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# taz.de -- SPD-Finanzexperte über den Tankrabatt: „Wir reden von Milliarden…
> Der SPD-Finanzpolitiker Carlos Kasper wirbt für die Übergewinnsteuer und
> kritisiert Christian Lindner: Die FDP verbaue sich den Weg zu
> Kompromissen.
Bild: Wirtschafte die Konzerne den Tankrabatt in die eigene Tasche?
taz: Herr Kasper, funktioniert [1][der Tankrabatt]?
Carlos Kasper: Nein, der Benzinpreis ist hoch, obwohl der Rohölpreis
derzeit im Vergleich zu den Vormonaten relativ niedrig ist. Das erweckt
stark den Eindruck, dass die Konzerne den Tankrabatt in die eigene Tasche
wirtschaften. Es gibt Vermutungen, dass mindestens die Hälfte nicht an die
Konsumenten weiter gegeben wird.
Was tun?
Die SPD plädiert für eine Übergewinnsteuer. Denn das macht es für
Unternehmen weniger reizvoll, Extraprofite oder, wie wir es jetzt bei den
Mineralölkonzernen erleben, Steuersenkungen zu kassieren.
Wie viel [2][würde die Übergewinnsteuer] dem Staat bringen?
Schwer zu sagen. Zurzeit diskutieren wir erst einmal, ob wir die
Übergewinnsteuer einführen. Danach können wir entscheiden, ob wir
unverschämte Übergewinne bis zu 95 Prozent besteuern wollen.
Wäre die Steuer mehr als ein Symbol? Reden wir von Millionen oder
Milliarden?
Eher von Milliarden. Fakt ist: Wir haben bei Lebensmitteln
Preissteigerungen von über 11 Prozent. Das trifft vor allem kleine und
mittlere Einkommen. Um die zu entlasten, muss sich der Staat neue
Einnahmequellen erschließen. Das kann die Übergewinnsteuer sein. Damit kann
man, je nachdem wie wir sie gestalten, einen Teil des nächsten
Entlastungspakets finanzieren.
Das hört ihr Koalitionspartner Christian Lindner nicht gern. [3][Die FDP
ist massiv gegen diese neue Steuer].Die FDP hat sich derzeit mit ihren
harten Ansagen den Weg zu Kompromissen leider verbaut. Aber die FDP wird
sagen müssen, wie Entlastungen der BürgerInnen bezahlt werden sollen.
Soll die Übergewinnsteuer nur für Mineralölkonzerne gelten?
Nein, das wäre verfassungsrechtlich schwierig. Wir sehen allgemein in der
Energiebranche extreme Preissteigerungen.
Skeptiker fürchten, dass es schwierig wird, kriegsbedingte Extraprofite
trennscharf von Profiten, die andere Gründe haben, zu unterscheiden.
Das überzeugt mich nicht. Andere Länder haben bereits Übergewinnsteuern
eingeführt. Das ist ein Hinweis, dass dieses Instrument funktioniert. Zudem
reden wir von extremen Gewinnsteigerungen. Wenn neue Produkte dafür der
Grund sind, kann man das berücksichtigen.
Kommt die Übergewinnsteuer?
Das ist offen.
Brennt die SPD für diese Steuer?Ich denke ja. Staatlich finanzierte
Rabatte, die nicht bei den BürgerInnen ankommen, verletzten das
Gerechtigkeitsempfinden, das in der SPD stark ausgeprägt ist.
Kanzler Scholz und die SPD-MinisterInnen halten sich in der Debatte bislang
aber vornehm zurück.
Das kann noch kommen. Die Gesetze macht der Bundestag. Und die SPD-Fraktion
ist geschlossen für diese Steuer. Ich bin allerdings von Robert Habeck
enttäuscht. Er ist bei diesem Thema abgetaucht, gibt kaum Signale, obwohl
das Wirtschaftsministerium für das Kartellamt verantwortlich ist. Da müsste
er als Minister Druck machen.
Versagt das Kartellamt?
Versagen ist ein hartes Wort. Aber ich wünsche mir mehr Mut beim Kartellamt
und mehr Rückendeckung von Habeck.
Muss man radikaler gegen die Marktmacht der fünf Mineralölkonzerne
vorgehen?
Wir haben es mit Oligopolen zu tun. Interessanterweise kommt ja von Michael
Theurer, dem FDP-Staatssekretär im Verkehrsministerium, das Signal, dass
man die Konzerne auch zerschlagen könnte. Für solche Ideen sind wir offen.
Ist das nicht der durchsichtige Versuch der FDP, etwas in die Debatte zu
werfen, was ohnehin nicht realistisch ist, um das Realistische – die
Übergewinnsteuer – zu verdrängen?
Vielleicht. Wichtig ist, dass wir uns schnell einigen und schnell handeln.
Die FDP wollte den Tankrabatt. Wir hätte die Milliarden lieber für anderes
verwendet. Das Gesetz kommt aus Lindners Ministerium. Die Koalition hat
sich darauf geeinigt, dass der Tankrabatt weitergegeben werden muss.
Christian Lindner muss sich jetzt bewegen. Wenn die Spritpreise nicht
sinken, muss man den Tankrabatt eben wieder zurücknehmen. Das kann der
Bundestag vor der Sommerpause beschließen.
10 Jun 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Steuerzahler
FDP
Christian Lindner
Ampel-Koalition
Steuern
Verteilungsgerechtigkeit
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