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# taz.de -- Ende des Lockdowns in Shanghai: Öffnung nach Albtraum
> Chinas Metropole Shanghai kehrt in Minischritten in die Normalität
> zurück. Doch der brutale zweimonatige Lockdown wird noch lange
> nachwirken.
Bild: Fahrradfahrer:innen sind auch schon ein paar unterwegs: Kulisse in Shangh…
Seoul taz | Allmählich kehren die Menschen wieder zurück: Auf den Straßen
Shanghais bieten Hobby-Friseure ihre Dienste unter freiem Himmel an,
Influencerinnen laufen mit ihren Selfie-Kameras durch die Gassen der
französischen Konzession und auf den Trottoirs stoßen junge Expats wieder
mit Bierdosen an.
Nach zwei Monaten [1][brutalem Horror-Lockdown] kehrt in Chinas größter
Metropole wieder so etwas wie Normalität zurück. Für den 1. Juni haben die
Behörden schließlich eine Lockerung der rigiden Maßnahmen versprochen, und
zumindest schrittweise halten sie ihr Versprechen: Die Busse und U-Bahnen
fahren ab Mittwoch wieder, auch einige Supermärkte öffnen ihre Pforten.
Doch um diese zu betreten, müssen sich die Bewohner auch weiterhin mehrmals
die Woche zum PCR-Test anstellen: Ohne negatives Ergebnis innerhalb von 72
Stunden ist man vom öffentlichen Leben vollkommen ausgeschlossen.
Mit einem Alltag, wie er vor der Pandemie gang und gebe war, hat Shanghais
neue Normalität also reichlich wenig zu tun. Im Vergleich zu den
vergangenen Wochen mutet sie jedoch geradezu paradiesisch ab: Ab dem 1
April an wurden die meisten der 26 Millionen Bewohner [2][in ihre Wohnungen
eingeschlossen] und sämtliche Infizierte in Massenunterkünften mit
Pritschenbetten verschleppt. Wer auf dem Höhepunkt der Ausgangssperren
keine Vorratskammer angehäuft hatte, musste den Gürtel enger schnallen:
Über Wochen waren ganze Bezirke von den spärlichen Essensrationen der
Regierung abhängig.
Vergessen sind ebenfalls nicht die horrenden Schicksale, die sich
ausgerechnet in Chinas wohlhabendster Stadt ereigneten: Diabetes-Patienten,
die auf offener Straße krepierten, da sie von den Krankenhäusern wegen
fehlender PCR-Tests verwehrt wurden. [3][Hunde, die aus Angst] vor einer
Übertragung des Virus von Seuchenschutzarbeitern gekeult wurden. Oder die
unzähligen Kleinkinder, die sich mit dem Virus infizierten – und unter
Zwang von ihren Eltern getrennt in Corona-Stationen verfrachtet wurden.
## Historischer Wirtschaftseinbruch
In der kollektiven Psyche hat jene Zeit tiefe Narben hinterlassen. Doch
nach außen soll daran nichts mehr erinnern: Die Stadtregierung hat nun
Landschaftsgärtner angeheuert, um die Blumenbeete in den Prachtalleen neu
anzupflanzen und das Unkraut entlang der Verkehrsstraßen zu beseitigen. Die
Nachbarschaftskomitees bauen die Gitterzäune vor den Wohnsiedlungen ab und
Restaurantbesitzer putzen ihre Fensterfassaden blank.
Bis Ende Juni soll es schrittweise mit den Öffnungen weitergehen – und laut
Plan sämtliche Maßnahmen fallen. Doch ob es wirklich dazu kommt, ist mehr
als fraglich: Denn auch wenn die Gesundheitsbehörden in der letzten Woche
außerhalb der Quarantäne-Gebiete nur mehr eine Handvoll Infektionen in
Shanghai registriert haben, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich das
Virus wieder ausbreiten wird. Covid wird nicht verschwinden, doch die
Staatsführung an ihrer dogmatischen „Null Covid“-Strategie weiterhin
festhalten.
Dabei hat diese in den letzten Monaten für [4][einen historischen
Wirtschaftseinbruch] gesorgt, der ähnlich drastisch ausfiel wie während der
ersten Welle 2020: Von Industrieproduktion über Binnenkonsum deuten alle
Indikatoren auf eine temporäre Rezession hin. Doch während vor zwei Jahren
die ökonomische Erholung rasch erfolgte, ist der Aufwärtstrend seit diesem
Mai jedoch nur sehr zögerlich. China, der einstige Pandemie-Gewinner, ist
unlängst zum Corona-Sorgenkind mutiert.
31 May 2022
## LINKS
[1] /Schanghaier-Journalistin-begeht-Suizid/!5854528
[2] /Chinas-reichste-Stadt-im-Lockdown/!5845040
[3] https://edition.cnn.com/2022/04/08/china/shanghai-corgi-death-china-covid-i…
[4] /Chinas-Coronastrategie/!5846574
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
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