| # taz.de -- Proteste gegen hohe Preise in Peru: Präsident verhängt Ausnahmezu… | |
| > Die teils gewaltsamen sozialen Proteste in Peru halten an, vier Menschen | |
| > kamen ums Leben. Präsident Castillo reagierte nun mit Restriktionen. | |
| Bild: Einsatz von Tränengas gegen Protestierende am Dienstag im Zentrum von Li… | |
| Buenos Aires taz | Am Dienstagmorgen glich Lima weitgehend einer | |
| Geisterstadt. Tags zuvor hatte Perus Präsident Pedro Castillo eine | |
| eintägige Ausgangssperre über die Hauptstadt und die angrenzende Hafenstadt | |
| Callao verhängt. Betroffen waren rund 10 Millionen Menschen. Zugleich hatte | |
| der sozialistische Präsident den Ausnahmezustand ausgerufen. | |
| Mit den Restriktionen hatte der Präsident auf die seit Tagen anhaltenden | |
| sozialen Proteste reagiert, die meist in heftigen Auseinandersetzungen | |
| zwischen Protestierenden und uniformierten Einsatzkräften eskalierten. | |
| Landesweit wurden bisher vier Todesopfer, darunter ein 13-jähriger Junge, | |
| sowie zahlreiche Verletze gemeldet. Während die Regierung von Opfern von | |
| Verkehrsunfällen sprach, machten die Protestierenden den überharten Einsatz | |
| der Polizei verantwortlich. | |
| „Der Protest ist ein verfassungsmäßiges Recht, aber er muss im Rahmen des | |
| Gesetzes erfolgen“, sagte Castillo und rief zu Ruhe und Gelassenheit auf, | |
| als er am Montag kurz vor Mitternacht überraschend Ausgangssperre und | |
| Ausnahmezustand verkündete. Derart unerwartet geschah das Ganze, dass viele | |
| Peruaner*innen bereits schliefen und erst am Dienstagmorgen davon | |
| erfuhren. | |
| ## SchülerInnen hart getroffen | |
| Ausgenommen von der Sperre waren lediglich die Beschäftigten der | |
| essentiellen Bereiche wie etwa des Gesundheitswesens, der Wasser- und | |
| Energieversorgung sowie den Fracht- und Warentransporten. Alle anderen | |
| mussten zu Hause bleiben. | |
| Besonders traumatisch war für die Schüler*innen, dass auch die Schulen | |
| geschlossen blieben. Denn erst vor zwei Wochen hatte der Präsenzunterricht | |
| wieder begonnen, der wegen der Corona-Pandemie ganze zwei Jahre ausgesetzt | |
| war. | |
| Während viele Bewohner*innen mit Kochtopfkonzerten aus Fenstern und auf | |
| Balkonen ihrer Empörung Luft machten, wurde in den sozialen Medien zu einen | |
| Marsch gegen den Präsidenten aufgerufen. | |
| Als sich am Nachmittag Tausende aufmachten, um ins Zentrum von Lima zu | |
| marschieren, gab Castillo das vorzeitige Ende der Ausgangsperre bekannt. | |
| Dennoch kam es auch hier zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen | |
| Demonstrierenden und Polizeieinheiten. | |
| Die Proteste hatten Anfang vergangener Woche in der Provinz Junín begonnen, | |
| rund 200 Kilometer östlich der Hauptstadt. Ausgerechnet in der politischen | |
| Hochburg des Präsidenten hatte die Transportarbeitergewerkschaft zu einem | |
| Streik gegen die steigenden Treibstoffpreise aufgerufen. | |
| ## Einigung mit Gewerkschaft dämmt Proteste nicht ein | |
| Und obwohl sich Gewerkschaft und Regierung auf eine befristete Preissenkung | |
| verständigten, breitete sich die Protestwelle rasch über mehrere Provinzen | |
| aus. Mit Streiks und Straßenblockaden richtete sich der Protest nun | |
| allgemein gegen die steigenden Lebenshaltungskosten und den | |
| Kaufkraftverlust der Einkommen. | |
| Um gegenzusteuern hatte Castillo am Sonntag per Dekret eine zehnprozentige | |
| Anhebung des Mindestlohns ab Mai auf umgerechnet 254 Euro angeordnet. Doch | |
| was als Eindämmung der Proteste gedacht war, kommt in Peru nur wenigen | |
| zugute. Der größte Teil der Wirtschaftsleistung wird im informellen Sektor | |
| erbracht. Arbeitsverträge und Mindestlöhne sind dort Wunschdenken. | |
| Am Montag blockierten Protestierende auch die großen Straßen in und um | |
| Lima, zugleich streikten auch hier die Transportarbeitenden. Es kam es zu | |
| Plünderungen von Geschäften. | |
| Nach [1][acht Monaten Amtszeit] steht der Präsident heftig unter Druck. | |
| Dass Perus Wirtschaftselite und politische Opposition dem 52-Jährigen | |
| jegliche Unterstützung verweigert, überrascht nicht. Bereits zweimal musste | |
| Castillo ein vom Kongress angestrengtes Amtsenthebungsverfahren überstehen. | |
| ## Castillos Amtsführung hat seine Anhängerschaft verprellt | |
| Doch seine wenig konsistente Amtsführung verstört inzwischen auch die | |
| eigene Anhängerschaft. Vier Kabinettsumbildungen und bereits drei | |
| [2][entlassene Ministerpräsidenten] zeugen davon. | |
| Auch deshalb schwindet Castillos Rückhalt in den Teilen der Gesellschaft, | |
| die ihn letztlich ins Amt gewählt haben. Knapp 70 Prozent der Bevölkerung | |
| missbilligen seine Amtsführung, so das Ergebnis der jüngsten [3][Umfrage | |
| des unabhängigen Instituto de Estudios Peruanos]. Sieben von zehn | |
| Peruaner*innen glauben nicht daran, dass Castillo seine fünfjährige | |
| Amtszeit als Präsident beenden wird. | |
| 6 Apr 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Linker-Praesident-in-Peru-vereidigt/!5790319 | |
| [2] /Perus-Ministerpraesident-Hector-Valer/!5833239 | |
| [3] https://iep.org.pe/noticias/iep-informe-de-opinion-marzo-2022/ | |
| ## AUTOREN | |
| Jürgen Vogt | |
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