| # taz.de -- Schwarzer Block in Hamburg: Ausdauersport Polizistenbeleidigung | |
| > Die anarchistische 1. Mai-Demo in Hamburg blieb überwiegend friedlich. | |
| > Nur zum Schluss gab es ein Handgemenge, kaputte Schirme und eine blutige | |
| > Nase. | |
| Bild: Kurz vor der ersten Polizeisperre: Pyro und Schirme im schwarzen Block | |
| Hamburg taz | Ob es den Hamburger Senat wohl freut, dass der lang ersehnte | |
| „Sprung über die Elbe“ geglückt ist? Zumindest die linke Szene der Stadt | |
| begreift den Stadtteil Wilhelmsburg mittlerweile als neues Zentrum. Auch im | |
| Alltag sind hier viele Anwohner:innen mit einer Vorliebe für schwarze | |
| Klamotten unterwegs. An den Laternen kleben Sticker gegen Nazis, für | |
| Geflüchtete und den FC St. Pauli. Es gibt linke Treffpunkte. Daher ist es | |
| eigentlich auch nicht überraschend, dass die am besten von der Polizei | |
| bewachte Demo des 1. Mai in diesem Jahr in Wilhelmsburg stattfindet – und | |
| nicht in der Schanze. | |
| Gekommen sind laut Polizei rund 800 bis 900 Linke – ihr Ziel: die ebenfalls | |
| zu hunderten rechts und links des Demozuges laufenden Polizist:innen zu | |
| zermürben. Zumindest scheint es so. Mehr als vier Stunden dauert der Weg | |
| vom Inselpark, vorbei am Polizeikommissariat 44 bis zur S-Bahn-Station | |
| Veddel. Die Palette der Schmähgesänge gegen die Beamt:innen ist breit, | |
| manchmal sogar kreativ. „Acht Cola, Acht Bier“, tönt es aus dem Block in | |
| Anspielung auf das Kürzel „ACAB“, das für „All cops are bastards“ ste… | |
| Woher die Wut auf die Polizei rührt, rufen sie ebenfalls: [1][„Wo, wo, wo | |
| wart ihr in Hanau?“] Bei dem rechtsextremen Anschlag war der Polizeinotruf | |
| unterbesetzt. „So, so, so viele Einzelfälle“, geht der Sprechchor weiter. | |
| Die Demonstrierenden laufen eng beieinander. An den Seiten haben | |
| Antifagruppen aus mehreren Hamburger Stadtteilen Transparent an Transparent | |
| gebunden und bilden so einen Block. Die Klamottenfarbe ist einheitlich | |
| schwarz, viele tragen Kapuze und Sonnenbrille. Masken sowieso. Als kurz | |
| nach dem Start dann auch noch schwarze Regenschirme den Blick auf den Zug | |
| komplett verdecken und in der Mitte pinke und rote Pyrotechnik gezündet | |
| wird, stoppt die Polizei schon nach ein paar Metern das erste Mal die Demo. | |
| Wieder und wieder kommt die Durchsage mit der Aufforderung, die Vermummung | |
| abzulegen – Mund-Nasen-Bedeckungen sind zwar erlaubt, Schals aber nicht – | |
| und die Regenschirme einzuklappen. Die Reaktion ist zögerlich, aber | |
| irgendwann geht es weiter. Das Spiel wiederholt sich von Zeit zu Zeit. | |
| ## Demo-Hopping über die Elbe | |
| Manche der Teilnehmer:innen waren auch schon bei der [2][„Wer hat der | |
| gibt“-Demo am Nachmittag in der Hafen City] dabei. Zumindest tauchen ihre | |
| Transparente wieder auf: „Lasst uns über das Erben sprechen“, steht da zum | |
| Beispiel. Oder eines von der Klimajugend Hamburg. | |
| Langsam wird es dunkel. In der Luft hängt der Geruch von Pyrotechnik – | |
| obwohl es in diesem Jahr ziemlich ruhig bleibt. Es wird wenig gezündelt, | |
| nichts geworfen, nur beleidigt. Die Demonstrierenden sind darin allerdings | |
| äußerst ausdauernd. Die Polizist:innen laufen stoisch nebenher, bilden | |
| Ketten, behalten das Pfefferspray aber in ihren Kartuschen – und die zwei | |
| Wasserwerfer kommen auch nicht zum Einsatz. | |
| Kurz vor Ende eskaliert die Situation dann doch: Unter einer | |
| Eisenbahnbrücke beim S-Bahnhof Veddel kommt der Demozug zum Stehen. Über | |
| den Köpfen der Aktivist:innen poltern S-Bahnen, dann hallen Schreie | |
| wider. Polizist:innen und Demonstrierende sind in ein chaotisches | |
| Handgemenge verstrickt. Transparente und Schirme fliegen zur Seite, | |
| Journalist:innen spurten mit Kameras in die Richtung. Ein Polizist sagt | |
| später, einige Demonstrierende hätten mit den Schirmen nach Kolleg:innen | |
| geschlagen. Aus dem Demozug schallt es hingegen: „Wir sind friedlich, was | |
| seid ihr?“ | |
| Ein paar Minuten später geht es dann doch weiter, nun ohne Transparent an | |
| der Spitze. Die Demo endet auf dem Busvorplatz nur wenige Meter entfernt. | |
| Dort gibt es das nächste Handgemenge. Polizist:innen ziehen gewaltsam | |
| einige wenige Demonstrierende aus der Masse. Von der Polizei hinter einen | |
| Einsatzwagen gebracht, zieht sich ein junger Mann erst die Sturmhaube, dann | |
| die Maske vom Gesicht. Sie ist von innen blutverschmiert. | |
| „Sie waren über eine Stunde vermummt“, sagt ein Polizist zu ihm. „Das ist | |
| eine Straftat. Außerdem haben Sie polizeifeindliche Parolen gerufen.“ Es | |
| wirkt, als hätte die Polizei noch einmal gezielt Personen festgenommen, die | |
| während der Demo besonders auffällig waren, bevor sie die Menschengruppe | |
| geschlossen zur S-Bahn lenkte. Bestätigen wollte das allerdings keiner der | |
| umstehenden Beamten – und viele Menschen sind es auch nicht, die an diesem | |
| Abend in Gewahrsam landen. Das hat Hamburg schon heftiger erlebt. | |
| 2 May 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andrea Maestro | |
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