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# taz.de -- Sanktionen des Westens gegen Russland: Putin wird nicht leiden
> Die Sanktionen machen sich in Russland besonders bei der medizinischen
> Versorgung bemerkbar. Darunter leiden vor allem ärmere Leute.
Bild: Alles ist knapp geworden, auch die Zahnarztausstattung
Den Krieg in der Ukraine spüren die Menschen in Nordossetien im
Nordkaukasus auch bei sich. Ungeachtet dessen, dass hier keine Granaten
explodieren und keine Maschinengewehrsalven zu hören sind, gehen die Opfer
des Kriegs bereits in die Hunderte.
Die Sache ist die, [1][dass aus den Apotheken nach und nach alle
importierten Medikamente verschwinden]. Die Hersteller haben ihre Tätigkeit
in Russland eingestellt. Das führt dazu, dass irgendwelche cleveren
Banditen fast alle Medikamentenbestände aufgekauft haben und jetzt illegal
damit handeln. Anschaulichstes Beispiel dafür ist vielleicht die
Kontaktlinsenflüssigkeit, die früher um die 200 Rubel (circa 2 Euro)
gekostet hat. Jetzt wird sie auf dem Schwarzmarkt für 1.000 Rubel oder mehr
angeboten.
Und das passiert, obwohl die Behörden gesagt haben, dass die Bestände an
lebenswichtigen Medikamenten noch für 5 bis 6 Monate reichen. Die Menschen
sind daran gewöhnt, dass der Staat sie immer betrügt. Sie versuchen
deshalb, die letzten noch vorhandenen Medikamente zu kaufen. Das betrifft
zum Beispiel französisches Insulin und Schilddrüsenmedikamente. Es gibt
dazu auch russische Äquivalente, aber von viel schlechterer Qualität.
Auch Zahnärzte sind betroffen, die fast kein Material mehr haben. Und wenn
irgendein Gerät ausfällt, gibt es einfach keine Ersatzteile mehr. Man kann
dann nur auf ähnliche Modelle aus chinesischer Produktion zurückgreifen,
aber die lassen sich überhaupt nicht mit denen aus Europa oder den USA
vergleichen. Deshalb haben sich die Kosten für zahnärztliche Behandlungen
bereits verdoppelt, und das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange.
Diejenigen, die plötzlich ihre Medikamente nicht mehr bekommen, wundern
sich über diejenigen, die diese Sanktionen verhängt haben. Sie sagen,
[2][dass sie vor allem die kleinen Leute treffen, die nichts mit dem Krieg
zu tun haben]. „Putin wird nie darunter leiden“, sagen sie. Dafür leiden
sie selbst schon jetzt.
Kürzlich wurde bekannt, dass Russland vielleicht seine Truppen aus Kiew und
[3][Tschernihiw] abzieht. Das weckte Hoffnung, dass die Sanktionen
gelockert werden und zumindest Medikamente und medizinische Geräte wieder
ins Land kommen könnten. Chirurgen in Krankenhäusern warten schon jetzt
ängstlich auf den Moment, in dem Skalpelle und andere medizinische
Ausrüstung ersetzt werden müssen.
Auch die können noch nicht hier im Land hergestellt werden. Und das, obwohl
man früher in der Sowjetunion auch alleine zurecht kam und nicht besonders
auf Importprodukte angewiesen war. Übrigens nicht nur im medizinischen
Bereich, sondern auch in allen anderen. Durch Sanktionen und Embargos
lernten die Sowjets, lebenswichtige Dinge selbst zu produzieren, aber 35
Jahre nach dem Zusammenbruch der UdSSR hat die russische Industrie diese
Fähigkeit verloren. Und um sie wieder zu erlernen, braucht es mindestens 10
Jahre. Aber so viel Zeit hat Russland jetzt nicht.
Aus dem Russischen [4][Gaby Coldewey]
Finanziert wird das Projekt durch die [5][taz Panter Stiftung].
8 Apr 2022
## LINKS
[1] http://Wenn%20die%20Preise%20explodieren
[2] /Russische-Emigrationswelle/!5845824
[3] /Vom-Kriegsalltag-in-Tschernihiw/!5841335
[4] /Gaby-Coldewey/!a23976/
[5] /!p4550/
## AUTOREN
Boris Epchiev
## TAGS
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