# taz.de -- Arbeitsrecht und Unternehmen: „Klatsche“ für Sixt | |
> Eine Mitarbeiterin wurde gekündigt, weil sie einen Betriebsrat gründen | |
> wollte. Das sei unwirksam, hat das Arbeitsgericht Düsseldorf entschieden. | |
Bild: Sixt ist mit der Kündigung einer Mitarbeiterin, die einen Betriebsrat gr… | |
BOCHUM taz | Im Kampf gegen die Gründung von Betriebsräten hat der | |
[1][Autovermieter Sixt] eine schwere Niederlage einstecken müssen. Das | |
Arbeitsgericht Düsseldorf hat gleich drei fristlose und „hilfsweise | |
ordentlich“ ausgesprochene Kündigungen einer Mitarbeiterin, die sich | |
zusammen mit zwei Kolleginnen am dortigen Flughafen für eine | |
Arbeitnehmer:innenvertretung stark gemacht hat, für unwirksam | |
erklärt. | |
Eine ordentliche Kündigung der Frau komme „nicht in Betracht, weil sie als | |
Initiatorin einer Betriebsratswahl besonderen Kündigungsschutz genieße“, | |
heißt es in einer am Donnerstagnachmittag [2][veröffentlichten Erklärung | |
des Gerichts]. | |
Auch weitere Vorwürfe des Arbeitgebers wie etwa „wiederholtes | |
Zuspätkommen“, das die Sixt-Mitarbeiterin vehement bestreitet, hätten | |
maximal eine Abmahnung gerechtfertigt. Zwar wurde eine Berufung vor dem | |
Landesarbeitsgericht zugelassen – doch Ver.di-Gewerkschaftssekretär Özay | |
Tarim, der die drei Beschäftigten bei der Betriebsratsgründung unterstützt, | |
spricht schon heute von einer „heftigen Klatsche für Sixt“. | |
Denn bei dem Global Player, der weltweit Standorte in mehr als 100 Ländern | |
hat, gibt es nicht einen einzigen Betriebsrat. Schon 2005 hatte | |
Firmen-Patriarch [3][Erich Sixt im Handelsblatt] erklärt, warum er von | |
Arbeitnehmer:innen-Mitbestimmung wenig hält, [4][schon 2010 berichtete die | |
taz] über die Behinderung einer Betriebsratsgründung bei Sixt in Rostock. | |
Und an dieser Linie scheint sich wenig geändert zu haben. | |
## Es hagelte Rauswürfe | |
In Düsseldorf erhielten die beiden anderen Mitarbeiterinnen, die sich | |
ebenfalls für bessere Bezahlung und geringere Arbeitsbelastung stark | |
gemacht hatten, zunächst Abfindungsangebote – und nach deren Ablehnung | |
ebenfalls Kündigungen. Auch in Frankfurt am Main hagelte es nach dem | |
Versuch der Schaffung einer Arbeitnehmer:innen-Vertretung Rauswürfe. | |
Begründet wurde das mit skurrilen Argumenten: So warf das Sixt-Management | |
den drei Beschäftigten aus Düsseldorf vor, für eine Betriebsversammlung, | |
bei der ein Wahlvorstand für eine Betriebsratswahl bestimmt werden sollte, | |
absichtlich einen zu kleinen Raum angemietet zu haben. Dies zeige, dass es | |
den dreien „von Anfang an überhaupt nicht um die Durchführung einer | |
ordnungsgemäßen Betriebsratswahl gegangen sei“, erklärte Sixt gegenüber d… | |
taz schon im November. | |
Allerdings: Für die Versammlung hatte sich keine einzige Mitarbeiterin, | |
kein einziger Mitarbeiter angemeldet – schließlich hatte Personalchefin | |
Friederike-Katharina Reichenberger zuvor Gespräche mit den Beschäftigten | |
geführt. Selbst die Sixt-Geschäftsführer Heiner Schmedt und Schuster waren | |
in Düsseldorf höchstpersönlich aufgetaucht, nachdem es die drei Frauen im | |
August 2021 gewagt hatten, per Aushang am schwarzen Brett zur Gründung | |
eines Betriebsrats aufzurufen. | |
## Strafantrag gegen Sixt | |
An ihrer Forderung nach einer Arbeitnehmer:innen-Vertretung halten die drei | |
Frauen dennoch fest. Angebotene Abfindungen von bis zu 15.000 Euro haben | |
sie abgelehnt, obwohl sie als Gekündigte schon seit Monaten kein Gehalt | |
mehr bekommen. Und nach dem klaren Urteil zugunsten der ersten | |
Betriebsrats-Gründerin setzen auch ihre beiden Kolleg:innen auf | |
Unterstützung durch das Arbeitsgericht: „Die Verfahren sind inhaltsgleich“, | |
sagt Gewerkschafter Tarim. „Wir hoffen deshalb, dass auch die Kündigungen | |
der beiden anderen Kolleg:innen zurückgewiesen werden.“ | |
In Frankfurt, wo der Antrag auf Bestellung eines Wahlvorstands zunächst | |
abgelehnt wurde, will Ver.di jetzt in die zweite Instanz ziehen. Und in | |
Düsseldorf hat Gewerkschaftssekretär Tarim bei der Staatsanwaltschaft wegen | |
„Behinderung der Betriebsratswahl“ Strafantrag gegen Sixt gestellt. | |
SPD-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte erst im Januar eine | |
entsprechende Verschärfung des Strafrechts angekündigt. | |
Schließlich seien in Düsseldorf nicht ohne Grund schon im Vorfeld | |
Gegenstimmen gegen die Betriebsratswahl „organisiert“ worden, sagt Tarim: | |
„Wenn es in Deutschland an mindestens zwei Standorten wie Düsseldorf und | |
Frankfurt Betriebsräte gibt, können wir einen Gesamtbetriebsrat | |
einberufen“. Und der könnte dann selbstständig Wahlvorstände für weitere | |
Arbeitnehmer:innen-Vertretungen einsetzen – Betriebsversammlungen wie in | |
Düsseldorf könnten nicht mehr torpediert werden. | |
25 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Sixt-verhindert-Betriebsrat/!5816979/ | |
[2] https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseLArbGs/24_02_2022_… | |
[3] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/serie-pioniere-der-wirt… | |
[4] /Vorwurf-gegen-Autovermieter/!5140585 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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