# taz.de -- Wegen Umweltzerstörung: Honduras will keinen Bergbau mehr | |
> Das mittelamerikanische Land hat angekündigt, gegen die umstrittene | |
> Branche vorzugehen. Umweltschützer:innen zeigen sich zuversichtlich. | |
Bild: Berta Caceres auf einem Plakat bei der Amtseinführung der Regierung Hond… | |
HAMBURG taz | Honduras will die Ausbeutung von Bodenschätzen stoppen. Und | |
Umweltschützer:innen sind tatsächlich optimistisch. „Die neue | |
Regierung macht Ernst mit ihren Ankündigungen und initiiert auf allen | |
Ebenen einen Wandel“, so Víctor Fernández, Jurist und | |
Menschenrechtsexperte. | |
In den vergangenen Jahren war es in Honduras zur Normalität geworden, das | |
Recht zu beugen und [1][Umweltaktivist:innen zu kriminalisieren]. | |
„Das zu ändern ist mit enormen Widerständen der profitierenden Eliten | |
verbunden“, prophezeit Fernández, der die Familie [2][der 2016 ermordeten | |
Umweltaktivistin Berta Cáceres] vertritt. Korruption ist dabei ein | |
wichtiges Vehikel. Dass in vielen Amtstuben und Gerichten die Seilschaften | |
der alten Regierung sitzen, macht die Herausforderung, der sich die neue | |
Regierung stellt, nicht kleiner. | |
Mit der Ankündigung, dass die seit Ende Januar amtierende Regierung alle | |
der rund 300 vergebenen Konzessionen im Land überprüfen wird, droht vielen | |
Bergbauunternehmen das Aus. Unstrittig ist, dass mindestens 42 Konzessionen | |
vergeben wurden, wo eigentlich nicht geschürft werden darf: in geschützten | |
Gebieten. Das belegt eine 2021 veröffentlichte Studie mit dem Titel | |
„[3][Territorios en riesgo III]“. | |
Diese Konzessionen seien relativ einfach zu annullieren, meinen Experten | |
wie Fernández oder sein Kollege Joaquín Mejía. Schwieriger wird es bei den | |
restlichen Konzessionen. Eine Klagewelle prognostiziert Fernández. | |
## Die Chancen sind gegeben | |
Doch aufgrund von Umweltverschmutzung und anderen Vergehen hat die | |
Regierung auch da gute Karten, etliche Konzessionen für ungültig zu | |
erklären, so Joaquín Mejía. Finanzielle Einbußen sind dabei zwar zu | |
erwarten, aber sie halten sich in Grenzen. Der Bergbau trägt in Honduras | |
weniger als ein Prozent zum Bruttoinlandsprodukt und zur Zahl der | |
Arbeitsplätze bei. | |
Ein Grund dafür ist laut Mejía, dass die Bergbauunternehmen lange gefördert | |
wurden. Sie wurden nicht nur steuerlich begünstigt, sondern die Verträge | |
wurden allein zum Vorteil der Unternehmen ausgelegt. „Die Einnahmen waren | |
minimal, die Schäden aber beträchtlich“, weist der Jurist auf einen | |
Widerspruch hin, der von zivilgesellschaftlichen Organisationen immer | |
wieder ins Feld geführt wurde. | |
Das bestätigt auch Fernández, der aber einen Unterschied zwischen | |
nationalen und internationalen Bergbauunternehmen sieht. „Die | |
internationalen Konzerne werden sich nicht nur an die nationale Justiz, | |
sondern auch an internationale Schiedsgerichte wenden.“ Das ist ein Risiko, | |
ein anderes die fehlende Unabhängigkeit der honduranischen Justiz. „Die hat | |
meist nach dem Willen der Politik entschieden, ist oft korrupt und gerät | |
nun mit der neuen Regierung in die Defensive“, so Fernández. Ein Beispiel | |
dafür sei das Urteil des Verfassungsgerichts, das ein Verfahren eines | |
Regionalgerichts gegen acht Umweltaktivist:innen annulierte, die | |
gegen zwei Eisenerzminen im Wasserschutzgebiet des Nationalparks Carlos | |
Escaleras protestiert hatten. | |
## Keine neuen Konzessionen | |
„Die Regierung hat laut der Gesetzeslage die Handhabe, den Abbruch der | |
Fördertätigkeit bei Umweltvergehen zu verfügen – das könnte nun passieren… | |
so die beiden Juristen. Klar ist bereits, dass es keine neuen Konzessionen | |
geben wird – eine bahnbrechende Entscheidung. Für die Opfer von Bergbau-, | |
aber auch von umstrittenen Wasserkraftprojekten ist das ein positives | |
Signal, so Fernández. „Hinzu kommt die Hoffnung auf ein Ende der | |
Kriminalisierung und Wiedergutmachung“, so Fernández. | |
Er bescheinigt der Regierung von Präsidentin Xiomara Castro einen guten | |
Start, denn sie habe auch für Transparenz gesorgt: über die finanzielle | |
Situation des Landes, aber auch über das Niveau und die ökonomischen | |
Schäden, die die omnipräsente Korruption hervorrufe. Das ist für Fernández | |
ein wichtiger Faktor, denn das erzeuge enormen Rückhalt in der Bevölkerung | |
für die neue Regierung. | |
Für die Bergbauunternehmen brechen hingegen schwierige Zeiten an – auch | |
wenn deren Lobby alle Hebel in Bewegung setzen wird. Allerdings, so die | |
beiden Juristen, sammele die neue Administration bereits Beweise für | |
Umweltdelikte – die könnten auch international relevant werden. | |
21 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Umweltaktivisten-in-Honduras/!5831679 | |
[2] /5-Jahre-nach-dem-Mord-an-Berta-Caceres/!5784243 | |
[3] https://fosdeh.com/publicacion/territorios-en-riesgo-iii-mineria-hidrocarbu… | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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