# taz.de -- Neuer Richter in Karlsruhe: FDP will Heinrich Amadeus Wolff | |
> Am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe muss ein Richterposten neu | |
> besetzt werden. Das Vorschlagsrecht hat die FDP. | |
Bild: Das Vorschlagsrecht liegt bei der FDP | |
Karlsruhe taz | Der Bayreuther Rechtsprofessor Heinrich Amadeus Wolff soll | |
Richter am Bundesverfassungsgericht werden. Das schlägt die FDP vor, die | |
das Nominierungsrecht für diesen Posten hat. Wolff hätte aber auch ein | |
CDU/CSU-Vorschlag sein können. Wolff wird am Ersten Senat auf Andreas | |
Paulus folgen, dessen Amtszeit nach 12 Jahren bereits Mitte März abgelaufen | |
ist. Auch Paulus war einst auf Vorschlag der FDP gewählt worden. | |
Um eine pluralistische Besetzung des Bundesverfassungsgerichts | |
sicherzustellen, müssen die Richter:innen jeweils mit | |
Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt werden. Da immer nur einzelne Richterposten | |
neu vergeben werden, ist aufgrund informeller Absprachen vorab klar, welche | |
Partei für einen Posten das Vorschlagsrecht hat. Die Hälfte der 16 | |
Richter:innen wird im Bundestag gewählt, die andere Hälfte im Bundesrat. | |
Nach der Wahl sind die Richter:innen natürlich völligunabhängig. | |
Heinrich Amadeus Wolff ist ausgesprochener Experte für das Recht der | |
Inneren Sicherheit. Als die [1][Anti-Terror-Gesetze 2013] durch eine | |
sechsköpfige Regierungskommission bewertet wurden, war Wolff mit dabei – | |
auf Vorschlag des konservativen damaligen Innenministers Hans-Peter | |
Friedrich (CSU). In den Abstimmungen der Kommission schlug er sich dann | |
aber immer wieder auf die liberale Seite des Kommissionsvorsitzenden | |
Burkhard Hirsch (FDP) und plädierte zum Beispiel dafür, die Strafbarkeit | |
des Besuchs terroristischer Ausbildungslager zu überprüfen. Dieses Delikt | |
komme der Kriminalisierung bloßer Gesinnungen nahe. | |
Eine gewisse Unberechenbarkeit ist typisch für Wolff. Weil er aber als sehr | |
kompetent gilt, arbeiten Konservative und Liberale, Geheimdienste und | |
Bürgerrechtler:innen gleichermaßen gern mit ihm zusammen. So | |
rechtfertigte Wolff 2014 die [2][Massenüberwachung des | |
Bundesnachrichtendiensts] vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Und | |
zwei Jahre später schrieb er die Verfassungsbeschwerde für 20 | |
FDP-Politiker:innen gegen die neue Vorratsdatenspeicherung. | |
## Wolff steht auch für das Scheitern des Mietendeckels | |
Da passt es gut, dass Wolff am Ersten Senat desBundesverfassungsgerichts | |
landet, der auch für Polizei und Geheimdienste zuständig ist. Erst vor | |
wenigen Wochen hat der Senat zahlreiche Nachbesserungen zum bayerischen | |
Verfassungsschutzgesetz beschlossen. Von Wolff ist allerdings bekannt, dass | |
er von kleinlicher Minimalkritik, die vor allem die Gesetze verlängert und | |
unverständlich macht, wenig hält. Er will dem Gesetzgeber wieder mehr | |
Gestaltungsspielraum geben. | |
In Berlin ist Wolffs Namen mit dem [3][Scheitern des Mietendeckels] | |
verbunden. Mit einem Kollegen vertrat er die 284 Bundestagsabgeordneten von | |
CDU/CSU und FDP, die gegen das Berliner Gesetz eine Normenkontrolle | |
beantragten. Mit Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht stellte im April 2021 | |
fest, dass das Land Berlin keine Kompetenz für ein Mieterschutzgesetz hat, | |
das über das bundesrechtliche Mietrecht hinausgeht. | |
Wolff wird voraussichtlich Anfang Juni im Bundestag gewählt. Er kann dabei | |
mit den Stimmen der Ampel-Koalition und der CDU/CSU rechnen. Zunächst wird | |
der 56-Jährige in Karlsruhe federführend für Sozialrecht und Kunstfreiheit | |
zuständig sein. | |
13 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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