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# taz.de -- Ende der Coronamaßnahmen: Achtung, es wird unübersichtlich
> Wo die Gesundheitsversorgung regional bedroht ist, darf verschärft
> werden. Das Hotspot-Chaos ist damit programmiert.
Bild: Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister und Mahner im Gegenlicht
Spätestens ab 3. April, und der ist bekanntermaßen schon sehr bald, wird
jetzt wirklich alles anders: [1][Das Ende fast aller Corona-Maßnahmen]
kommt. Mindestens ein bisschen. Mancherorts. Vielleicht. Ganz klar ist das
noch nicht beziehungsweise muss noch entschieden wird. Und egal was da
entschieden wird, geklagt werden soll auch wieder. Es ist ein Chaos. Das
Hotspot-Chaos. Und das ist mindestens psychologisch gesehen ganz schlecht.
Dem [2][seit 20. März geänderten Infektionsschutzgesetz] entsprechend
fallen nach einer Übergangsfrist von 14 Tagen fast alle Maßnahmen zum
Schutz gegen Corona-Infektionen, es gilt nur noch ein sogenannter
Basisschutz. Das heißt, keine Maskenpflicht mehr außer im Personenverkehr
und in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen etc. Auch die verpflichtenden
Zugangsbeschränkungen durch Tests und Impfnachweise fallen fast überall
weg. So weit, so klar. Aber: Wenn die Gesundheitsversorgung regional
bedroht ist, dann darf und soll die örtliche Regierung dort weitergehende
Maßnahmen beschließen. [3][So ein Hotspot kann eine Stadt sein], ein
Landkreis oder auch ein ganzes Bundesland.
Und so kann es eben sein, dass Sie nächste Woche von einem Bundesland in
ein anderes fahren, sagen wir mal von Niedersachsen (nix da mit Hotspot)
nach Mecklenburg-Vorpommern (das ganze Bundesland wird zum Hotspot). Und
dass sie hoffen müssen, dass Sie die Maske, die Sie in Niedersachsen quasi
nicht mehr brauchten, noch in der Tasche haben. Weil in MV ist sie ja
wieder vonnöten, auch beim Einkaufen. Und in den Hafenklub dürfen Sie auch
nur, wenn Sie geimpft sind. Und wenn Sie dann nach Berlin weiterfahren … Da
beschloss der Senat am Dienstag trotz großer Bedenken, dass bereits ab 1.
April nur noch der Basisschutz gilt. Also Masken wieder runter. In Hamburg
wird das Landesparlament am Mittwoch abstimmen, hier soll wiederum die
Hotspotregelung gelten.
## Die einen und die anderen
Die einen – Städte- und Gemeindebund, Oppositionspolitiker:innen,
Landeschef:innen – meckern, dass es keine klareren und vor allem
rechtssicheren Regelungen vom Bund gibt, was denn nun ein Hotspot ist.
Die anderen – wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach – sagen, dass die
Länder mal einen Zahn zulegen sollen, sich als Hotspots zu erklären, damit
wenigstens die allgemein als wirksam anerkannte Maskenpflicht in
öffentlichen Räumen weitergilt. Und wieder andere – die FDP in Hamburg zum
Beispiel – kündigen schon mal eine Klage an, falls es zu einer
Hotspotentscheidung kommen sollte.
Wohlmeinend lässt sich diese unübersichtliche Lage und das Geraune darum
als ruckeliger Start in eine (hoffentlich) letzte Phase der Pandemie
deuten, in der Coronamaßnahmen halt nur noch dort gelten dürfen, wo es für
die allgemeine Gesundheitsversorgung wirklich brenzlig werden könnte. Doch
im Hinblick auf die Akzeptanz von politischen Maßnahmen in dieser Pandemie
kann die Neuregelung und ihre Umsetzung einfach nur als Murks bezeichnet
werden.
In der groß angelegten und international renommierten Cosmo-Studie werten
Wissenschaftler:innen um die Erfurter Professorin für
Gesundheitskommunikation, Cornelia Betsch, nämlich schon fast seit Beginn
der Pandemie im Wochentakt die Befindlichkeit einer deutschen
Stichprobengruppe in Sachen Corona aus. Es geht um Risikowahrnehmung und
Schutzverhalten, Akzeptanz der Maßnahmen und Vertrauen in die Politik, um
die Impfbereitschaft.
In der Langzeitbeobachtung stechen zwei Ergebnisse eindeutig hervor:
Die, sie sich keinesfalls impfen lassen wollten und
Infektionsschutzmaßnahmen generell ablehnten, verharrten in der Regel in
dieser Position. Egal, was Politiker:innen machten oder nicht machten,
sagten oder nicht sagten. Diese Gruppe der Ablehnenden wurde mit der Zeit
weder sonderlich größer noch kleiner, sie wurde nur lauter.
## Nur unklare Entscheidungen
Deutlich fluider ist dagegen die Position aller anderen. Die Zustimmung zu
Impfungen schwankte etwa im Verlauf der Pandemie um über 50 Prozent. Dem
Vertrauen der Befragten in das politische Handeln erging es ähnlich: In
guten Zeiten bei knapp 60 Prozent, auf den Tiefpunkten bei weniger als 30
Prozent. Und wenn man sich diese Tiefpunkte genauer anschaut, wird es
spannend.
Es ist nämlich keineswegs so, dass die Zustimmung dann am geringsten wäre,
wenn die Maßnahmen besonders milde oder besonders streng sind, sondern
dann, wenn die Politik keine klaren Entscheidungen trifft. Etwa mit
zunehmendem Wahlkampfgetöse oder um Ostern 2021, als sich die Regierung
zunächst nicht über besondere Einschränkungen für die Osterferien einigen
konnte. Dann sollte die sogenannte Osterruhe doch kommen, nur um dann 48
Stunden nachdem sie beschlossen wurde wieder abgesagt zu werden. Nur noch
25 Prozent der Befragten vertrauten in dieser Zeit dem
Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung.
Es bestätigt sich eine grundlegende psychologische Erkenntnis: Nichts ist
frustrierender und spaltender als unklare Entscheidungen.
Vor wenigen Tagen hat die vorerst letzte Cosmo-Auswertung stattgefunden.
Ziel der Studie war es, der Politik Erkenntnisse zu liefern, um die
„psychologischen Herausforderungen der Covid-19-Epidemie einschätzen zu
können und im besten Falle zu bewältigen“. Das dürfte dieses Mal wieder in
die Hose gegangen sein. Insofern ist es zumindest für die politisch
Verantwortlichen wohl ein Glück, dass nach dem Hotspot-Chaos nun keine
Befragung zur Auswirkung auf die Stimmungslage mehr kommen soll.
29 Mar 2022
## LINKS
[1] /Kritik-an-Ende-der-Coronamassnahmen/!5840106
[2] /Neue-Coronaregeln-beschlossen/!5842546
[3] /Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5844489
## AUTOREN
Manuela Heim
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Karl Lauterbach
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