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# taz.de -- True-Crime-Podcast „The Real Bierkönig“: „Aktenzeichen“ mi…
> Spotifys Podcast über Morde auf Mallorca ist unterhaltsam – für
> 90er-Jahre-Ballermann-Fans. Neue Erkenntnisse fehlen.
Bild: Ein Stück deutsche Geschichte auf Malle: der Bierkönig, hier 2010 nach …
Mallorca, ein dreifacher Mord, eine Papageienzucht, ein Koffer voller
D-Mark und der Ballermann. Darum dreht sich „The Real Bierkönig – Mord auf
Mallorca“. Am 12. November 1997 wurde der Gründer der mittlerweile kultigen
Freiluft-Großraum-Disko „Bierkönig“ an der Playa de Mallorca, Manfred
Meisel, zusammen mit seiner Tierpflegerin und seinem achtjährigen Sohn
ermordet in seiner Finca auf der Insel aufgefunden. Der Fall ist bis heute
ungelöst. Nach spanischem Recht ist der Mord sogar seit fünf Jahren
verjährt. Eine attraktive Ausgangslage für die Journalisten Marcus Engert
und Phil Jahner, die zwei Jahre lang für den Podcast recherchiert haben.
Heraus kam ein investigativer True-Crime-Podcast, in dem die Reporter das
Investigative fast mehr feiern als den [1][True-Crime-Inhalt]. Der von
vorneherein einfach reißerisch werden musste. Als Hörer:in braucht man
dafür Hang zu Sensationalismus und eine gewisse
Mallorca-Tourismus-Boom-Nostalgie, denn neue Enthüllungen bleiben aus.
Dafür schaffen es Engert und Jahner, eine Welt und eine Zeit wieder
aufleben zu lassen, in der „Malle“ geboren wurde. Das catchy Setting weckt
sicher Nostalgie und Urlaubsvibes beim deutschen Publikum. Sowohl bei
denen, die die Bier- und die Schinkenstraße und ihre Lokale an der Playa
selbst erfahren haben, als auch bei denen, die sie nur aus Erzählungen
kennen. Das ist unterhaltsam, obwohl man ein Blutbad aufklären will, zum
Teil auch lehrreich.
Der Podcast versucht ernsthaft vorzugehen: Es kommt sogar ein Soziologe zu
Wort, der sich mit dem „Phänomen Mallorca“ befasst. Kritik am die Insel
ausbeutenden Tourismus lässt der Podcast allerdings meistens aus.
Stattdessen werden Zitate eingespielt, in denen Menschen sagen, wie
unkompliziert es sei, dass man auf Mallorca einfach mal ausgelassen feiern
könne, ohne seinen Ruf zu verlieren. Und wie schwer es die
Mallorquiner:innen deutschen Geschäftsleuten gemacht hätten, dort in
den 90ern.
## Olé, olé, Malle!
Bierkönig-Gründer Meisel ist einer dieser Geschäftsleute. Der Podcast nennt
ihn „eine Legende“, einen „Mann, der die Kulturgeschichte einer ganzen
Insel umgeschrieben hat“. Diesem Narrativ folgten Engert und Jahner auf
ihrer Recherche-Reise. Eine Mischung aus Voyeurismus und Sensationsgeilheit
lockt die beiden auf die Insel, die bis heute Kultstatus in Deutschland
genießt, die das 17. Bundesland ist, der Ort, der nur einmal im Jahr ist:
Olé, olé, Malle! Der Bierkönig hat dieses Bild entscheidend mitgeprägt.
Den Mord an ihm erklärt ein Frankfurter Kneipenbesitzer und Bekannter von
Meisel so: „Da unten gibt’s halt ’ne Mafia, hier gibt’s keine Mafia.“…
zwei Reporter lassen das so stehen. Ein weiteres mögliches Mordmotiv auf
der langen Liste von Spekulationen und Theorien. Denn das bietet der
Podcast auf jeden Fall: die Möglichkeit für richtig viele Spekulationen und
keine Auflösung.
Zusammen mit den Reportern klammert man sich an alle möglichen Spuren, die
eventuell übersehen worden sind. Möglichst spannend und mit dramatischer
Musik, immer wenn sich ein „krasser“ Hinweis andeutet. Immer in der
Hoffnung, auch Hinweise, Anrufe und Tipps vonseiten der Hörer:innen zu
bekommen. Eine Art ausführliches „Aktenzeichen XY“ mit Karneval-Vibes am
Strand der 90er.
Dabei soll auch wirklich jede:r gefunden und ausgefragt werden, der auch
nur irgendetwas mit dem Fall oder Meisel selbst zu tun haben könnte. So
kommt sogar ein spirituelles Medium ins Spiel: eine Frau, die anlässlich
eines RTL-Formats Jahre später durch den Tatort geführt worden war. Was das
wohl mit ihr gemacht hat?
Am Ende lernt mal viel über [2][Ballermann-Mallorca], die Deutschen dort
(über die Einheimischen eher weniger) und Engerts und Jahners Emotionen und
Reaktionen zum Mordfall. Außerdem bestätigt er, dass ein jahrzehntealter
Mord nicht einfach so zu klären ist. Und dass immer noch die eine Hoffnung
bleibt: dass sich irgendwann der Mörder selbst meldet, weil er am Ende
seiner Tage die Tat bereut.
25 Apr 2022
## LINKS
[1] /Boom-des-Genres-True-Crime/!5762226
[2] /Die-steile-These/!5695254
## AUTOREN
Ruth Lang Fuentes
## TAGS
True Crime
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