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# taz.de -- Gute Taliban, böse Taliban: Kabul meldet pakistanische Angriffe
> Pakistans Militär übt offenbar Vergeltung für einen Angriff der
> pakistanischen Taliban, der aus Afghanistan stammen soll. Kabuls Taliban
> sind empört.
Bild: Zielscheibe pakistanischer Angriffe? Flüchtlinge auf der afghanischen Se…
Berlin taz | Zwischen Afghanistan und Pakistan sind am Osterwochenende die
Spannungen militärisch eskaliert. Laut der afghanischen Taliban-Regierung
sind Samstagfrüh bei zwei pakistanischen Luftangriffen mit Bomben und
Raketen auf insgesamt fünf Dörfer in den afghanischen Grenzprovinzen Chost
und Kunar mindestens 45 Personen getötet und 22 verletzt worden. Die Opfer
sollen meist Flüchtlinge aus der pakistanischen Unruheregion Waziristan
sein.
Der afghanische Regierungssprecher Sabihullah Mudschahid warnte Pakistan
vor „Wiederholung“ und drohte mit nicht näher definierten „schlimmen
Konsequenzen“. Am Samstag protestierten in der Provinzhauptstadt Chost
Hunderte Menschen gegen die Angriffe. Die UN-Mission für Afghanistan
(Unama) kündigte eine Untersuchung an.
Die Angriffe galten mutmaßlich Stützpunkten der pakistanischen Taliban (TTP
– Tehreek-e-Taliban). Diese islamistischen Rebellen sind mit den
afghanischen Taliban ideologisch verwandt, aber organisatorisch
eigenständig.
TTP wird in Pakistan für zahlreiche Terroranschläge verantwortlich gemacht.
Am Donnerstag waren sieben pakistanische Soldaten in einem Hinterhalt in
Nordwaziristan getötet worden, für den TTP die Verantwortung übernahm. Die
Angreifer kamen nach Angaben Pakistans aus Afghanistan.
## Pakistan misst Taliban mit zweierlei Maß
Im Gegensatz zu den „terroristischen“ einheimischen Taliban wurden die
„guten“ afghanischen Taliban vom pakistanischen Militärgeheimdienst ISI
massiv unterstützt. Sie hatten ihrerseits in Pakistan Unterschlupf
gefunden. Das machte sie in den Augen vieler zu Handlangern Islamabads.
Noch am Samstag bestellte die Regierung in Kabul aus Protest gegen die
Angriffe den pakistanischen Botschafter ein. Nach dem tödlichen Angriff auf
die pakistanischen Soldaten hatte Islamabad selbst den afghanischen
Geschäftsträger einbestellt.
In Islamabad ist erst seit einer Woche mit dem konservativen Politiker
Shehbaz Sharif ein neuer Regierungschef im Amt. Er genießt das Vertrauen
der mächtigen Militärführung und könnte auch geneigt sein, mehr Härte als
sein Vorgänger Imran Khan gegenüber Kabul zu zeigen.
## Islamabad stellt Kabul Forderungen
Offiziell hat Pakistan bisher nicht zugegeben, afghanisches Territorium
angegriffen zu haben. Die Regierung in Islamabad kündigte nur lapidar an,
sie wolle entsprechende afghanische Berichte prüfen.
Auch Pakistans Medien berichteten bisher kaum über die Angriffe. Vielmehr
beklagte Pakistans Außenministerium am Sonntag in einer [1][Erklärung],
dass die afghanische Taliban-Regierung nicht wie versprochen den
grenzüberschreitenden Terrorismus unterbinde.
Im November hatte Afghanistans Innenminister Siradschuddin Haqqani, der
international selbst unter Terrorismusverdacht steht, noch einen
[2][Waffenstillstand zwischen Islamabad und TTP] vermittelt. Diesen
beendeten die pakistanischen Taliban aber nach einem Monat.
Sie selbst fühlen sich durch die Machtübernahme der afghanischen Taliban
[3][in ihrem Kampf ermuntert] und haben die Zahl ihrer Angriffe erhöht.
Ebenfalls im Grenzgebiet aktiv ist der regionale Ableger der
Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Dieser wird allerdings auch
[4][aktiv von den Taliban bekämpft].
Die afghanischen Taliban hatten sich nach ihrer Machtübernahme im August
eine schnelle diplomatische Anerkennung ihres Regimes von Islamabad
erhofft. Während ihrer ersten Regierungszeit (1996–2001) war Pakistan nur
einer von drei Staaten weltweit, der ihr Regime überhaupt anerkannte.
## Umstrittene Grenze mit umstrittenem Zaun
Doch offenbar überwiegt heute in Islamabad der Eindruck, dass man mit einer
schnellen Anerkennung ein wichtiges Druckmittel aus der Hand geben würde,
zumal der Umgang der Taliban gegenüber Frauen abschreckend ist und dann
eine Anerkennung massive internationale Kritik zu Folge hätte. Zugleich
scheinen die afghanischen Taliban auch nicht gewillt, ernsthaft gegen TTP
vorzugehen.
Ohnehin ist die 2.670 Kilometer lange Grenze zwischen Afghanistan und
Pakistan umstritten. Diese sogenannte Durand-Linie wurde von den Briten
1893 mitten durch das Paschtunen-Gebiet gezogen und wird von Kabul nicht
anerkannt. Dort ist man verärgert über einen von Islamabad gebauten
Grenzzaun. Er soll das Einsickern von „Terroristen“ aus Afghanistan
verhindern.
18 Apr 2022
## LINKS
[1] https://mofa.gov.pk/press-release-496/
[2] /Verhandlungen-mit-Islamabad/!5813818
[3] /Pakistans-Umgang-mit-den-Taliban/!5806802
[4] /Islamischer-Staat-und-Taliban/!5479172
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Schwerpunkt Afghanistan
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