| # taz.de -- Unruhen in Südafrika: Dirigierte Krawalle | |
| > Hinter den Unruhen in Südafrika steht ein organisiertes Netzwerk | |
| > krimineller Zuma-Anhänger*innen. Die Regierung hat es unterschätzt. | |
| Bild: Pause im Kampf gegen Plünderungen: Soldaten in Südafrika wärmen sich a… | |
| Amsterdam taz Allmählich lichtet sich der Rauch in Südafrika. Nicht weil | |
| Frieden eingekehrt wäre, sondern weil die meisten Läden und Shoppingmalls | |
| leer geplündert sind. In der gesamten Provinz KwaZulu-Natal (KZN) gibt es | |
| noch ein Einkaufszentrum, das nicht geschlossen ist. Vor den Türen bildeten | |
| die Menschen Warteschlangen in der Hoffnung, doch noch einkaufen zu können | |
| – „so wie früher“, sagt Lwanda Khanya, 75, eine Frau mit einer leeren | |
| Tasche unterm Arm. | |
| Jetzt wird auch sichtbar, was alles schiefgelaufen ist seit dem 8. Juli, | |
| [1][als Ex-Präsident Jacob Zuma doch noch in letzter Minute freiwillig | |
| seine Haftstrafe wegen Missachtung der Justiz antrat], und warum seitdem | |
| vor allem zwei der neun Provinzen Südafrikas, KZN und Gauteng, im Chaos | |
| versinken. | |
| Zuerst: Südafrikas Regierung unter Präsident Cyril Ramaphosa einschließlich | |
| des Polizeiministers Bheki Cele hat das Netzwerk von gut organisierten | |
| Zuma-Anhänger*innen in diesen zwei Provinzen unterschätzt. Zwar beteiligten | |
| sich auch arme Menschen an den Plünderungen, die sich nicht für Zuma | |
| interessieren, sondern wohl schlicht Hunger hatten und die Chance nicht | |
| verstreichen ließen, sich satt essen zu können. Dies ging aber nur, weil | |
| die Rahmenbedingungen von jenem kriminellen Netzwerk geschaffen wurden. | |
| Nur so ist zu erklären, dass es in anderen Provinzen nicht zu derartigen | |
| Krawallen kam, etwa in Ostkap, der ärmsten Provinz Südafrikas. Hier hatten | |
| sich Kleinbusbesitzer zusammengetan, um erste Plünderungsversuche mit ihrer | |
| Präsenz vor Läden zu verhindern. | |
| „Dieses chaotische Klauen schädigt am Ende uns Arme am meisten“, erklärte | |
| Moses Mongameli, 40, mit einem Knüppel in der Hand gegenüber der taz. „Die | |
| Polizei schafft das hier nie allein.“ Südafrikas Polizei – nicht nur in KZN | |
| und Gauteng – ist schecht ausgebildet und bezahlt. In Durban, der größten | |
| Stadt in KZN, wurden sechs Beamte festgenommen, die sich in einem | |
| Einkaufszentrum ebenfalls eindeckten. | |
| Bis 2018 konnten sich kriminelle Kreise über den damaligen Präsidenten Zuma | |
| direkt über staatliche „Aufträge“ bedienen. Doch nachdem Ramaphosa schwor, | |
| dieser Korruption ein Ende zu bereiten, mussten viele untertauchen und über | |
| Alternativen nachdenken. | |
| ## Lkw-Blockaden | |
| Die „Volkskampagne“ #FreeJacobZuma kommt indes weder vom „Volk“, noch i… | |
| sie gekoppelt an die ethnische Gruppe der Zulus, der auch Zuma angehört – | |
| auch wenn dies manche Agitator*innen glauben machen wollen. Sie hoffen | |
| darauf, schon zu Apartheidzeiten missbrauchte Spannungen zwischen Zulus und | |
| der zweitgrößten Gruppe der Xhosa wiederbeleben zu können. | |
| Besonders infam war ein Aufruf des Radiokommentators Ngizwe Mchunu, der | |
| drohte, dass, wenn Zuma nicht „innerhalb von drei Tagen frei ist, die Hölle | |
| losbrechen“ würde. Oder auch ein 11-Sekunden-Video, das Zumas Tochter | |
| postete, in dem auf ein Wahlplakat Ramaphosas geschossen wird. | |
| Strategisch wichtiger für die Zuma-Anhänger*innen war indes die Sperrung | |
| großer Zufahrtsstraßen nach KZN und nach Johannesburg. Insgesamt 35 | |
| Lastwagen wurden angehalten, in eine blockierende Position gebracht und in | |
| Brand gesteckt. Die Fahrer wurden verjagt oder auch verprügelt, wenn es | |
| sich um „Ausländer“ handelte. | |
| Dies war nicht das Werk hungernder Menschen, sondern jenes Netzwerks von | |
| Zuma-Anhänger*innen, die ihre Stunde gekommen sahen. „Ihr könnt den Staat | |
| regieren, wir regieren die Straße“, sagte einer von ihnen im Radio, der | |
| nicht namentlich genannt werden wollte. | |
| 15 Jul 2021 | |
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| Lutz van Dijk | |
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