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# taz.de -- Putins Krieg in der Ukraine: Russland ändert sein Narrativ
> Der Kreml kündigt an, dass nun der Donbass militärisches Hauptziel sei.
> Dort wird der Anschluss an Russland ins Spiel gebracht.
Bild: Zivilisten vor einem Panzer der pro-russischen Truppen in Mariupol am 18.…
Berlin taz | Es klang wie das Eingeständnis einer Niederlage, als Russlands
stellvertretender Generalstabschef Sergei Rudskoi am Freitag in Moskau eine
positive [1][Bilanz des ersten Kriegsmonats in der Ukraine] zog. Die
wichtigsten Ziele der ersten Phase der Operation seien im Allgemeinen
erreicht worden, sagte Rudskoi. Die russischen Streitkräfte könnten sich
nun auf das Hauptziel konzentrieren, „die Befreiung des Donbass“.
Demnach waren die russischen Großoffensiven zur Einnahme von Kiew und
Charkiw und die Bombenangriffe auf Ziele in der gesamten Ukraine seit dem
24. Februar also nur Nebenkriegsschauplätze. Damals hatte Russlands
Präsident Wladimir Putin seine „Sondermilitäroperation“ so erklärt: „I…
Ziel ist der Schutz der Menschen, die seit acht Jahren Misshandlung und
Genozid ausgesetzt sind. Dafür werden wir die Entmilitarisierung und die
Entnazifizierung der Ukraine anstreben.“ Am Tag danach hatte er einen
Putsch in Kiew gefordert.
„Rudskois Kommentar könnte darauf hindeuten, dass Russland seine Ziele
zurückgefahren hat und sich jetzt mit der Kontrolle der gesamten Distrikte
Donezk und Luhansk zufriedengeben würde, aber diese Lesart ist vermutlich
falsch“, analysiert das „Institute for the Study of War“ in den USA.
„Russische Kräfte anderswo in der Ukraine haben den Kampf nicht
eingestellt.“ Die Schlussfolgerung, so die US-Analyse: „Russlands
Generalstab versucht, das Kriegsnarrativ anzupassen, damit es so aussieht,
als ob Russland seine Ziele erreiche und eine Einschränkung seiner
Operationen beschließe. Tatsächlich erreicht es seine Ziele nicht und wird
dazu gezwungen, großangelegte Offensivoperationen einzustellen, wegen
seiner eigenen Fehler und Verluste sowie andauernd wirkungsvollen
ukrainischen Widerstandes.“
Schon seit einigen Wochen betonen russische Beobachter des Krieges die
Perspektive einer Einkesselung der ukrainischen Streitkräfte an der Front
im Osten gegen die selbsternannten „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk.
Von der Region um Mariupol nach Norden und von der Region um Charkiw nach
Süden könnten russische Einheiten den gesamten Osten der Ukraine in die
Zange nehmen, lauten diese Analysen.
## Eine Reihe erfolgreicher ukrainischer Gegenoffensiven
Passend dazu deutete die „Volksrepublik Luhansk“ am Sonntag die Möglichkeit
eines Referendums zum Anschluss an Russland an – die „Volksrepublik“
beansprucht den gesamten Distrikt Luhansk, einschließlich des von der
Ukraine kontrollierten Teils. „Ich denke, dass in naher Zukunft ein
Referendum auf dem Territorium der Republik abgehalten werden wird“, sagte
Volksrepublik-Anführer Leonid Passetschnik.
„In der Tat ist das ein Versuch, Nord- und Südkorea in der Ukraine zu
schaffen“, sagte der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo
Budanow, dazu am Sonntag. Russland wolle die Ukraine aufteilen und sich den
Osten einverleiben, so die Befürchtung. „Alle gefälschten Referenden in den
vorübergehend besetzten Gebieten sind null und nichtig und werden keine
Rechtsgültigkeit haben“, sagte der Sprecher des ukrainischen
Außenministeriums, Oleg Nikolenko.
Doch sehen Militärbeobachter bislang keine größeren Verlagerungen
russischer Kampfverbände von den anderen Fronten in Richtung Ostukraine.
Eher werden russische Verstärkungen aus dem Osten Richtung Kiew gebracht,
damit die bedrängten russischen Stellungen dort nicht zusammenbrechen. Eine
Reihe erfolgreicher ukrainischer Gegenoffensiven bringt seit Anfang
vergangener Woche die russischen Truppen nordwestlich und nordöstlich von
Kiew sowie an allen Frontabschnitten bis Charkiw in Schwierigkeiten. Am
Wochenende wurden aus diesen Regionen zahlreiche Videoaufnahmen
ukrainischer Truppen in frisch zurückeroberten Dörfern veröffentlicht.
Die Ukraine verzeichnet auch zahlreiche russische Gefangene, wie andere
Videos belegen – darunter eines, das möglicherweise Kriegsverbrechen
belegt: Gefesselte russische Soldaten werden zu Boden geworfen und dann
beschossen, wobei der Kontext der Aufnahme nicht klar wird.
Was auch immer Russland genau plant – weiterhin ist die gesamte Ukraine vom
Krieg betroffen. [2][Am Samstag erlebte die westukrainische Metropole Lwiw
die bisher schwersten russischen Raketenangriffe.] Dichte schwarze
Rauchwolken hingen nach Beschüssen über der Stadt. Nach russischen Angaben
wurden Treibstoffdepots des ukrainischen Militärs getroffen.
27 Mar 2022
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## AUTOREN
Dominic Johnson
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