# taz.de -- Nach der Gewalt in Südafrika: Aufräumen und zittern | |
> In Südafrika kehrt wieder Normalität ein. Doch in Namibia wappnen sich | |
> Sicherheitsbehörden gegen mögliche Nachahmer. | |
Bild: Durban am 15. Juli: Ein Freiwilliger beseitigt die Spuren der Zerstörung… | |
WINDHOEAK/DURBAN taz | In Namibia sind die Behörden in höchster Besorgnis: | |
Im Nachgang der [1][Unruhen in Südafrika] vergangene Woche zirkulieren nun | |
Drohungen mit Gewalt und Plünderungen auch in den sozialen Medien des | |
Nachbarlandes. | |
Namibias Armee ist in Alarmbereitschaft versetzt worden, und die Polizei | |
hat ihre Überwachung von Einkaufszentren ausgeweitet. Bis Montag wurden | |
vier Menschen wegen der Drohungen auf sozialen Medien von der Polizei | |
vorgeladen und befragt. „Sie wurden nicht festgenommen, es sind Personen | |
von Interesse“, sagte der stellvertretender Polizeichef Joseph Shikongo. | |
Ismael Basson, Polizeikommissar der zentralnamibischen Region Khomas, wurde | |
in Berichten mit der Aussage zitiert, man nehme solche Drohungen sehr | |
ernst. Khomas ist die Region um die Hauptstadt Windhoek und durch sie | |
verlaufen fast alle Fernverkehrsrouten des Landes. | |
In den Einkaufszentren Maerua und Grove in der namibischen Hauptstadt | |
Windhoek wurde die Polizeipräsenz verstärkt, zuweilen knattern Hubschrauber | |
über den Malls. Solche Einkaufspassagen waren [2][in Südafrika Hauptziel | |
der gewaltsamen Plünderungen] geworden, die nach dem [3][Haftantritt des | |
dortigen Expräsidenten Jacob Zuma] ausgebrochen waren. Die Gewalt in | |
Südafrika erwies sich als vorgeplant, und so fürchtet man in Namibia nun | |
ähnliche Planungen. | |
## Gewalt behindert Sauerstofflieferung | |
„Als Regierung müssen wir zugeben, dass wir auf eine orchestrierte Kampagne | |
öffentlicher Gewalt, Zerstörung und Sabotage dieser Art schlecht | |
vorbereitet waren“, hatte Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa am | |
vergangenen Freitag gesagt. „Wir hatten nicht die Kapazitäten und Pläne | |
bereit, um rasch und entschieden zu reagieren.“ Dieses Versäumnis soll sich | |
in Namibia nicht wiederholen. Präsident Hage Geingob hat sein Bedauern über | |
die Auswirkungen der Zerstörungen in Südafrika ausgedrückt und damit | |
indirekt klar gemacht, er stünde bereit. | |
Die Gewalt in Südafrika hat auch direkte Auswirkungen auf Namibia gehabt. | |
So wurden medizinische Sauerstofflieferungen beeinträchtigt, ein schwerer | |
Rückschlag für den ohnehin schwierigen Kampf gegen die [4][aktuelle | |
Covid-19-Welle in Namibia]. Straßenblockaden in Südafrika hielten auch | |
andere Lastwagenlieferungen in das Nachbarland tagelang auf. Südafrika ist | |
Namibias wichtigster Handelspartner und von dort kommen die meisten | |
essenziellen Importgüter. | |
## Hoffnung auf Rekordernte | |
In Südafrika selbst kehrt nach den schweren Unruhen mit 212 Toten und | |
Schäden in Milliardenhöhe allmählich die Normalität zurück. Die | |
Lebensmittelindustrie beliefert den Handel wieder, geschlossene Autobahnen | |
sind wieder frei und im strategischen Hafen Durban wird wieder gearbeitet. | |
„Im Vergleich mit der düsteren Lage vor wenigen Tagen gibt es erheblichen | |
Fortschritt“, erklären gemeinsam Wandile Sihlobo und Sidiso Ntombela, die | |
Chefökonomen der südafrikanischen Agrarhandelskammer Agbiz und des | |
Nationalen Landwirtschaftsrates NAMC. Die Gewalt habe zwar Befürchtungen | |
über Nahrungsmittelknappheit genährt, die seien jetzt aber vorbei. | |
Südafrika fährt dieses Jahr die zweitgrößte Maisernte seiner Geschichte | |
ein, mit über 16 Millionen Tonnen. Das Aufheben der Sperrungen der | |
Autobahnen N2 und N3, die vom Hafen Durban aus die Küste entlang | |
beziehungsweise in Richtung der größten südafrikanischen Stadt Johannesburg | |
führen, macht es jetzt wieder möglich, diese Ware problemlos zu | |
transportieren. | |
„Es hat sich gezeigt, dass es Ergebnisse bringt, wenn Industrie und | |
Regierung zusammenarbeiten“, so die Ökonomen. Allerdings bestünden | |
Sicherheitsrisiken in der Provinz KwaZulu/Natal – Heimatprovinz des | |
Expräsidenten Jacob Zuma – rund um Durban. „In diesem Gebiet müssen | |
Regierung, Wirtschaft und Sozialpartner sich weiter engagieren, um | |
Normalität herzustellen.“ | |
## Aufräumen mit dem „Ubuntu“-Geist | |
Sorge bereitet unter anderem, dass bei den Unruhen auch über 30 Schulen | |
zerstört wurden. Südafrikas Kinder seien ohnehin besonders stark von den | |
[5][Auswirkungen der Covid-19-Pandemie] betroffen, warnt das Hilfswerk | |
„Save the Children“, mit 750.000 Kindern ohne Schulunterricht: 1.718 | |
Schulen seien geschlossen, weil sie während der Lockdowns Vandalismus | |
ausgesetzt waren. Nun kämen noch mehr dazu. | |
Die Ökonomin Siobhan Redford betont, dass nun vor allem die | |
Covid-19-Impfprogramme in KwaZulu/Natal wieder aufgenommen werden müssen. | |
Sie setzt auf Südafrikas Gemeinschaftssinn „Ubuntu“, mit dem am vergangenen | |
Wochenende [6][kollektive Aufräumaktionen] betrieben wurden: „Sicherlich | |
haben diejenigen, die ihre zerstörten Geschäfte, Häuser und Schulen | |
wiederaufbauen müssen, noch einen langen Weg vor sich, aber hoffentlich | |
kann der Ubuntu-Geist, der jetzt Südafrika ergriffen hat, genug Schubkraft | |
erzeugen.“ | |
20 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Alfred Shilongo | |
Njabulo Buthelezi | |
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