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# taz.de -- Schachszenen aus Berlin: Doppelbelastung am Brett
> Der US-amerikanische Großmeister Hikaru Nakamura gewinnt
> Schach-Grandprix-Serie. Zudem kommentiert er Duelle seiner Konkurrenten.
Bild: Schachgroßmeister Hiakro Nakamura, hier in einer Aufnahme vom Dezember 2…
Nach zwei Wochen ging am Montag der dritte Teil des Fide-Chess-Grandprix in
Berlin zu Ende. Der Grandprix ist ein dreiteiliges Turnier, an dem
insgesamt 24 Schachgroßmeister um Preisgelder (zwischen 24.000 Euro und
5.000 Euro) und vor allem um die zwei noch zu vergebenden Plätze für das
Kandidatenturnier im Sommer konkurrieren, bei dem acht Schachgroßmeister
den Herausforderer für die WM unter sich ausmachen.
Den ersten Berliner Teil des Turniers hatte überraschend der
[1][amerikanische Großmeister Hikaru Nakamura] gewonnen, der oft damit
kokettiert, dass er ja in erster Linie [2][Twitch-Streamer] (mit 1,2
Millionen Followern) sei. Fünf russische Schachathleten mussten unter der
Fide-Fahne spielen. 44 der besten Schachspieler des Landes hatten schon
früh in einem offenen Brief an Putin appelliert, den Krieg sofort zu
beenden.
Schachstreamer wie vor allem Nakamura hatten mir durch die Pandemie
geholfen, so schaute ich mir das Turnier leicht parteiisch jeden Tag ab 15
Uhr in den Streams von Nakamura und der Veranstaltungsfirma Worldchess an,
wo ModeratorInnenpärchen aus unterschiedlichen Weltgegenden die einzelnen
Partien kommentierten und die Spieler interviewten.
Wesley So, der aus den Philippinen stammende amtierende US-Champion,
spielte in der Vorrunde mit blauem Jackett und gelbem T-Shirt. Nakamura
hatte zweimal gewonnen, als er gewinnen musste. Anders als noch vor einem
Jahr, war er in Bedrängnis nicht mehr in Panik geraten, hatte Partien, die
in der Eröffnungsphase schon verloren schienen, noch gerettet. Sein größter
Rivale um die zwei freien Plätze beim Kandidatenturnier, der seit einem
halben Jahr für den US-Schachverband spielende Levon Aronian, hatte sich
vielleicht schon zu sicher gefühlt.
## Sechs Wochen im Hotel
Nakamura war schlecht gestartet, fing sich wieder, während Aronian die
Nerven verlor. Mit dem Gruppensieg hat Nakamura genug Punkte für die
Qualifikation zum Kandidatenturnier gesammelt; das große Ziel ist also
erreicht.
Am Tag nach seinem Triumph streamt er aus seinem Berliner Hotelzimmer und
kommentiert den Tiebreak [3][zwischen Vincent Keymer] – der einzige
deutsche Teilnehmer war mit 17 der jüngste im Teilnehmerfeld – und
Shakhriyar Marmedyarovd, dem Weltranglisten-Siebten. Keymer hat bis dahin
ein gutes Turnier gespielt, verliert aber schließlich gegen den Großmeister
aus Aserbaidschan.
Nakamura erklärt die Züge, beantwortet Fragen aus dem Chat und begrüßt neue
Subscriber mit Namen. Der Vorhang ist zugezogen. Er sagt, Berlin sei schon
jetzt seine Lieblingsstadt und Deutschland one of my favorite places und
dass er am Morgen drei Filme in seinem Hotelzimmer geguckt habe. Im
Hintergrund singt David Bowie „All the Young Dudes“. Zusammengerechnet war
er sechs Wochen in der Stadt, ohne etwas gesehen zu haben. Vermutlich geht
es den meisten Spitzensportlern so. Um fokussiert zu sein, muss man sich in
den Tunnel begeben; zu viel Information von draußen behindert die
Konzentration.
Das Finale dauert drei Tage und ist ein bisschen enttäuschend. Wesley So
gewinnt schließlich verdient in der ersten Verlängerung. Die beiden
Schachgroßmeister entschuldigen sich mit Erschöpfung bei den Zuschauenden.
Wesley hatte keinen, Nakamura, der Gesamtsieger des Grandprix, nur einen
Ruhetag in den letzten zwei Wochen.
5 Apr 2022
## LINKS
[1] /Dortmunder-Schachtage/!5115174
[2] https://www.twitch.tv/gmhikaru?lang=de
[3] /Junges-Talent-gewinnt-bei-Schachturnier/!5493293
## AUTOREN
Detlef Kuhlbrodt
## TAGS
Schach
Berlin
USA
Kolumne Alles, nur kein Fußball
Schach-WM
Werder Bremen
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schach
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