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# taz.de -- Alternative zum WM-Gucken: Schach und ich
> Für diejenigen, die die WM boykottieren, probiert die taz-Alternativen
> aus. Heute versucht sich unsere Autorin im königlichen Spiel.
Bild: Schach muss nicht immer Scheitern bedeuten
Ich gucke heutzutage praktisch keine Serien mehr, weil, weiß auch nicht.
Vielleicht weil ich in der wenigen Zeit, wo mal nix ist, lieber in die Luft
gucke oder anderweitig der Muße fröne. Deshalb ging auch 2020 der weltweite
Erfolg der schachlastigen Netflix-Miniserie [1][„Das Damengambit“] komplett
an mir vorbei.
So komplett vorbei, dass ich kräftig nachdenken muss, als mich Detlef
Kuhlbrodt, kurz K., fragt, ob ich mich wegen „Damengambit“ heute mit ihm
treffe. „Nö“, sage ich schließlich, „irgendwie schon mal gehört davon,
aber, nö.“ Ich wolle einfach so Schachspielen von ihm lernen.
Des Weiteren muss man wissen, dass ich K. schon lange tief drinnen
bewundere, wie er an vielen Werktagen in der Kantine unserer kleinen
Zeitung ein Schachbrett ausbreitet und dort manchmal gegen sich selbst,
manchmal gegen andere spielt, versunken und stundenlang.
Wir sitzen also genau dort, draußen ist es bereits um kurz nach 15 Uhr
praktisch dunkel, in meinem Hirn sowieso, weil, ich bin nervös. Dass
[2][der legendäre taz- und Suhrkamp-Autor K.] überhaupt einwilligt, mir
eine Lektion im Schach zu erteilen, verunsichert mich. Hatte ich ihm doch
zuvor mehrfach versichert, dass ich schlicht keinen blassen Schimmer hätte
von dieser „Königsdisziplin“.
## Ludische Demenz
Jenes Attribut klebt am Schach wie nix Gutes, dabei soll es wirklich ein
faszinierendes Spiel sein. Wenn man die Regeln memorieren kann, und da, ich
gestehe es, da hapert es bei mir.
Nicht nur beim Schach, auch bei anderen Spielen, ob dödelige Glücks- oder
smarte Logikgedächtnisantizipationsstrategietaktikspiele (siehe Schach):
Mein Hirn schaltet dann nicht selten auf ludische Demenz, auf Kraut und
Rüben, es ist ein Elend.
Sobald ein Spiel mehr als vier, fünf Regeln hat, bin ich blank, bin ich
geliefert, ziehen reihenweise Kombattanten siegreich an mir vorbei. Und
noch schlimmer, denn ich bin, wage ich zu behaupten, eine gute Verliererin:
Die anderen sind natürlich pfeilgerade genervt von mir lernresistenten
Spielverderberin.
K. verneint an unserem Tisch leise, genervt von mir zu sein, ich bin
gerührt. Das Regelwerk setzt mich trotzdem weiter schachmatt. Rochade?
Remis? „Äh, ja, was mache ich jetzt mit dem Turm noch mal?“ – „Nein, d…
Springer zieht nicht diagonal. Überleg mal, was macht der Springer?“ K. hat
unendlich Geduld mit mir. Auf Französisch heißt Schach „jeu d’échecs“ …
„échec“ meint nicht nur die Situation „Schach“, sondern auch das Schei…
Fühle mich in die Richtung. K. kramt aus seiner Tasche ein Schachspiel,
„schenk ich dir, hab ja schon eins“. Ich werde es immer in Ehren halten.
6 Dec 2022
## LINKS
[1] /Netflix-Serie-ueber-Schachgenie/!5722650
[2] /Schachszenen-aus-Berlin/!5843397
## AUTOREN
Harriet Wolff
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