# taz.de -- Gewalt gegen Migranten in Südafrika: Angst vor „Operation Dudula… | |
> Eine Gewaltkampagne gegen afrikanische Migranten in Südafrikas Townships | |
> breitet sich rasant aus. Derweil verschärft sich die Wirtschaftskrise. | |
Bild: Johannesburg am 19. Februar: Demonstration der „Operation Dudula“ in … | |
JOHANNESBURG taz | Arbeitslosigkeit auf Rekordniveau, zunehmende | |
Aufsässigkeit der Jugend gegen die Regierung und eine Gewaltkampagne gegen | |
Ausländer: Südafrika ähnelt in diesen Wochen einer tickenden Zeitbombe. | |
Vor wenigen Wochen wurden die [1][Arbeitslosenzahlen für das vierte Quartal | |
2021] bekannt: 7,9 Millionen – 278.000 mehr als im Vorquartal – und in dem | |
Land mit knapp 60 Millionen Einwohnern eine Arbeitslosenquote von 35,3 | |
Prozent, ein Rekord. Das liegt nicht nur an der schweren Wirtschaftskrise | |
infolge der Covid-19-Pandemie, sagt Analyst Daniel Silke. „Es ist Zeit, das | |
Scheitern der aktuellen Wirtschaftspolitik anzuerkennen und diejenigen zu | |
entfernen, die im Weg stehen“, sagte er. | |
Auf der Straße klingt das krasser. „Wenn wir den ANC [den regierenden | |
Afrikanische Nationalkongress] und die illegalen Ausländer | |
rausschmeißen, gibt es für unsere Leute Arbeit“, sagt ein Aktivist der | |
neuen ausländerfeindlichen Kampagne „Operation Dudula“, die sich wie | |
Buschfeuer aus dem Großraum Johannesburg nach Natal um Durban und sogar | |
Westkap um Kapstadt ausgedehnt hat. | |
Dudula bedeutet wegschieben in der Zulusprache, es begann im Johannesburger | |
Township Soweto als Kampagne gegen illegal eingereiste afrikanische | |
Migranten, die dort Geschäfte machen. Die Kampagne nährt sich aus einem | |
verbreiteten Gefühl, dass einheimische Südafrikaner durch die | |
Benachteiligung in der Apartheid-Ära heute noch weniger Chancen hätten als | |
afrikanische Migranten, die den Einheimischen Jobs und Sozialleistungen | |
wegnähmen. | |
## Gewalt gegen ausländische Kleinhändler | |
[2][Nhlanhla Mohlauli], Anführer der Operation Dudula, wurde am Montag | |
vergangener Woche von einem Gericht in Roodeport bei Johannesburg gegen | |
eine Kaution von 1.500 Rand (94 Euro) aus der Untersuchungshaft entlassen. | |
Die Polizei wirft ihm Einbruch, Diebstahl und Sachbeschädigung im Rahmen | |
seiner „Operation“ vor. Er hatte Dudula-Aktivisten beim Sturm auf das Haus | |
von Victor Ramerafe angeführt – einem Unterstützer der | |
linksoppositionellen [3][EFF (Economic Freedom Fighters)] in Soweto, dem | |
er vorwarf, in seinem Haus Drogenhandel zu betreiben. | |
Nun beharken sich Dudula-Führer Mohlauli und EFF-Chef Julius Malema, die | |
zwei lautstarksten Politiker Südafrikas, wenn es um Jugend- und | |
Migrationsthemen geht. Der 35-jährige Mohlauli ist ein ausgebildeter Pilot, | |
der gerne in Militärkleidung auftritt, Einwanderern den Krieg erklärt und | |
sagt, er sei bereit, für seine Überzeugungen zu sterben. Der 41-jährige | |
Malema läuft Sturm gegen Korruption beim ANC und fordert zugleich ein | |
geeintes Afrika ohne Grenzen. | |
In der Provinz Gauteng rund um Johannesburg, Epizentrum von Dudula, sind | |
Aktivisten längst dabei, ausländische Kleinhändler gewaltsam von ihren | |
Verkaufsständen zu verjagen. Sie haben auch Ausländer aus einem angeblich | |
besetzten Haus werfen wollen. Die Innenstadt von Johannesburg und | |
angrenzende Viertel wie Hillbrow haben den höchsten Ausländeranteil in ganz | |
Südafrika. | |
Vor einer Woche breiteten sich die Spannungen in die Stadt Bredasdorp in | |
Westkap aus – zwei Wochen nachdem Einwanderer aus Simbabwe und Lesotho, die | |
in Westkap um Saisonarbeit konkurrieren, bereits aneinandergeraten waren. | |
Eine Demonstration für bessere öffentliche Dienstleistungen degenerierte in | |
ausländerfeindliche Gewalt: Militante brachen in Häuser ein, demolierten | |
Kioske und stahlen Waren. | |
## Wiederholen sich bald die Unruhen von 2021? | |
In der Provinz KwaZulu-Natal hat die Polizei vorerst Aktivitäten der | |
Operation Dudula verhindert – die Provinz war im Juli 2021 Epizentrum der | |
massiven [4][Plünderungen und Gewalt], die sich ausbreiteten, als | |
Kriminelle Protestaufrufe von Anhängern des Ex-Präsidenten Jacob Zuma gegen | |
dessen Verhaftung ausnutzten und am Ende über 300 Menschen starben. | |
Erneute Unruhen hier sind ein Angstszenario. „Wenn ich im Fernsehen Dudula | |
in anderen Provinzen sehe, kann ich kein Risiko mehr eingehen. Ich schließe | |
mein Geschäft, bis ich eine Zusicherung erhalte, dass Dudula endet“, sagt | |
der Sambier Tennyson Jere, der in der Millionenstadt Durban ein | |
Handyreparaturgeschäft betreibt. | |
Die rechtsoppositionelle DA (Democratic Alliance) warnt, eine Fortsetzung | |
der Dudula-Übergriffe würde Südafrika in eine ähnliche Gewaltspirale | |
treiben wie im Juli. „Wir verstehen den Frust unter marginalisierten | |
Gemeinschaften, aber wir glauben nicht, dass Xenophobie und Gewalt dagegen | |
das geeignete Mittel sind“, sagte DA-Schatteninnenministerin Angel | |
Khanyile. Sie warnte vor Kleinparteien wie Action SA und Patriotic | |
Alliance, die die sogenannte Afrophobie anfeuern. | |
Südafrikas nächste Wahlen 2024 werfen bereits ihre Schatten voraus, und | |
dieses Jahr bereits hält der regierende ANC seinen Wahlparteitag ab, der | |
über die Kandidaturen entscheidet. Kritiker werfen Staatspräsident Cyril | |
Ramaphosa vor, sich vorrangig dem Zusammenhalt des ANC zu widmen statt dem | |
Zusammenhalt Südafrikas. | |
6 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.dailymaverick.co.za/article/2022-03-29-south-african-unemployme… | |
[2] https://www.sowetanlive.co.za/news/2022-03-28-watch-operation-dudula-leader… | |
[3] https://effonline.org/ | |
[4] /Unruhen-in-Suedafrika/!5781485 | |
## AUTOREN | |
Savious Kwinika | |
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