# taz.de -- Protokolle von Klimaktivist:innen: Überall Bewegung auf der Welt | |
> In Uganda setzen Aktivist:innen auf Online-Kampagnen. In Brasilien | |
> wird gegen den Raub von Land demonstriert. Und in Kenia werden Bäume | |
> gepflanzt. | |
Bild: Klimaprotest in Brüssel im Vorfeld der UN-Klimakonferenz im Oktober 2021 | |
Im Jemen überschattet der Krieg die Klimakrise | |
Das Klima im Jemen ist bereits jetzt trocken und die Wasserressourcen sind | |
knapp, sodass der Rückgang der Niederschläge und der Anstieg der | |
Durchschnittstemperaturen die ohnehin schon schwierige Situation | |
verschlimmern – insbesondere für die ländlichen Gemeinden, die von der | |
Landwirtschaft abhängig sind und in denen 70 Prozent der jemenitischen | |
Bürger:innen leben. Wenn es einmal regnet, kommt es zu Sturzfluten, die | |
Häuser, Infrastruktur und landwirtschaftliche Flächen beschädigen. | |
Als ob der Krieg nicht schon genug Herausforderungen für die Menschen mit | |
sich brächte, machen die Auswirkungen des Klimawandels ihr Leben noch | |
schwieriger. Dennoch hat die Reaktion auf den Klimawandel keine Priorität – | |
nicht nur für die jemenitischen Behörden, sondern auch für die | |
internationale Gemeinschaft. Die Überbetonung der politischen und | |
militärischen Aspekte des Krieges im Jemen droht Aktionen oder | |
Sensibilisierungskampagnen zum Thema Klimawandel zu überschatten. | |
Hadil Al-Mowafak ist Klimaaktivistin und im Jemen geboren undaufgewachsen. | |
Die Politikwissenschaftlerin hat in den USA studiert und lebt in | |
Kalifornien. | |
Märsche gegen EU und belgische Regierung in Brüssel | |
Die Bewegung für Klimagerechtigkeit in Belgien ist auf der Straße sehr | |
präsent: Ob Protestmärsche, Die-ins, Sit-ins oder Stand-ins – wir haben das | |
alles schon gemacht. Und wir werden so etwas wieder auf die Beine stellen. | |
Unser Beitrag zum globalen Streik besteht in der Regel aus einem großen | |
Protestmarsch. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder bringen wir | |
europäische Aktivist:innen nach Brüssel, denn hier sind die | |
europäischen Institutionen angesiedelt, oder wir mobilisieren gegen die | |
Bundesregierung hier in Belgien und nehmen sie ins Visier. | |
Wir arbeiten dafür zusammen mit der Jugend für das Klima, den | |
Student:innen für das Klima, den Wissenschaftler:innen für das | |
Klima und verschiedenen anderen Gruppen, die zusammenkommen und sich | |
verbinden wollen. | |
Im Grunde wollen wir, dass alle auf die Straße gehen. Manchmal gibt es ein | |
Problem mit der Inklusion, das wir natürlich so gut wie möglich angehen | |
wollen. Denn der Kampf gegen das Klima ist ein intersektioneller Kampf. | |
Deshalb müssen alle mitmachen und jede Person sollte einbezogen werden. | |
Jada Kennedy ist aktiv bei Fridays for Future und der Gruppe Generation | |
Green in Belgien. | |
Proteste gegen internationale Unternehmen in Japan | |
Am 25. März werden wir streiken und japanische Unternehmen sowie die | |
japanische Regierung dazu aufrufen, ihre zerstörerischen | |
„Entwicklungsprojekte“ im Globalen Süden zu beenden. In mehreren Städten, | |
unter anderem in Tokio, besuchen wir das Unternehmen Sumitomo – ein | |
Handelsriese mit Sitz in Japan – und die Japan International Trading | |
Agency. Wir wollen sie davon überzeugen, den Bau von Kohlekraftwerken in | |
Bangladesch zu beenden. Japan, eines der wohlhabendsten Länder der Erde, | |
leitet dieses Projekt unter dem Vorwand internationaler Kooperation mit | |
Bangladesch – eines der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder | |
weltweit. | |
Wegen der Coronalage ist es momentan schwierig, Menschen für die Streiks zu | |
mobilisieren. Aber das hält uns nicht davon ab zu streiken. Das ist | |
wichtig! Es geht um eine bessere Welt, in der Menschen und nicht Profite an | |
erster Stelle stehen. Internationale Unternehmen zerstören die Leben der | |
Menschen im Globalen Süden. Die Menschen im Globalen Norden müssen sich mit | |
ihnen solidarisieren und internationale Unternehmen davon abhalten, den | |
Planeten weiter zu zerstören. | |
Kentaro Yamamoto ist Klimaaktivist in Japan. | |
Keine großen Demos aus Angst vor Verhaftung in Uganda | |
In unserem Land wird die Klimabewegung hauptsächlich von jungen Menschen | |
getragen. Die Aktivist:innen nutzen vor allem die sozialen Medien. Sie | |
hoffen darauf, mit Online-Kampagnen ein großes Publikum zu erreichen. | |
Wir veranstalten in Uganda aber keine großen Demonstrationen. Denn in der | |
Vergangenheit wurden Klimaaktivist:innen in einigen Fällen von den | |
Behörden verhaftet. Wir fürchten, dass das Leben von Aktivist:innen | |
gefährdet werden könnte. Vor einigen Monaten ist zum Beispiel eine unserer | |
Kolleginnen, Evelyn Acham, von den Behörden verhaftet worden, weil sie vor | |
dem ugandischen Parlament einen Klimastreik ausgerufen hat. | |
Wir führen trotzdem eine Reihe von Aktionen durch. Sie orientieren sich an | |
globalen Ereignissen, wie zum Beispiel dem Earth Day oder der | |
Veröffentlichung des Berichts des IPCC, des Weltklimarats. Wir rufen zu | |
verschiedenen Schritten auf, etwa Baumpflanzungen. Auch Klimabildung und | |
die Stärkung der Rechte von jungen Frauen und Mädchen sind wichtige Themen | |
für uns. | |
In diesem Jahr haben wir uns einen Klimamarsch durch die Schule und die | |
Gemeinde vorgenommen. Wir wollen Aufmerksamkeit für die Klimakrise schaffen | |
und darüber aufklären. Dazu gibt es Reden von verschiedenen Aktivist:innen, | |
die ihre Erfahrungen im Klimaaktivismus mit den Menschen in ihrer Gemeinde | |
teilen. | |
Edwin Namakanga ist Aktivist in Uganda und hat im November an der | |
Klimakonferenz in Glasgow teilgenommen. | |
Konzentration auf den Hafen in Rotterdam | |
Hier in Rotterdam konzentrieren wir uns mit Extinction Rebellion auf | |
fossile Brennstoffe. Denn hier liegt der größte Hafen in Europa – der für | |
eine große Menge an Emissionen verantwortlich ist. Ein großer Teil davon | |
geht auf fossile Brennstoffe zurück. | |
Für mich ist die Klimabewegung etwas, das meinem Leben einen immensen Sinn | |
und Gemeinschaft verleiht. Natürlich ist es anstrengend – es ist schwierig, | |
gegen etwas zu kämpfen, das manchmal so überwältigend ist. Das emotionale | |
Trauma, das damit einhergeht, zu verarbeiten und zu verstehen, was mit der | |
Welt passiert, was mit deiner Zukunft passiert, ist eine große | |
Herausforderung. Aber die Bewegung gibt uns auch das Gefühl von | |
Gemeinschaft in einer unglaublich individualistischen Gesellschaft. | |
In den Niederlanden sehen wir, wie hoch das Wasser um uns herum steht. Es | |
gibt diese Vorstellung, dass die Niederländer sich immer vor dem steigenden | |
Meeresspiegel schützen werden. Aber das ist nicht der Fall. Wir wissen, | |
dass die Niederlande massiv gefährdet sind. | |
Tom Marshall ist bei Extinction Rebellion Niederlande. | |
Proteste Landgrabbing im Wahljahr in Brasilien | |
Ich protestiere und streike, um das Bewusstsein für das Klima zu schärfen. | |
Dieses Jahr sind Wahlen in Brasilien. Wir werden auf die Straße gehen, um | |
den Kandidat:innen für die Präsidentschaftswahlen zu zeigen was wir | |
nicht wollen: Erstens wollen wir nicht, dass der Bergbau auf indigenem Land | |
freigegeben wird. Wir wollen zweitens keine Flexibilisierung der | |
Umweltgenehmigungen, das heißt keine Lockerung bei der Vergabe von | |
Umweltlizenzen. Wir wollen drittens keine Regulierung des Landgrabbings, | |
also den Raub von Land durch finanzstarke Akteure. Und wir wollen viertens | |
kein Gift in unseren Lebensmitteln. | |
Also, was wollen wir stattdessen? Wir wollen, dass die Rechte der indigenen | |
Bevölkerung, der Jugendlichen und der traditionellen Gemeinschaften | |
geschützt werden. Wir wollen, dass die Umweltgesetze eingehalten werden und | |
dass der Plan zur Beendigung der Abholzung funktioniert, und wir wollen, | |
dass die Wälder erhalten bleiben. Denn wisst ihr was? Wenn der Amazonas | |
stehen bleibt, dann deshalb, weil wir für ihn kämpfen. | |
Paloma Costa ist Klimaaktivistin in Brasilien. | |
Bäume pflanzen statt streiken in Kenia | |
Die Klimabewegung hier in Kenia ist nicht sehr groß. Aber wir versuchen | |
trotzdem, immer wieder etwas auf die Beine zu stellen. Wir pflanzen zum | |
Beispiel Bäume. Außerdem gehen wir in Schulen und Waisenhäuser und klären | |
über den Klimawandel auf. Statt zu streiken, rufen wir unter anderem immer | |
wieder zu Aufräumaktionen auf. | |
Was wir also während des globalen Streiks am 25. März hier in Kenia | |
vorhaben, sind Aktionen in unterschiedlichen Regionen. Dazu gehört, dass | |
Bäume gepflanzt werden. Einige Aktivist:innen der Klimabewegung werden | |
Aufräumaktionen veranstalten und andere werden versuchen, Menschen über den | |
Klimawandel aufzuklären. | |
Ein Grund, warum wir hier in Kenia keinen großen Streik organisieren, ist | |
die Angst vor der Regierung. Die meisten Leute fürchten, bei einem Streik | |
verhaftet zu werden. Für einen großen Streik brauchen Aktivist:innen | |
eine Genehmigung. Sie zu bekommen, kann hier in Kenia sehr lange dauern. | |
Selbst wenn man bei der Regierung um eine Genehmigung bittet, wird sie | |
einem manchmal nicht erteilt. | |
Kevin Mtai ist Aktivist bei Fridays for Future in Kenia. | |
25 Mar 2022 | |
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