# taz.de -- Offene Haftbefehle gegen Neonazis: 568 Rechtsextreme gesucht | |
> Die Zahl offener Haftbefehle gegen Neonazis bleibt hoch. Laut | |
> Innenministerium ermitteln Behörden „mit Nachdruck“, die Linkspartei | |
> sieht das anders. | |
Bild: Dieser Rechtsextreme versteckt sich nicht, sondern posiert auf einer Szen… | |
BERLIN taz | Die Zahl der mit Haftbefehl gesuchten Rechtsextremisten bleibt | |
hoch: Die Polizei fahndete zuletzt nach 568 Neonazis, wie aus einer Antwort | |
des Bundesinnenministeriums auf eine Linken-Anfrage hervorgeht, die der taz | |
vorliegt. Die Zahl stammt vom Stichtag 31. März und sank nur leicht im | |
Vergleich zu vorherigen Stichtagen. Zwar konnte die Polizei einige | |
Haftbefehle vollstrecken – Dutzende neue kamen aber hinzu. | |
Ein halbes Jahr zuvor lag die [1][Zahl der gesuchten Rechtsextremen noch | |
bei 596], vor einem Jahr bei 602. Vor zehn Jahren indes gab es nur 266 | |
offene Haftbefehle. Die Fälle sind brisant, weil sie an das Kerntrio des | |
„[2][Nationalsozialistischen Untergrunds]“ erinnern, das 1998 abtauchte und | |
zehn Menschen erschoss. | |
Das Innenministerium aber betont, dass die Polizeien zwischen September | |
2021 und März 2022 insgesamt 398 Haftbefehle vollstreckten oder diese sich | |
anderweitig erledigt hätten, etwa durch Zahlungen von Geldstrafen. Dies | |
zeige, dass die Polizei die Fahndungen „mit Nachdruck und erfolgreich | |
durchführt“. Durch das „fortlaufende Kriminalitätsgeschehen“ seien | |
allerdings neue Haftbefehle hinzu gekommen. 171 waren es allein in diesem | |
Jahr. | |
Etliche der 568 Neonazis wurden wegen mehrerer Delikte gesucht, weshalb | |
insgesamt 752 Haftbefehle offen waren. 28 davon wurden wegen [3][politisch | |
motivierter Gewaltdelikte] verhängt. 121 erfolgten wegen anderer rechter | |
Delikte wie Volksverhetzungen. Die restlichen Haftbefehle wurden wegen | |
Allgemeinkriminalität wie Diebstahl und Betrug verhängt. | |
## Mehr als 100 Haftbefehle schon seit Jahren offen | |
Einer der Gesuchten ist bereits seit 2013 verschwunden. 105 haben seit | |
mindestens drei Jahren offene Haftbefehle. Von 79 Rechtsextremen gibt es | |
Hinweise, dass sie sich im Ausland aufhalten. So sollen etwa 12 in Polen | |
sein, je 8 in Österreich oder Rumänien, sieben in der Schweiz und je einer | |
gar in der Ukraine, in Paraguay oder Somalia. Das Innenministerium geht | |
davon aus, dass viele der Rechtsextremen nicht bewusst abtauchten, sondern | |
sich nach Umzügen schlicht nicht ummeldeten. | |
Heikel aber ist, dass laut Ministeriumsangaben 76 der Gesuchten in der | |
Vergangenheit ihren Wehrdienst bei der Bundeswehr leisteten – also im | |
Umgang mit Waffen geübt sind. Zuletzt soll niemand mehr bei der Armee | |
gewesen sein. Einer der Verschwundenen ist zudem als Gefährder eingestuft, | |
dem die Polizei schwere Straftaten bis zu Anschlägen zutraut. | |
## Linke fordert „deutlich intensiveres Vorgehen“ | |
Die Linken-Innenexpertin Martina Renner, die die Anfrage stellte, | |
kritisierte: „Die Anzahl der offenen Haftbefehle ist nach wie vor zu hoch.“ | |
Und die Zahl der gesuchten ehemaligen Wehrdienstleistenden bestätige „die | |
Eindrücke der letzten Jahre, dass die Bundeswehr ein großes | |
Rechtsextremismusproblem hat“. Renner fordert „ein deutlich intensiveres | |
Vorgehen“ gegen die gesuchten Neonazis, auch und gerade wenn diese sich im | |
Ausland aufhalten. | |
Das Innenministerium dagegen beteuert, dass „in allen Fällen polizeiliche | |
Fahndungsmaßnahmen initiiert“ wurden. Die Rechtsextremisten seien in | |
nationalen, teils auch internationalen Fahndungssystemen gespeichert. Und | |
diejenigen, die wegen Gewaltdelikten gesucht wurden, seien im Gemeinsamen | |
Extremismus- und Terrorismuszentrum (GETZ) besprochen worden. Dies habe | |
„positive Auswirkungen auf die Fahndungsmaßnahmen“ gehabt. | |
26 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Rechtsextreme-mit-offenen-Haftbefehlen/!5830846 | |
[2] /10-Jahre-nach-dem-Auffliegen-des-NSU/!5808645 | |
[3] /So-viel-politische-Kriminalitaet-wie-nie/!5850773 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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