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# taz.de -- Städtepartnerschaft mit Moskau: Zeit für ein Bündnis mit Kiew
> Berlins Regierende Bürgermeisterin Giffey will die Partnerschaft mit
> Moskau nicht beenden. Quasi tot ist sie trotzdem. Ein Wochenkommentar.
Bild: Feuerwerk über Moskau, zwei Monate bevor die Ukraine unter russisches Fe…
Blättert man auf der Webseite „Berlin International“ der Senatskanzlei
durch die Veranstaltungen mit den 17 Partnerstädten der Hauptstadt, muss
man weit zurückgehen, um einen [1][Eintrag zu Moskau] zu finden: 2016 fand
vom 28. Oktober bis 8. November der russische Theaterfrühling statt. Anlass
war das 25-jährige Bestehen der 1991 geschlossenen Städtepartnerschaft.
Seitdem ist sie quasi tot.
Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine und dem seitdem währenden Krieg
forderte CDU-Landeschef Kai Wegner, die Partnerschaft mit Moskau zu
beenden. Zuvor hatten das schon Städte wie [2][Düsseldorf] oder Ingolstadt
angekündigt. Nach der Sitzung des Senats am Dienstag stellte Berliner
Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) allerdings klar, dass
sich der Senat anders entschieden habe.
„Dieser Krieg ist Putins Krieg. Es ist nicht der Krieg der russischen
Bevölkerung, es ist nicht der Krieg der Moskauer Bevölkerung“, begründete
Giffey die Entscheidung – und wies auf die Demonstranten hin, die in Moskau
gegen den Angriff auf die Ukraine protestierten. „Wir hoffen, dass wir in
eine Situation kommen, in der dieser Krieg endet und in der man es auch
wieder schaffen muss, dass Menschen zueinander finden“, sagte Giffey. „Und
ich glaube, dass das gerade über die Städtediplomatie, über die Verbindung
der Menschen in den Städten gelingen kann. Deshalb werden wir diese
Verbindung nicht abbrechen.“
## Nur noch Staffage
Ganz falsch ist das nicht. Richtig ist es deshalb aber ebensowenig. Anders
als in Warschau, wo der liberale Stadtpräsident Rafał Trzaskowski die
queere Parada Równośći mit seiner Anwesenheit unterstützt, ist der Dialog
Berlins mit der Moskauer Verwaltung schon lange vergiftet. Bereits 2013
hatte sich Klaus Wowereit bei Moskaus Oberbürgermeister Sergej Sobjanin
über Putins Homosexuellen-Gesetze beklagt. Nach der Annektion der Krim ein
Jahr später herrschte dann quasi Eiszeit. Der russische Theaterfrühling
2016 war nur noch Staffage. Freundschaft war es keine mehr.
Nähme Berlin seinen Wunsch ernst, Kontakte in die Zivilgesellschaft
aufrechtzuerhalten, müsste es also andere Kanäle suchen. Gleichwohl wäre
eine Aufkündigung der Partnerschaft wohl auch nur ein symbolischer Akt der
Hilflosigkeit. Denn beeindrucken würde das in Moskau niemanden.
Ganz anders wäre es mit einer Initiative zu einer Städtepartnerschaft mit
Kiew. Auf der Liste der 17 Partnerstädte Berlins sucht man die Ukraine
nämlich vergeblich. Nur auf Bezirksebene pflegt [3][Steglitz-Zehlendorf
eine Partnerschaft mit Charkiw] im Osten des Landes. Nach dem jüngsten
Raketenangriff auf das Verwaltungsgebäude am Freiheitsplatz zeigte sich
Stadtentwicklungsstadtrat Michael Karnetzki (SPD) fassungslos. „Es ist
bedrückend, wie nah der Krieg, dem die Ukraine heute ausgesetzt ist,
kommt“, schrieb Karnetzki auf Facebook – und änderte sein Hintergrundbild.
Es zeigt das unzerstörte Gebäude im Zentrum von Charkiw.
Ja, in Kriegszeiten eine Städtepartnerschaft mit Kiew vorzubereiten, wäre
zunächst auch eine symbolische Handlung. Aber sie wäre ein Zeichen, dass
Berlin nicht länger nur auf Gesprächskanäle setzt, die es nicht mehr gibt.
Die nach Kiew wird es auch in Zukunft geben. Im schlimmsten Falle würde
Berlin diese Partnerschaft erst mal mit einer Untergrund-Verwaltung führen
müssen.
5 Mar 2022
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/rbmskzl/politik/internationales/rueckblick/2016/artik…
[2] https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/duesseldorf-staedtepartnerschaft-…
[3] https://www.bsz-spv.de/partnerst%C3%A4dte/charkiw/
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Moskau
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Städtevergleich
Vitali Klitschko
Schwerpunkt Stadtland
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Trzaskowski
Russland
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