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# taz.de -- Rechte von ArbeitnehmerInnen: Auf, auf zum Kampf
> Arbeitnehmerrechte werden weltweit abgebaut, warnt der Internationale
> Gewerkschaftsbund. Wer sich engagiert, lebt oft gefährlich: Morde nehmen
> zu.
Bild: Unter Druck: Tunesischer Gewerkschaftsführer Taboubi beim Generalstreik …
Berlin taz | Selbst die krassesten Fälle schaffen es – wenn überhaupt – o…
nur kurz in die Schlagzeilen: Im November wurde der kolumbianische Erzieher
Clemito Rengifo Salazar vor seinen Schüler:innen aus dem Unterricht
verschleppt. Seine Leiche fand man noch am gleichen Nachmittag. Im Januar
wurde der ecuadorianische Transportarbeiter Sandro Arteaga Quiroz mit
seinem Laster auf einer Landstraße angehalten und mit acht Schüssen in den
Kopf getötet. Beide Männer hatten zuvor [1][Morddrohungen erhalten, weil
sie als Gewerkschafter aufgefallen waren.]
Es sind keine Einzelfälle. Allein in diesem Jahr starben in mindestens 13
Ländern Gewerkschafter:innen im Zusammenhang mit ihrem Engagement. Das
zeigt der am Dienstag veröffentlichte [2][„Globale Rechtsindex 2022“] des
Internationalen Gewerkschaftsbundes IGB. Mit dem Index dokumentiert der IGB
jedes Jahr, wo und wie Regierungen und Unternehmen international anerkannte
Arbeitnehmer:innenrechte verletzen. Dafür greift er auf Berichte und
Untersuchungen aus 148 Ländern zurück.
Demnach wurden von April 2021 bis März 2022 in Ecuador, Kolumbien,
Guatemala, dem Irak, auf den Philippinen und in Südafrika gezielt führende
Gewerkschafter:innen getötet. Allein in Kolumbien gab es zusätzlich
mindestens 6 Mordversuche und 99 Morddrohungen.
Von zunehmender Gewalt in der Arbeitswelt betroffen sind aber nicht nur
Gewerkschafter:innen, sondern auch einfache Beschäftigte. Der Index listet
50 Länder auf, in denen Menschen an ihrem Arbeitsplatz körperlicher Gewalt
ausgesetzt waren, das sind 5 Länder mehr als 2021. Daneben dokumentiert der
IGB auch Fälle von willkürlichen Verhaftungen und zeigt, wo Rede- und
Versammlungsrechte beschnitten werden, der Zugang zur Justiz beschränkt und
das Streikrecht kriminalisiert ist.
## So schlecht wie zuletzt 2013
Die Bedingungen für Arbeitende und Gewerkschaften verschlechterten sich
seit Jahren, sagte IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow. In einigen
Bereichen sei die Situation trotz aller internationalen Bemühungen so
schlecht wie zuletzt 2013. Aktuell hätten 113 Länder Beschäftigte vom Recht
ausgeschlossen, Gewerkschaften zu gründen oder sich ihnen anzuschließen.
Zu den gefährlichsten Ländern für Gewerkschafter:innen und
Beschäftigte gehören dem Index zufolge unter anderem weiterhin Kolumbien,
wo die meisten Todesfälle gemeldet werden, sowie [3][Belarus und die
Philippinen, in denen der Aufruf, brutal gegen unabhängige Gewerkschaften
vorzugehen, direkt von den Präsidenten Alexander Lukaschenko und Rodrigo
Duterte stammte].
## Es geht auch gegen die Demokratie
Neu dabei ist neben Guatemala Eswatini. Das frühere Swasiland sei „in eine
Spirale von Unterdrückung und Gewalt“ geraten, als die Regierung im letzten
Jahr prodemokratische Proteste niederschlug, heißt es im Index. Dabei seien
72 Teilnehmer:innen getötet worden. In der Folge habe Lobamba das Rede-
und Versammlungsrecht eingeschränkt.
Als „schlimmste Region“ bezeichnet der Index den Nahen Osten und
Nordafrika. Dort hätten „100 Prozent der Länder“ die Zulassung von
Gewerkschaften behindert, Beschäftigte vom Beitritt zu Gewerkschaften
ausgeschlossen und das Recht auf Tarifverhandlungen verletzt. In Tunesien
wurden Versammlungen, dieden zehnten Jahrestag des sogenannten Arabischen
Frühlings feierten, mit Gewalt aufgelöst, ohne Genehmigung des
Regierungschefs dürfen keine Tarifverhandlungen mehr geführt werden.
Warum die Gewerkschaften so stark unter Beschuss sind, ist für Burrow klar:
„Wir wissen, dass arbeitende Menschen an vorderster Front zahlreicher
außerordentlicher Krisen stehen“, sagte sie zur Vorstellung des Index. Dazu
gehörten „die Ungleichheit, die historische Dimensionen erreicht hat,
Klimanotstand, eine Pandemie, die Leben und Lebensgrundlagen zerstört, und
Konflikte mit verheerenden Auswirkungen auf nationaler und internationaler
Ebene.“ Die Daten zeigten aber auch, dass diese Instabilität von
Regierungen und Arbeitgebern ausgenutzt werde.
29 Jun 2022
## LINKS
[1] /Aufschwung-der-Gewerkschaften/!5853811
[2] https://www.ituc-csi.org/2022-global-rights-index-en?lang=en
[3] /Unabhaengige-Gewerkschaften-in-Belarus/!5850262
## AUTOREN
Beate Willms
## TAGS
Arbeitnehmerrechte
Kolumbien
Gewerkschaft
Inflation
Kleidung
Lesestück Recherche und Reportage
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