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# taz.de -- 1. Mai-Demos in Hamburg: Wer kann, der demonstriert
> Enteignen und Würstchen essen, Demos vor der Elbphilharmonie und am
> Fischmarkt: So lief der 1. Mai in Hamburg.
Bild: Mit Glamour gegen Reichtum: Die „Wer hat, der gibt“-Demo in Hamburg
Hamburg taz | Zumindest punktuell sorgt die „Wer hat, der gibt“-Demo in der
Hamburger Hafencity für Irritationen. „Nochmal, wir zahlen für deren
Renten“, sagt ein Mittvierziger, der sich sichtbar bemüht, trotz ergrauter
Schläfen weiter lässig auszusehen, zu seinen Freunden am Straßenrand.
„Gegen Kapitalismus sein und trotzdem Markenklamotten tragen. Guck mal“,
sagt er und zeigt auf die mehrheitlich schwarz gekleideten Menschen im
Antifablock. Er dürfte mit diesem Mindset genau die Zielgruppe sein, die
die Veranstalter:innen der Demo im Sinn hatten, als sie die Route
wählten.
„Wer hat, der gibt. Wer nicht gibt, wird enteignet“, schallt es aus den
Lautsprechern. Bei der Begrüßung, [1][direkt vor der Elbphilharmonie] sagt
eine der Organisator:innen: „Willkommen in Hamburgs Vorzeigestadtviertel.“
Hier studiere die künftige Elite an privaten Hochschulen, hier seien die
Start-Up-Yuppies zu Hause, hier habe der Senat sein Versprechen zu
bezahlbaren Mieten gebrochen. Es ist der Ort in Hamburg, um gegen Reichtum
und für Umverteilung zu demonstrieren. „Schluss mit der Politik für
Bonzen“, ruft die Sprecherin in ihr Mikro.
Laut Polizei waren rund 800 Teilnehmer:innen dabei – und das so
friedlich, dass unter den Scheibenwischern der an der Route geparkten
Benz-Limousinen und Audi-SUV nicht mal Flyer steckten. Die
Veranstalter:innen gingen von mindestens 2.000 Demonstrierenden aus.
Patrick Walkowiak trägt Zylinder und eine dicke goldene Dollar-Kette: „Für
Rüstung ist Geld da, aber nicht für Pflegeberufe. Und man muss sich hier
nur umsehen. Das Geld ist ja da.“ Die Lösung sei simpel: Eine
Vermögenssteuer.
## Ver.di kämpft für Erzieher:innen
Am Fischmarkt auf St. Pauli ist die Stimmung eine andere. Es gibt Würstchen
und Fischbrötchen, die Gewerkschaften haben Stände und eine Bühne
aufgebaut. Bei der IG Metall gibt es Quietscheentchen, die IG BCE hat ein
Glücksrad, zumindest Ver.di kämpft von außen sichtbar für ein konkretes
Ziel. [2][Die Elbkinder-Kitas stecken mitten im Tarifkonflikt]. „Einerseits
klatschen, aber nicht die Arbeit bezahlen“, sagt Erzieherin Andrea
Müffelmann. Sie findet, dass sozialen Berufen insgesamt nicht genügend
Wertschätzung entgegengebracht werde. Deshalb ist sie hier.
Laut Deutschem Gewerkschaftsbund waren in Hamburg bei den
DGB-Verantsaltungen knapp 6.700 Menschen auf der Straße. Mathias Weidner
sticht [3][in seiner orangefarbenen Lieferando-Jacke] aus der Demomasse
hervor. „Es ist schwierig, sich zu organisieren“, sagt der Betriebsrat. Die
klassischen Gewerkschaftsstrukturen passten eigentlich nicht zu seiner
Belegschaft. Aber zum 1. Mai kämen viele. Ein guter Ort, um sich zu treffen
– und mehr als Folklore.
Auf der DGB-Demo, die zum Fischmarkt zieht, wird es vor allem im hinteren
Teil laut. Hier laufen die Jugendorganisationen der Gewerkschaften. „Junge
Menschen haben in der Coronakrise am meisten gelitten“, sagt Joseph
Streibl, Jugendreferent der IG BCE. Jetzt gehe es darum, ihre Belange
sichtbar zu machen. Die Gewerkschaftsjugenden hatten auch selbst zur Demo
aufgerufen. Das Motto: „Die Krise heißt Kapitalismus.“ Das ist von „Wer
hat, der gibt“ gar nicht weit entfernt.
1 May 2022
## LINKS
[1] /Fuenf-Jahre-Elbphilharmonie/!5824940
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[3] /Ausbeutung-bei-Lieferdiensten/!5782197
## AUTOREN
Andrea Maestro
## TAGS
Wer hat der gibt
Gewerkschaft
Linke Szene
Hamburg
Umverteilung
Enteignung
Polizei Hamburg
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Lohnerhöhung
Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
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