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# taz.de -- Filmtipps für Berlin: Rundum Filmgeschehen
> Das Arsenal widmet dem Dokumentarfilmer Frederick Wiseman eine
> Retrospektive. Asteris Kutulas' „Electra 21“ bringt Tanz auf vier
> Leinwände.
Bild: Im Kino auf vier Bildflächen: Asteris Kutulas' Tanzfilm-Installation „…
„The Film exists when the mind of the viewer meets the screen.“ Das sagte
mir der amerikanische Dokumentarfilmer Frederick Wiseman einmal in einem
Interview, und dieses Statement fasst die Grundhaltung seiner Filme recht
gut zusammen: Das Publikum ist stets angehalten mitzudenken, Predigten sind
Wisemans Sache nicht. Zweifellos ist das nicht der bequemste Weg: Seine
Filme besitzen keinen Kommentar und geben keinerlei
Hintergrundinformationen oder irgendetwas, was einem als Zuschauer:in
sonst gemeinhin eine Orientierung bietet. Ihre Form (und ihren Sinn)
erhalten die Filme erst in einer Monate währenden Montage des auch schon
mal gute 150 Stunden dauernden Rohmaterials.
Sehr viele seiner Filme sind Porträts von Institutionen, und die Frage, wie
die Gesellschaft funktioniert, beschäftigt ihn bis heute. Wiseman machte
Filme über Krankenhäuser, Tanzcompagnien, Sozial-Wohnblocks, öffentliche
Bibliotheken und Kunstmuseen, und man könnte vielleicht sagen, dass
Demokratie und kulturelle Teilhabe die wichtigsten Themen für den heute
92-jährigen, und immer noch aktiven Regisseur sind, der ursprünglich einmal
Jurist war.
Das Kino Arsenal zeigt im Mai eine 21 Filme umfassende Retrospektive dieses
wirklich wichtigen Filmemachers mit Werken aus allen Perioden seines
Schaffens. Eröffnet wird die Reihe mit „Welfare“ (1975), einem Film über
Sozialhilfe in New York, die sich für hilfesuchende Antragsteller als
bürokratischer Albtraum erweist. Im Anschluss an die Filmvorführung gibt es
ein Gespräch mit Frederick Wiseman (per Zoom) und dem Schweizer
Festivalmacher Jean Perret (4.5., 19 Uhr, Arsenal 1).
## Tanz über vier Bildflächen
Die Idee, mehrere Filmbilder gleichzeitig auf verschiedene Leinwände zu
projizieren, ist nicht unbedingt neu. Der französische Regisseur Abel Gance
hat dies etwa bereits in den 1920er Jahren bei seinem Monumentalwerk
„Napoléon“ getan, in einer Art Triptychon kommentierten die beiden äußer…
Bilder dabei das in der Mitte befindliche. Dass sich das aufgrund des
Aufwandes letztlich nicht generell durchsetzte, muss man eigentlich nicht
extra erwähnen.
In den 1960er Jahren kam dann das kostengünstigere Splitscreen-Verfahren in
Mode, also eine Leinwand unterteilt in zwei oder mehrere Bilder: Wer sich
ein extremes Beispiel dafür ansehen möchte, liegt mit „The Thomas Crown
Affair“ gut im Rennen, aktuell bedient sich „Vortex“ von Gaspar Noé dies…
Technik, um die Geschichte eines alternden Paares zu erzählen, deren Leben
aufgrund der Demenzerkrankung der Frau nicht mehr synchron verläuft.
Noch einmal eine andere Idee verfolgt der griechische [1][Künstler Asteris
Kutulas] mit seiner „Liquid Stage“-Produktion „Electra 21“: Hier laufen…
vier rundum im Kino angeordneten Leinwänden vier verschiedene Filme mit
einer Tanzperformance in der Choreografie von Renato Zanella und mit Musik
des griechischen Komponisten Mikis Theodorakis, so dass jede:r
Zuschauer:in jederzeit für sich selbst entscheiden kann, welchem
Geschehen man wo folgen möchte („Electra 21“, 29.4., 19.30 Uhr, Babylon
Mitte; „Vortex“, Kinostart: 4.5., diverse Kinos).
Der neue Film des amerikanischen Regisseurs Robert Egger, das Wikingerdrama
„The Northman“, läuft aktuell in unseren Kinos, da ist zweifellos auch die
Vorgängerproduktion „Der Leuchtturm“ noch einmal von Interesse: eine
absurde, abgründig komische Studie von Verfall, Delirium und Seemannsgarn
um zwei Leuchtturmwärter auf einer abgelegenen Insel zum Ende des 19.
Jahrhunderts, von denen schon bald nicht mehr ganz klar ist, ob sie nicht
längst dem Wahnsinn verfallen sind. Ein filmischer Exzess, gedreht in
düster-kaltem Schwarzweiß und dem hier reichlich klaustrophobisch wirkenden
1,19:1-Normalformat (29.4., 3.5., 19 Uhr, 1.5., 18.15 Uhr, Central).
28 Apr 2022
## LINKS
[1] /Theodorakis-Vertrauter-im-Gespraech/!5808925
## AUTOREN
Lars Penning
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aufgewachsen. Dass man dort Mikis Theodorakis hören konnte, ist auch sein
Verdienst.
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