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# taz.de -- Sachverständige im Bundestag: Impfpflicht wird wohl vertagt
> Sachverständige warnen vor einer Impfpflicht „ins Blaue hinen“. Eine
> Zweifach-Impfung könne auch im Spätsommer noch angeordnet werden.
Bild: Zack, einmal den Corona-Impfstoff Nuvaxovid für den Totenkopf, bitte
Freiburg taz | Die Befürworter einer sofortigen allgemeinen Impfpflicht ab
18 konnten das Ruder nicht herumreißen: Bei der Sachverständigen-Anhörung
im Gesundheitsausschuss des Bundestags sah sich die CDU/CSU mit ihrem
Vorschlag eines Impfvorsorgegesetzes bestätigt. Bei diesem Modell würde im
April nur die Rechtsgrundlage und ein Impfregister beschlossen, die
eigentliche Entscheidung über die Einführung der Pflicht würde einige
Monate hinausgeschoben. Ohne Stimmen aus der Union hat eine sofortige
Impfpflicht keine Mehrheit im Bundestag.
Mehrere juristische Sachverständige [1][warnten den Bundestag] vor der
sofortigen Einführung einer Impfpflicht. „Es gibt keine tragfähige
Begründung, warum im Herbst eine Überlastung des Gesundheitswesens drohen
sollte“, sagte Robert Seegmüller vom Bundesverband der
Verwaltungsrichter:innen. „Man kann eine Impfpflicht nicht mit Risiken
begründen, die nur hypothetisch sind“, argumentierte Rechtsprofessorin
Frauke Rostalski. Ihr Kollege Stephan Rixen verwies auf das Beispiel
Österreich: „Dort hat man die Impfpflicht ausgesetzt und prüft jetzt erst
einmal, ob man sie wirklich braucht.“ Auch Rechtsprofessor Josef Franz
Lindner sah „verfassungsrechtliche Risiken“, wenn eine „Impfpflicht ins
Blaue hinein“ eingeführt wird. Erst wenn „belastbar feststellbar“ ist, d…
[2][im Herbst eine Covidvariante] kursiert, die zu einer massiven Belastung
des Gesundheitswesen führen kann, solle die Impfpflicht beschlossen werden,
empfahl der Jurist.
Rechtsprofessor Franz Mayer fand die verfassungsrechtlichen Bedenken jedoch
völlig übertrieben. Das Bundesverfassungsgericht habe dem Gesetzgeber
jüngst in seinem Beschluss zur Bundesnotbremse „bei unsicherer
Erkenntnislage“ doch gerade einen weiten Gestaltungsspielraum eingeräumt.
Karlsruhe werde nur prüfen, ob die politisch gefundene Lösung „vertretbar“
ist. Entscheidend sei eine solide Begründung für die Einführung einer
Impfpflicht.
## Mediziner:innen für Impfpflicht
Unterstützung für eine sofortige Impfpflicht kam aber vor allem von
Mediziner:innen. „Es besteht die Gefahr, dass wir zu langsam sind,
wenn wir erst in einigen Monaten über die Impfpflicht entscheiden“, warnte
Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung. „Wenn man
zu spät beginnt, läuft uns die Zeit davon“, sagte auch Christine Falk von
der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Für die volle Impfwirkung seien
schließlich vier Monate erforderlich.
Zwischen erster und zweiter Impfung müsse ein Monat liegen und die
Booster-Impfung sei erst nach drei weiteren Monaten sinnvoll. Leif Erik
Sander von der Berliner Charité erklärte, dass die zugelassenen Impfstoffe
– etwa von Biontech und Moderna – nach den bisherigen Erfahrungen
voraussichtlich auch gegen neue Covidvarianten einen guten Schutz bieten
werden. Rechtsprofessor Hinnerk Wißmann erklärte den CDU-Vorschlag deshalb
für „fast ungeeignet“. „Wenn man bis zur vollen Impfwirkung vier Monate
Vorlauf braucht, dann kann man über die Impfpflicht nicht erst im Herbst
entscheiden.“
Doch der Virologe Klaus Stöhr beruhigte die Unions-Abgeordneten: „Wenn man
im Spätsommer eine Impfpflicht beschließt, dann könnten im September und
Oktober problemlos die hauptsächlich gefährdeten 2,8 Millionen ungeimpften
Senior:innen zweimal geimpft werden. „Die zweimalige Impfung gibt dann
einen hohen Impfschutz, weil sie ja noch ganz frisch ist“, so Stöhr. „Das
ist fast so gut wie eine Dreifach-Impfung, mit der schon im Sommer begonnen
wurde.“
Infektionsforscherin Brinkmann wurde auch gefragt, was sie von einer
Impfpflicht ab 50 hält. „Das ist natürlich besser als nichts, weil das
Covidrisiko doch stark altersabhängig ist.“ Allerdings wurde der
entsprechende Antrag des FDP-Politikers Andrew Ullmann auch heftig
kritisiert, da er zunächst eine obligatorische Beratung über die Impfung
vorsieht.
Der liberale Rechtsprofessor Hinnerk Wißmann warnte vor einem gewaltigen
millionenfachen Aufwand durch eine Beratungspflicht: „Wer soll das denn
eigentlich machen?“ Auch die Krankenkassen warnten vor zusätzlichen
Aufgaben. „Wir können auf keinen Fall 60 Millionen Versicherte
anschreiben“, betonte Doris Pfeiffer vom Spitzenverband der Gesetzlichen
Krankenkassen. Ampel-Politiker:innen hatten vorgeschlagen, dass die Kassen
die Impfpflicht umsetzen.
21 Mar 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Christian Rath
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