# taz.de -- Filmemacher über Kieler Bausünden: „Ironie ist die beste Waffe�… | |
> Der Regisseur Helmut Schulzeck hat einen Film über seine Heimatstadt | |
> gedreht. Im Interview sagt er, warum ihn Kiels Baupolitik schon lange | |
> nervt. | |
Bild: Kiels Altstadt, die so alt nicht ist | |
taz: Herr Schulzeck, machen Sie die Bausünden in Ihrer Heimatstadt Kiel | |
wütend? | |
Helmut Schulzeck: Ja, mich nervt die Baupolitik der Stadt schon lange. In | |
Kiel ist das ein Dauerthema und zieht sich wie ein roter Faden durch die | |
Zeit, in der ich hier wohne. | |
In Ihrem Film zitieren Sie einen Imagefilm aus den frühen 1970ern, in dem | |
junge Frauen durch die Fußgängerzone spazieren und Autos über die riesigen | |
Trassen fahren. | |
Damals galt das als hypermodern. Im Kiel gab es die [1][erste Fußgängerzone | |
Deutschlands,] die Innenstädte wurden entvölkert und dafür Satellitenstädte | |
gebaut. | |
Sie polemisieren ordentlich, wenn einer Ihrer Interviewpartner ein neues | |
Bauprojekt in Kiel eine „späte Missgeburt der Moderne“ nennt. | |
Ja, ich bin einseitig, aber das ist die andere Seite ja auch. So gibt es | |
etwa einen acht Minuten langen [2][Imagefilm über das neu gebaute | |
Holstenfleet] mit superschönen Bildern. | |
Sie arbeiten viel mit Ironie. | |
Das ist auch immer noch die beste Waffe, denn Fakten werden ignoriert oder | |
zur Kenntnis genommen, wie es gerade passt. | |
Es ist auch komisch, wie in Kiel Orte benannt werden. Die Altstadt ist | |
nicht alt und am Schlosshof gibt es kein Schloss. | |
Genau, es wird mit Worten gearbeitet, die nicht stimmen. Auch das | |
Holstenfleet ist gar kein Fleet, weil es keine Verbindung zwischen dem | |
Kleinen Kiel und der Ostsee schafft. Das sind nur zwei isolierte | |
Betonbecken. | |
Sie sind eine Art von Stadtchronist, Sie machen seit den 1980ern Filme in | |
und über Kiel. Was war Ihr erster Film? | |
Das war „Ich träum’ noch immer von der Straßenbahn“ über einen alten | |
Straßenbahnfahrer in den Zeiten, [3][als die Straßenbahn in Kiel | |
abgeschafft wurde.] | |
Sie haben mal gesagt, Sie machen nicht nur Filme über Ihre Heimat, sondern | |
das Filmemachen ist auch Ihre Heimat. Wie meinen Sie das? | |
Ökonomisch wäre es wohl vernünftiger gewesen, wenn ich was anderes gemacht | |
hätte, weil es wirtschaftlich für mich immer auf der Kante war, sodass ich | |
gerade überleben konnte. Aber Filmemachen ist für mich eine Leidenschaft. | |
Seit zehn Jahren habe ich die Parkinson-Krankheit, und wenn ich die | |
Filmerei nicht hätte, dann wüsste ich gar nicht, wie ich existieren könnte. | |
Nicht materiell, sondern geistig ziehe ich daraus meine ganze | |
Lebensenergie. | |
28 May 2022 | |
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[2] https://www.kiel.de/de/kiel_zukunft/kiel_plant_baut/innenstadt/holstenfleet… | |
[3] /Mobilitaetswende-in-Kiel/!5756628 | |
## AUTOREN | |
Wilfried Hippen | |
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