# taz.de -- Erinnerung an Afrikaner*innen in Berlin: Ingenieur, Performer, Komm… | |
> Joseph Ekwe Bilé aus Kamerun gehörte zu den schärfsten Kritikern des | |
> Kolonialismus. Ab dem 21. April erinnert eine Berliner Gedenktafel an | |
> ihn. | |
Bild: So sah es zur Zeit von Joseph Ekwe Bilé aus: Die Bülowstraße vor über… | |
BERLIN taz | Es ist die dritte von etwa 450 Berliner Gedenktafeln für einen | |
Menschen aus der afrikanischen Community in Berlin. Sie wird am 21. April | |
um 16 Uhr von der Berliner Senatsverwaltung für Kultur, dem Verein Berlin | |
Postkolonial und dem Projekt Erinnerungskultur am Haus der Bülowstraße 39 | |
in Schöneberg enthüllt. In diesem Haus lebte im Jahr 1929 der in Kamerun | |
geborene studierte Bauingenieur, Sänger, Tänzer und Schauspieler, Aktivist, | |
Kommunist und spätere Architekt Joseph Ekwe Bilé (1892–1959). | |
Joseph Ekwe Bilé war eine*r von etwa 250 bis 500 schwarzen Bürger*innen, | |
die in den 1920er Jahren in Berlin lebten. [1][Der britische Historiker | |
Robbie Aitken], der über Bilés Leben geforscht hat und bei der Enthüllung | |
sprechen wird, hat herausgefunden: Wie die meisten Afrikaner*innen in | |
Berlin stammte auch Bilé aus einer einflussreichen Familie in Kamerun, die | |
ihre Kinder vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges zur Ausbildung ins deutsche | |
Kaiserreich geschickt hatte. Bilé wurde von 1912 bis 1914 in Thüringen zum | |
Bauingenieur ausgebildet. | |
Doch bei Kriegsausbruch saß Bilé in Deutschland fest. Er war zunächst | |
Soldat und jobbte dann als Performer im damaligen Ostpreußen, in Wien und | |
Berlin. Doch er politisierte sich rasch: Bilé gehörte zu den Männern um | |
Martin Dibobe, dem die erste Berliner Gedenktafel für einen schwarzen | |
Menschen in Berlin gewidmet ist und der 1919 eine Petition an die | |
Nationalversammlung für die Gleichstellung von Afrikaner*innen und | |
Deutschen geschrieben hat. | |
Im September 1929, als Bilé in der Bülowstraße mit der Berlinerin Helene | |
Lück und ihrer gemeinsamen Tochter Gertrud lebte, gründete er eine deutlich | |
radikalere, kommunistisch finanzierte deutsche Sektion der Pariser | |
antikolonialen Vereinigung Ligue de Défense de la Race Négro. Außerdem | |
wurde er Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands. Bei zahlreichen | |
Großdemonstrationen trat er als einflussreicher Redner auf, kritisierte die | |
[2][deutsche Kolonialherrschaft in Kamerun], die „Verwaltung“ seines Landes | |
durch Großbritannien und Frankreich, die anhaltende Sehnsucht vieler | |
Deutscher, die alten Kolonien zurückzugewinnen – aber auch den Missbrauch | |
und die Misshandlung afrikanischer Menschen weltweit. | |
1932 verließ Joseph Ekwe Bilé die Stadt, um in Moskau an der | |
Kommunistischen Universität des Ostens zu studieren. Er kam nie wieder nach | |
Berlin zurück. 1934 ging er nach Frankreich. Erst als er sich vom | |
Kommunismus distanzierte, konnte er 1935 nach 23 Jahren nach Kamerun | |
zurückkehren. Dort arbeitete er als Architekt, gründete eine neue Familie | |
und starb 1959 – ein Jahr vor der Unabhängigkeit des Landes. | |
21 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
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