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# taz.de -- Digitalisierung an Hannovers Schulen: Der verknüddelte Zettel zum …
> Die Kolumnistin regt sich über die Lizenzgebühr für die Verwaltung von
> Schul-iPads auf. Die zeigt mal wieder, wie Digitalisierung schief geht.
Bild: iPad im Matheunterricht: Kein Konzern hat sich so gründlich in deutsche …
Zu den Dingen, die bei mir zuverlässig Augenrollen bis zum Starrkrampf
hervorrufen, gehört der Satz „Da ist noch so ein Zettel, Mama!“, begleitet
vom hektischen Wühlen in einem Schulrucksack. Natürlich ist da noch so ein
Zettel.
Seit meine Kinder eingeschult wurden, ist da immer noch so ein Zettel.
Lehrer machen dauernd noch so einen Zettel. Klassenfahrten und
Schulbuchausleihgebühr hatten wir gerade, was also dieses Mal?
Kunstmaterialien? Klassenkasse? Kopiergeld?
Nein, dieses Mal sind es die Lizenzgebühren für das Programm, mit dem iPads
verwaltet werden. Ich schnaufe. Es ist ja toll, dass man an diesen
dämlichen Applegeräten nicht vorbeikommt, auch wenn viele Informatiker die
Dinger für Teufelszeug halten. Der US-Konzern hat es geschafft, sich wie
kein zweiter in das deutsche Schulsystem einzukaufen.
Schön auch, dass man mir den entsprechenden Kredit bei der Santander
Consumer Bank gleich mit andreht – einer Bank übrigens, die immer wieder
für schlechte Löhne und überhöhte Gebühren kritisiert wird. Ich möchte gar
nicht wissen, wie sich das mit dem Neutralitätsgebot für staatliche
Einrichtungen verträgt.
Aber jetzt auch noch Lizenzgebühren für die Geräteverwaltung? Geht’s noch?
Die Software ist nötig, um die Geräte zu synchronisieren und für den
Unterricht auf Stand zu halten, erklärt man mir. Ins Analoge übersetzt, ist
das ungefähr so, als würde ich eine Gebühr dafür bezahlen, dass der
Hausmeister die Klasse aufschließt, Tische und Stühle bereitstellt und
gelegentlich die Leuchtmittel wechselt.
## Organisierte Verantwortungslosigkeit
Der Betrag ist natürlich lächerlich und regt mich trotzdem auf. Ich
vermute, das ist einer der Fälle, wo sich Bund, Land und Kommunen nicht
einigen konnten, wer das zu bezahlen hat, also schiebt man es den Eltern
zu. Das ist typisch für die Art, wie in diesem Land die Digitalisierung
verkackt wird.
Da ist es zum Beispiel so, dass die Kommunen als Schulträger zwar aus den
Digitalpaktmitteln die Geräte anschaffen dürfen – aber nicht die Schulung
der Lehrerkräfte organisieren, denn die sind ja Landesbedienstete.
Auch der Siegeszug der iPads ist vor allem darauf zurück zu führen, dass
sie sich ohne technischen Sachverstand bedienen und verwalten lassen. Denn
eine Techniker- oder Administratorenstelle ist im Schulunwesen nicht
vorgesehen, das müssen immer irgendwelche Lehrkräfte machen.
Gleichzeitig hat man es natürlich versemmelt, die überteuerten Endgeräte
als Lernmittel einzustufen. Deshalb können sich arme Eltern jetzt
überlegen, ob sie beim Förderverein der Schule ein Leihgerät erbetteln,
[1][sich mit dem Jobcenter um ein Darlehen zanken oder warten, bis die x-te
Revision] des x-ten widersprüchlichen Gerichtsurteils entschieden ist.
Organisierte Verantwortungslosigkeit im deutschen Bildungssystem. Immer
wird zuallererst gefragt: Wer ist zuständig und wer zahlt? Niemals: Wie
kriegen wir das jetzt am besten hin?
Aber wahrscheinlich spricht aus mir bloß der Neid. Für mich als
Alleinerziehende gilt genau das Gegenteil: Ich bin immer zuständig und ich
zahle immer drauf.
Aber dafür hat man dann diese entzückenden Wesen, die einem mit
treuherzigem Augenaufschlag verknüddelte Zettel entgegenstrecken. Und zwei
iPads, auf denen sie auch nie Hausaufgaben machen.
15 Jun 2022
## LINKS
[1] /Digitaler-Unterricht-in-Niedersachsen/!5722347
## AUTOREN
Nadine Conti
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