# taz.de -- Entwurf zum EU-Lieferkettengesetz: Lohn zahlen, Wasser schützen | |
> Die Pläne der EU-Kommission für ein Lieferkettengesetz zum Schutz der | |
> Menschenrechte sind strenger als die deutsche Regelung. | |
Bild: Textilindustrie in Äthiopien | |
BERLIN taz | Rund 13.000 größere Unternehmen der Europäischen Union müssen | |
künftig die sozialen und ökologischen Menschenrechte bei ihren weltweiten | |
Lieferanten gewährleisten. [1][Dazu will die EU-Kommission sie mit einer | |
Richtlinie verpflichten], die an diesem Mittwoch vorgestellt wird. Ein | |
Entwurf sickerte bereits am Dienstag durch. Demnach geht die EU-Regulierung | |
über [2][das deutsche Lieferkettengesetz] hinaus. Wenn die Richtlinie in | |
Kraft tritt, müsste Deutschland dieses verschärfen. | |
Zu den geschützten Menschenrechten gehören das Recht von Arbeiter:innen | |
auf fairen Lohn und Zusammenschluss in Gewerkschaften. Die hiesigen Firmen | |
sollen zudem darauf achten, dass ihre Zulieferer keinen Landraub betreiben | |
oder Flüsse im Umkreis von Bergwerken vergiften. | |
Die EU-Kommission will festlegen, dass die Regeln für europäische | |
Unternehmen verpflichtend sind, die mehr als 500 Beschäftigte und einen | |
weltweiten Nettoumsatz von mehr als 150 Millionen Euro haben, sowie für | |
Firmen von außerhalb der EU, die in Europa mehr als 150 Millionen Umsatz | |
machen. Das deutsche Lieferkettengesetz erfasst dagegen ab 2023 Firmen mit | |
mehr als 3.000, ab 2024 mit mehr als 1.000 Beschäftigten. | |
Kleinere Betriebe, die über 250 Beschäftigte und über 40 Millionen Umsatz | |
haben, fallen ebenfalls unter die EU-Richtlinie, sofern sie die Hälfte | |
ihrer Geschäfte in sogenannten Hochrisiko-Branchen abwickeln. Dazu zählen | |
die Textilindustrie, Landwirtschaft und Bergbau. Auch in diesen Fällen | |
müssen sie aber wohl weniger Pflichten erfüllen als große Unternehmen und | |
bekommen eine Übergangszeit von fünf Jahren. Kleine Betriebe unter 250 | |
Beschäftigten würden nicht erfasst. „99 Prozent“ der europäischen | |
Wirtschaft blieben außen vor, kommentierte Anna Cavazzini, | |
Grünen-Abgeordnete im EU-Parlament. | |
## Keine Kinderarbeit | |
Die von der Richtlinie erfassten Unternehmen sind prinzipiell für ihre | |
komplette Lieferkette verantwortlich – in der Textilindustrie | |
beispielsweise von den Nähereien und Färbereien bis zum Anbau der | |
Baumwolle. [3][Kakao- und Kaffeeverarbeiter müssen sich darum kümmern, dass | |
in Westafrika keine Kinder auf den Plantagen arbeiten]. Wobei es eine | |
Einschränkung gibt: Hiesige Firmen sind nur verantwortlich für die | |
Lieferanten, zu denen sie „etablierte Geschäftsbeziehungen“ pflegen. | |
Cavazzini befürchtet hier ein „Schlupfloch“. | |
Eine Haftungsregelung gibt es in der Richtlinie ebenfalls. Geschädigte | |
Zulieferbeschäftigte könnten die europäischen Unternehmen also vor hiesigen | |
Gerichten auf Schadenersatz verklagen. Auch an diesem Punkt geht die | |
EU-Richtlinie über das deutsche Gesetz hinaus. | |
Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber fürchtet, dass sich „europäische | |
Unternehmen infolge dieses Vorschlags aus einigen Regionen dieser Welt | |
zurückziehen“. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie forderte, dass | |
sich die Regelung auf direkte Vertragspartner beschränkt. Bevor die | |
Richtlinie in Kraft tritt, kommen nun die Verhandlungen der Kommission mit | |
dem EU-Parlament und dem -Rat. | |
23 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Europaeisches-Lieferkettengesetz/!5831763 | |
[2] /Bundestag-beschliesst-Lieferkettengesetz/!5774706 | |
[3] /Nachhaltigkeit-bei-Schokokonzern/!5820381 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
## TAGS | |
Unternehmen | |
Menschenrechte | |
GNS | |
Globalisierung | |
Kleidung | |
CO2-Emissionen | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
CCS | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kleidung und ihre Produktionsbedingungen: Auf Kante genäht | |
Textilfabriken in Bangladesch und Pakistan können gefährliche Arbeitsplätze | |
sein. KiK-CEO Patrick Zahn will das ändern und war vor Ort. Eine Reportage. | |
Öko-Bilanz großer Unternehmen: 25 Konzerne und ihre Null-Nummer | |
Globale Firmen versprechen Klimaneutralität. Sie haben große Ziele, aber | |
wenige Maßnahmen. Ein Vergleich zeigt: Die meisten betreiben Greenwashing. | |
Streit um entwaldungsfreie Lieferketten: Waren, die die Bäume schonen | |
Laut EU-Kommission sollen Unternehmen künftig nachweisen, dass ihre | |
Produkte ohne Waldzerstörung entstanden sind. Kritikern reicht das nicht. | |
Norwegens Endlager für Kohlendioxid: Der nächste Bodenschatz | |
Die CCS-Technik soll Europa helfen, klimaneutral zu werden – und der | |
norwegischen Öl- und Gasindustrie eine lukrative Zukunft sichern. |