# taz.de -- Kardinal Marx über sexuellen Missbrauch: Erschütterung als Dauerz… | |
> Es reicht nicht, sich bei den Opfern zu entschuldigen. Die Kirche muss | |
> sich reformieren und Konsequenzen ziehen. | |
Bild: Ist wieder und wieder erschüttert: Kardnal Marx | |
Wie oft kann ein Mensch erschüttert sein? Für [1][Kardinal Reinhard Marx] | |
ist dies wohl ein Dauerzustand. So auch an diesem Donnerstag, als er das | |
1.900 Seiten starke Gutachten zu sexualisierter Gewalt im Erzbistum München | |
und Freising kommentiert. Marx ist wieder erschüttert, wieder erschrocken, | |
wieder betroffen. Wieder entschuldigt er sich bei den Opfern sexualisierter | |
Gewalt, für Taten, die ihnen Vertreter der katholischen Kirche angetan | |
haben. Marx übernimmt moralische Verantwortung dafür, dass er ihr Leid | |
übersehen hat. | |
Eine Woche ist es her, dass die [2][Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl] ein | |
Gutachten vorgestellt hat, in dem es Hinweise auf mehr als 200 | |
Täter:innen gibt. Die Mehrheit sind katholische Priester, die über Jahre | |
hinweg nahezu unbehelligt Kindern und Jugendlichen Gewalt antun konnten. | |
Marx spricht von einem „Desaster“, von einer „dunklen Seite“, die Teil … | |
Geschichte des Erzbistums sei. Auch das klingt nach Wiederholung. | |
Natürlich will Marx aufklären, innerhalb der Kirche gemeinsam mit den | |
Betroffenen. Personelle Konsequenzen für sich sieht er nicht. Bereits 2021 | |
hatte er seinen [3][Rücktritt] bei Papst Franziskus eingereicht. Dieser | |
lehnte ab, Marx bleibt. Jetzt wartet er auf mehr Akten und Einschätzungen. | |
Vor allem vom [4][emeritierten Papst Benedikt]. Dieser äußerte sich auf | |
rund 80 Seiten im Gutachten. Marx lässt sich aber nicht zu einem Urteil | |
über den Ex-Papst hinreißen und verweist darauf, dass ihm dazu die | |
„fachliche Expertise“ fehle. Es bleibt der fahle Geschmack von Vertuschung, | |
von der Ahnung, dass die Täter und diejenigen, die sie deckten, unantastbar | |
bleiben. | |
„Es gibt keine Zukunft des Christentums in unserem Land, ohne eine | |
erneuerte Kirche.“ Dies ist einer der wenigen Sätze des Kardinals, der von | |
minimaler Selbsterkenntnis zeugt. Es brodelt in den Gemeinden. Wütend sind | |
die, die aus Überzeugung seit Jahren für die Kirche arbeiten. Es geht um | |
mehr als um Kirchenaustritte. Es geht um die Restglaubwürdigkeit einer | |
Institution. Erschütterung rettet sie nicht, vielleicht ein | |
Schuldeingeständnis mit juristischen und personellen Folgen. | |
27 Jan 2022 | |
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## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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