dieses Büro entwarf | |
eine Brücke ohne Bögen, aber dafür mit drei massiven, 1,70 bis 1,90 Meter | |
breiten Stützen am Rand der Fahrbahn. | |
Diese Stützen schüfen uneinsehbare Räume und beeinträchtigten das | |
Sicherheitsgefühl der Passanten, stellte der Senat in seiner abschließenden | |
Bewertung für die Bürgerschaft fest. Als „anprallgefährdete Hindernisse“ | |
gewährleisteten sie nicht das größte Maß an Verkehrssicherheit. Die | |
Stützenlösung füge sich zwar besser in das Stadtbild ein, sie koste aber | |
mindestens 35 Millionen Euro mehr und dauere länger. Ihr Bau sei riskant | |
für die Widerlager der Brücke und werde den Straßenverkehr im Hamburger | |
Westen monatelang massiv stören. | |
Auch der im Mai vom Architekten Karsten Brauer veröffentlichte Gegenentwurf | |
sieht drei Stützen vor. Diese wären aber noch weiter von der Fahrbahn | |
entfernt als im Entwurf von Schlaich, Bergermann und Partner und träfen | |
sich als Bögen über der Mitte der Brücke. An diesem „Bock“ würden die | |
Brückenelemente mit vier Stäben aufgehängt. Auch die Bögen hätten | |
anderthalb Meter breite Sockel. Ihr Bau dürfte ähnliche Schwierigkeiten | |
aufwerfen wie bei der geprüften Drei-Stützen-Variante. | |
Brauer geht in seinem skizzenhaften Entwurf darauf nicht ein. Er | |
prognostiziert aber, dass bei seiner Lösung das Tragwerk billiger, die | |
Montage einfacher und die Bauzeit kürzer wären. Statisch zumindest sei der | |
Vorschlag vom Büro WP-Ingenieure „in seinen Hauptelementen überprüft und in | |
seiner Machbarkeit bestätigt“ worden. | |
30 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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