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# taz.de -- CDU entdeckt das Radfahren: „Stadträder weiterentwickeln“
> Die Nutzungszahlen der Hamburger Stadträder sind rückläufig. Nun fordert
> die CDU neue Räder, Kindersitze und ein Ende der stationsgebundenen
> Ausleihe.
Bild: Nicht mehr so gefragt wie früher: das Hamburger Stadtrad
Hamburg taz | In Spitzenzeiten machte es alle fünf Sekunden irgendwo in
Hamburg „klack“. Das ist der Klang, den die Rahmenschlösser der feuerroten
Hamburger Stadträder beim Öffnen von sich geben. Doch schon seit 2016
verzeichnet der von der Deutschen Bahn betriebene Leihdienst rückläufige
Nutzungszahlen. Die Hamburger CDU fordert deshalb nun, dass das Angebot
deutlich attraktiver gemacht wird.
Mit 67 Stationen startete das Stadtrad 2009 in Hamburg. Schrittweise ist
das System um neue Ausleihpunkte auf über 270 im ganzen Stadtgebiet
erweitert worden. Bis 2023 wollen Verkehrsbehörde und Betreiberfirma 100
weitere Stationen errichten, die meisten davon außerhalb der Innenstadt.
Doch dass die Nutzung der Stadträder nach einem Höhepunkt mit über drei
Millionen Fahrten im Jahr 2016 nicht mehr gewachsen ist, die Zahl der
Entleihungen 2020 in einigen Monaten fast um die Hälfte zurückging,
bereitet den Verantwortlichen kein Kopfzerbrechen. „Wie alle
Mobilitätszahlen ist während Corona auch die Nutzung der Stadträder
zurückgegangen“, erklärt Dennis Heinert, Sprecher der Hamburger
Verkehrsbehörde. Homeoffice, Lockdowns und ausbleibende Tourist:innen
führten zu einem Rückgang der Nutzung, der sich analog auch beim ÖPNV
beobachten ließ.
Die oppositionelle CDU in der Bürgerschaft wünscht sich aufgrund der
geringeren Auslastung eine Erweiterung der kostenlosen Leihdauer von 30 auf
90 Minuten pro Fahrt, ein entsprechender Antrag wurde jedoch zuletzt von
der rot-grünen Koalition abgelehnt. Richard Seelmaecker, Fachsprecher für
Verkehr der CDU-Fraktion, ist es wichtig zu betonen, dass das Stadtrad im
Prinzip ein sinnvolles Konzept sei. „Das System ist gut, es braucht nur
Weiterentwicklung. Wir wünschen uns zum Beispiel Kindersitze,
Jugendfahrräder und generell neue, leichtere Räder“, meint Seelmaecker im
Gespräch mit der taz.
## Ausweitung der kostenlosen Leihdauer
Drei Jahre ist das aktuelle Stadtrad-Modell jetzt alt, der erste
Flottenaustausch war 2019 nach einer Dekade Betrieb erfolgt. „Das war dann
aber auch [1][überfällig]“, meint Dirk Lau vom [2][Allgemeinen Deutschen
Fahrrad-Club] (ADFC) in Hamburg. Der Zustand der Räder verschlechterte sich
damals, was sich auch auf die Nutzungszahlen auswirkte. Bei dem neuen
Modell sei das besser, manchmal seien Stadträder aber auch „an der Grenze
zur Verkehrstüchtigkeit“ entleihbar, erzählt Lau, der selbst regelmäßiger
Nutzer ist. Eine verlässlichere Wartung der 3.300 Räder und 20
Lastenpedelecs würde er sehr begrüßen.
Besser gewartete Konkurrenz hat das Stadtrad in den letzten Jahren gleich
mehrfach bekommen. [3][Carsharing], E-Scooter, elektrische Roller, all
diese Mobilitätsoptionen stehen in großen Bereichen der Stadt zur
Verfügung, häufig auch ohne Bindung an Stationen. Diese Mobilitätsangebote
sieht die Verkehrsbehörde aber nicht als echte Konkurrenz. „Unsere Analysen
haben gezeigt, dass sich die Zielgruppen von Carsharing oder E-Scootern und
dem Stadtrad nur in kleinen Teilen überschneiden“, so Heinert von der
Verkehrsbehörde.
„Es ist eine tolle Sache, dass nun auch weiter außerhalb der Innenstadt ein
dichteres Netz an Stationen entsteht“, begrüßt der ADFC die Erweiterung des
Stadtrad-Netzes um mehr als 100 neue Abstellpunkte. Richard Seelmaecker von
der CDU hält das stationsgebundene Konzept der Stadträder hingegen für
einen Schwachpunkt des Systems, mit einem „Free-Floating-Modell“ und einer
Erhöhung der städtischen Subventionen würde er das Stadtrad gerne flexibler
und günstiger gestalten.
## Keine festen Stationen mehr
Keine festen Stationen mehr, das sehen ADFC und Verkehrsbehörde kritisch.
Die zum Teil [4][negativen Erfahrungen mit E-Scootern], die überall
abgestellt werden können, würden gegen das Modell sprechen.
Dass eine Eingliederung von E-Bikes in die Flotte der Stadträder die Stadt
bereichern könnte, da sind sich ADFC und CDU einig. In Kopenhagen ist ein
vergleichbares Leihsystem bereits komplett auf elektrische Fahrräder
umgestellt. Das macht die Räder nicht nur inklusiver, sondern auch
attraktiver für längere Strecken. Die Verkehrsbehörde und die Deutsche Bahn
sehen jedoch momentan keinen Bedarf für eine Elektrifizierung.
Mit dem Saisonauftakt sei man zufrieden, „derzeit verzeichnen wir rund
7.000 Fahrten am Tag. Auch das Wetter spielt eine entscheidende Rolle für
die Stadtrad-Nutzer:innen“, meint eine Bahnsprecherin auf taz-Anfrage. Die
Flotte soll zudem noch in diesem Jahr auf knapp 4.000 Leihräder und 50
Lastenpedelecs wachsen. Wenn das Angebot erweitert wird, so die Hoffnung
der Betreiber:innen, erhöht sich die Nachfrage automatisch mit. Die Zahlen
der vergangenen Jahre lassen aber Zweifel daran.
2 Jun 2022
## LINKS
[1] /Probleme-bei-Leihsystem-Stadtrad/!5441650
[2] /ADFC/!t5019573
[3] /Carsharing-Angebot-Switch/!5707876
[4] /Debatte-um-Elektro-Tretroller/!5754824
## AUTOREN
Niklas Berger
## TAGS
Hamburg
Verkehrswende
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