# taz.de -- Neue Kurienverfassung: Revolution auf dem Papier | |
> Gerade für Frauen kann die neue Kurienverfassung wichtig werden. Doch der | |
> Verfassungsbuchstabe ist das eine, die Verfassungsrealität das andere. | |
Bild: Der Papst zeigt wieder einmal seinen Willen, den Verein, dem er vorsteht,… | |
Roms Kurie hat eine neue Verfassung, erlassen pünktlich zum neunten | |
Jahrestag des Amtsantritts von Papst Franziskus. Eine „Revolution“ will so | |
mancher Beobachter in der Neuordnung der katholischen Weltkirche erblicken | |
– [1][aber ist sie das wirklich?] | |
In einem zentralen Punkt wenigstens scheint sich in der Tat eine radikale | |
Wende anzudeuten. Bisher wurden die diversen Kongregationen, päpstlichen | |
Räte, Dikasterien ausschließlich von geistlichem Personal geführt: Der | |
streng hierarchische Ansatz der katholischen Kirche, der den Laiinnen und | |
Laien immer nur den Platz unterhalb der Priester- und Bischofsmannschaft | |
zuwies, kam so perfekt zum Ausdruck. | |
Jetzt auf einmal soll alles anders werden. Auch die höchsten Ämter der | |
Kurie sollen Laien offenstehen – [2][ja, auch Frauen. Das hieße glatt, dass | |
auch die katholische Kirche in der Gegenwart angekommen ist.] Eine | |
Staatssekretärin als Nummer zwei der Kurie direkt hinter dem Papst: das | |
wäre bis gestern schier unvorstellbar gewesen, seit heute aber möglich. | |
Doch der Verfassungsbuchstabe ist das eine, die Verfassungsrealität das | |
andere. Vergessen wir nicht, dass zum Beispiel jedweder katholische Mann, | |
wenn er nur ledig ist, zum Papst gewählt werden kann, auch ohne geweihter | |
Priester zu sein – dass aber dennoch seit je immer bloß Kardinäle zum Zuge | |
kommen, wenn es darum geht, den Stuhl Petri neu zu besetzen. | |
Mit der neuen Kurienverfassung hat die Kirche die Chance zu einem großen | |
Umbruch. Papst Franziskus zeigt wieder einmal seinen Willen, den Verein, | |
dem er vorsteht, radikal umzubauen. | |
Wie zäh die Widerstände aus dem kirchlichen Apparat, aus der Kurie ebenso | |
wie aus den Ortskirchen weltweit sein können, erfuhr Franziskus ja auch | |
bisher schon. Man darf ihm wohl abnehmen, dass ihm zum Beispiel die | |
[3][Bekämpfung des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen] ein bitter | |
ernstes Anliegen ist. Doch aufgeräumt hat die Kirche bis heute nicht – und | |
das gilt auch für die deutsche Kirche, die durchaus als Alliierte des | |
Papstes in seinen einschneidenden Reformbemühungen gelten darf. | |
Auch die Kurienreform zeigt wieder: Der Papst meint es offenkundig ernst. | |
Ob seine Kirche dann aber Ernst macht – oder ob sie ihn am Ende als ewigen | |
Ankündigungspapst dastehen lässt –, wird sich noch zeigen müssen. | |
21 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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