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# taz.de -- Lücken in der Grundversorgung: Wie eine rollende Tonne
> Müllprobleme und Busse, die nicht fahren wie sie sollen. Die Kolumnistin
> ist ein klein wenig schadenfroh und hofft auf einen Aufstand.
Bild: Pech ist, wenn der Ausschreibungsgewinner es einfach nicht hinkriegt
Mit Sicherheit kann ich das nicht sagen, aber möglicherweise kommt es in
der Region Hannover bald zu einem Aufstand. Am Wochenende stand am
Supermarkt meines Vertrauens schon wieder dieses Schild auf dem
Info-Tresen: „Wir haben zurzeit leider keine gelben Säcke.“
Davor standen beige gekleidete Menschen fortgeschrittenen Alters und
schäumten. Das zieht sich nämlich schon eine Weile hier, eigentlich seit
Weihnachten, dass dauernd diese gelben Säcke aus sind. Und da hört der Spaß
ja nun einmal wirklich auf, nicht nur für renitente Rentner.
Damit habe ich Erfahrung. Als ich noch in der Vorstadt lebte, habe ich es
mir fast einmal mit wichtigen Teilen der Nachbarschaft verdorben, weil ich
nicht begriff, dass man nicht einfach nach irgendeiner Mülltonne greifen
darf.
Da gab es Menschen, die ihre Tonnen mit Namen und Anschrift versahen, weil
sie von der panischen Angst besessen waren, am Ende die falsche Tonne vom
Sammelplatz an der Straße die eigene Einfahrt heraufzurollen. Ich hätte
gern gewusst, was Freud dazu sagt.
Dort wo ich jetzt wohne, habe ich eher das umgekehrte Problem: Hier kämpft
man mit überquellenden Containern, mangelhafter Mülltrennung und
rattenverseuchten Müllplätzen. Und nun bin ich die Spießerin, die leise vor
sich hin zeternd über fremden Sperrmüll steigt und wahrscheinlich machen
sich die Migras aus der Nachbarschaft heimlich lustig über mich.
Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte: [1][Das Gelbe-Säcke-Problem hat
natürlich aufs Herrlichste] mit diesem galoppierenden
Ausschreibungsschwachsinn zu tun. Die Firma, die hier die Ausschreibung
gewonnen hat, RMG aus Etville am Rhein, liefert nicht genug leere Säcke,
holt zum Ausgleich aber auch nicht alle vollen Säcke ab.
## Für Kunden und Kommune ist nie etwas billiger geworden
Zurück bleiben, neben verschmutzten Straßen, hilflose Lokalpolitiker, die
die geballte Wut ihrer Wähler gern weitergeben würden, aber mit ihren
Anrufen immer in der Warteschleife landen und gleichzeitig feststellen
müssen, dass sie aus den verdammten Verträgen so ohne Weiteres nicht
rauskommen.
Das erinnert mich an eine ähnliche Episode, die ich erlebt habe, als
anderswo der Nahverkehrsbetreiber wechselte. Auch da gewann ein ortsfremdes
Unternehmen und [2][der bei der Ausschreibung unterlegene Vorgänger hatte
natürlich] überhaupt kein Interesse daran, irgendwelche Informationen zu
den Linien, Fahrplänen oder der Auslastung zu teilen.
Mit dem Erfolg, dass wochenlang fluchende Senioren und weinende Schulkinder
an Haltestellen herumstanden, die unzureichend bedient wurden. Dafür
freuten sich die Busfahrer und die Lokalzeitung, für die ich damals
arbeitete.
Die Busfahrer freuten sich vor allem über Lohnerhöhungen, weil sie beim
Gehaltspoker nun zwei Unternehmen gegeneinander ausspielen konnten. Und die
Lokalzeitung, weil man mit den politischen Schuldzuweisungen und
Leserbriefen tagelang die Seiten füllen konnte.
Für Kunden und Kommune ist dadurch nie irgendwas billiger geworden, soweit
ich weiß, auch wenn die Wettbewerbs- und Privatisierungsprediger von FDP
und CDU nicht müde wurden, das zu behaupten.
22 May 2022
## LINKS
[1] /Experte-ueber-EU-Verbot-fuer-Einwegplastik/!5779354
[2] /Berlin-plant-neues-Vergabegesetz/!5602067
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
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