| # taz.de -- Kämpfe im Donbass: Flucht im Panzerwagen | |
| > Russische Angriffe auf die ukrainisch kontrollierten Teile des Donbass | |
| > nehmen zu. Hilfsorganisationen versuchen, Zivilisten zu evakuieren. | |
| Bild: Straßenszene in Kramatorsk | |
| Berlin taz | „Ständig hören wir Bomben, Schüsse und Einschläge. Es wird | |
| immer heftiger hier in Sewerodonezk. Die Lage spitzt sich zu“, berichtet | |
| Patrick Münz der taz am Dienstag am Telefon aus der Stadt im von der | |
| Ukraine kontrollierten Teil des Donbass. „So heftig wie heute, hatten mir | |
| Bewohner berichtet, sei es noch nie gewesen. Es ist somit mit einem | |
| russischen Vorstoßversuch zu rechnen.“ | |
| Münz ist der stellvertretende Vorsitzende der 2016 gegründeten Stuttgarter | |
| Hilfsorganisation Stelp und leitet eine Evakuierungsoperation, die die | |
| [1][Hilfsorganisationen #LeaveNoOneBehind und Stelp] kurzfristig gemeinsam | |
| auf die Beine gestellt haben. | |
| „Heute konnten wir 36 Personen in Sewerdonezk abholen, drei von ihnen | |
| müssen liegend transportiert werden“, berichtet die Sprecherin von Münz in | |
| Kiew, Johanna Berghorn, über die Arbeit des Teams in dem umkämpften | |
| Sewerodonezk. Zuvor hatte die Gruppe Hilfsgüter nach Lisitschansk gebracht. | |
| „Dort haben wir an der Schule Hilfsgüter ausgeladen, an der Feuerwehr | |
| gehalten und 35 Menschen eingeladen. Dann sind wir weiter mit dem | |
| Bullet-Proof-Wagen und einem Achtsitzer nach Sewereodonezk. Nur Minuten | |
| nach unserer Abreise sind vier Granaten bei der Feuerwehr eingeschlagen. | |
| Die Flüchtenden kommen dann nach Dnipro. Die älteste unserer Gäste ist 92 | |
| Jahre alt“, berichtet Patrick Münz von vor Ort. | |
| ## Heftiger Artilleriebeschuss | |
| Mit steigender Eskalation der Kämpfe im Donbass wird auch das Leben der | |
| Bevölkerung vor Ort zunehmend unerträglich. Am Dienstagmorgen hatte der | |
| Gouverneur des Gebietes Lugansk, Sergej Gajdaj, erklärt, dass mittlerweile | |
| das gesamte Gebiet Lugansk beschossen werde. Orte, die noch bis vor Kurzem | |
| als sicher und ruhig galten, leiden zunehmend unter heftigem | |
| Artilleriebeschuss. Immer wieder verhandelt die ukrainische Regierung | |
| „grüne Korridore“, über die Menschen aus bedrohten Ortschaften in | |
| Sicherheit gebracht werden können. | |
| Neben diesen staatlich organisierten Evakuierungen gibt es auch | |
| Evakuierungen, die von Aktivisten und Nichtregierungsorganisationen | |
| durchgeführt werden. Dazu gehören etwa auch die zwei in Deutschland | |
| ansässigen Organisationen #LeaveNoOneBehind und Stelp. Begonnen hatten die | |
| Stuttgarter ihre Ukrainearbeit mit der Lieferung von humanitären Gütern. | |
| Stelp hat, so Patrick Münz, allein seit Beginn des Krieges am 24. Februar | |
| 500 Tonnen an Hilfsgütern und Medikamenten in die Ukraine geliefert. | |
| Seit Anfang April liegt ihr Schwerpunkt jedoch auf den Evakuierungen. „Für | |
| die Evakuierungen wurden von Stelp und #LeaveNoOneBehind gepanzerte | |
| Fahrzeuge gekauft. Vor Ort arbeiten wir mit einem Netzwerk von | |
| verschiedenen ukrainischen Organisationen zusammen“, berichtet Johanna | |
| Berghorn der taz. | |
| Entscheidend für diese strategische Umorientierung der Arbeit war der 8. | |
| April. Dutzende Zivilisten waren an diesem Tag beim Beschuss des Bahnhofes | |
| der ostukrainischen Kleinstadt [2][Kramatorsk] ums Leben gekommen. | |
| „Innerhalb von 24 Stunden konnten von Patrick Münz 36 Fahrzeuge organisiert | |
| werden, aus Lwiw und Kiew, die sich in Dnipro getroffen haben und dann auch | |
| wieder in verschiedene Konvois mit verschiedenen Picking Points aufgeteilt | |
| wurden“, sagt Berghorn. | |
| Nun gingen die Evakuierungen in Kramatorsk gut voran, berichtet Münz: „Ich | |
| bin gerade auf dem Weg nach Kramatorsk, morgen sind wir in Sewerodonezk, wo | |
| wir weitere Personen abholen werden, falls wir reinkommen. Viele werden | |
| liegend transportiert werden müssen, da sie verletzt sind. Der | |
| Artilleriebeschuss ist schon heftig.“ | |
| Derzeit sei man mit sechs Personen in drei Autos in Kramatorsk, zwei | |
| gepanzerten Fahrzeugen und einem Van. Erst vor wenigen Tagen hatte das | |
| Bündnis aus Slowjansk über hundert Menschen evakuiert. | |
| In der Ukraine arbeite man unter anderem mit Haus der Hoffnung, Stiftung | |
| für das Gute und die Liebe und anderen ukrainischen Initiativen und | |
| Organisationen zusammen. Die gepanzerten Fahrzeuge stammen aus Deutschland, | |
| die Krankenwagen aus Großbritannien, die Kleinbusse aus der Ukraine, so | |
| Münz. | |
| Auch wenn das Netzwerk auf eigene Faust Evakuierungen organisiert, arbeitet | |
| man in enger Abstimmung mit den ukrainischen Behörden. Die staatlichen | |
| Stellen, so Münz, seien informiert und eingebunden. Am meisten Sorgen mache | |
| ihm derzeit die Situation in Sewerodonezk. Dort wolle er Personen abholen | |
| und in Sicherheit bringen, die sich noch vor Kurzem entschieden hatten, in | |
| Sewerodonezk zu bleiben. Die zunehmende Eskalation zwingt sie, ihre | |
| Entscheidung zu überdenken. „Und so werde ich mit meinem Team die Keller | |
| und Schutzräume aufsuchen, um die Menschen davon zu überzeugen, doch | |
| mitzufahren.“ | |
| 13 Apr 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bernhard Clasen | |
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