Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Putins Krieg und die Folgen: Ein Fall für Medizinhistoriker?
> Putin könnte die Folgen seines Einmarsches in der Ukraine unterschätzt
> haben, sein Schicksal könnte in Teilen jenes von Anthony Eden
> wiederholen.
Bild: Wladimir Putin am 27. 2. 2022
Stellen wir uns folgendes vor: Schottland hat sich nach einem Referendum
vom Rest des Vereinigten Königreichs abgespalten. Es hat in einem längeren
Prozess alle rechtlichen Kriterien durchlaufen und ist jetzt zu einem
souveränen Staat geworden. 30 Jahre nach Erlangung dieses Status
entscheidet die Regierung in London plötzlich, dass sie Schottlands
Souveränität nicht mehr anerkennt und überfällt den Nachbarn.
Besatzer und Besetzte sprechen (fast) die gleiche Sprache, haben
Familienangehörige im jeweils anderen Land und mehrheitlich die gleiche
Religion. Wie werden sie auf diese Situation reagieren? Werden sie sich den
neuen Verhältnissen nach kurzer Zeit anpassen oder werden sie die Besatzer
mit Sabotageakten in Atem halten?
Und was wird der jetzige reale Krieg in der Ukraine langfristig mit den
russischen Soldaten und ihren Familien machen?
Es wird nicht leicht sein, die Mütter und Ehefrauen von Soldaten auf Dauer
zum Schweigen zu bringen. Laut Putin ist die [1][Union der Komitees der
Soldatenmütter Russlands] ein westlich gesteuertes U-Boot. Aber wütende
Frauen sollte man wirklich nicht unterschätzen. Schon beim letzten Feldzug
2014 gab man diesen Frauen unzureichende Informationen über den Tod ihrer
Ehemänner und Söhne in der Ukraine.
## Krieg statt Manöver
Nun, Anfang 2022, hatte man ihnen gesagt, ihre Männer würden ins Manöver
gehen. Es klang für viele sicher durchaus überzeugend. Jetzt ist jedoch ein
Bruderkrieg ausgebrochen, eine Tatsache, auf die diese Männer und ihre
Familien psychologisch nicht vorbereitet sind.
Was wird geschehen, wenn die Beerdigungen sich häufen werden? In einem
Artikel erinnerte Nesawissimaja Gaseta an ein altes Sprichwort: „Wenn du in
den Krieg ziehst, fertige zwei Särge an. Einen für den Feind und
sicherheitshalber auch noch einen für dich.“
[2][Natürlich sind solche kritischen Worte in Russland die Ausnahme.]
Offiziell kämpft man gegen Neonazis und Drogenabhängige. Vielleicht glaubt
Putin ja wirklich, Selenskyj – immerhin der einzige jüdische Präsident
außerhalb Israels – leide unter jüdischem Selbsthass.
Es ist schwer geworden, etwas aus Putins Gesicht abzulesen. Die Form
scheint sich verändert zu haben. Gerüchten zufolge liegt dies nicht an
Botoxbehandlungen, sondern an Steroiden (die bekanntermaßen aggressiv
machen). Für Medizinhistoriker wird dies noch ein besonders interessanter
Fall werden.
Wir wissen mittlerweile, dass Premierminister Anthony Eden während der
Suezkrise 1956 eine starke Mischung aus Amphetaminen nahm, die man in
Großbritannien als purple hearts bezeichnete. Zu den Nebenwirkungen der
purple hearts gehören Angstvorstellungen, Wutausbrüche und
Selbstüberschätzung. Wie die Suezkrise für Eden und Großbritannien ausging,
wissen wir.
1 Mar 2022
## LINKS
[1] /Soldatenmuetter-in-Russland/!5837817
[2] /Irina-Scherbakowa-ueber-Putin/!5835133
## AUTOREN
Karina Urbach
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Ukraine
Wladimir Putin
taz на русском языке
Russland
Soldaten
Kolumne Blast from the Past
Kolumne Blast from the Past
Kolumne Blast from the Past
Kolumne Blast from the Past
Lesestück Recherche und Reportage
Monarchie
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Grenzen des britischen Stoizismus: Aufräumen nach der Party
Buhrufe für Boris Johnson – von konservativer Seite. Ist das ein Omen, dass
es ihm schon bald ähnlich ergehen könnte wie einst Margaret Thatcher?
Scholz will kein Held sein: Held oder Heizung?
Pinya, Scholz, Selenskyj: Parallelen zwischen literarischen Helden und
heutigen Staatschefs.
Nazis in der Bundesrepublik: Mord in Odessa
Wofür der Code „Odessa“ nach 1945 stand, ist umstritten. Womöglich
organisierten sich in der „Organisation der ehemaligen SS-Angehörigen“
Altnazis.
Soldatenmütter in Russland: Seit drei Wochen Stille
Viele Eltern von russischen Soldaten wissen nicht, wo ihre Kinder stecken.
Menschenrechtsorganisation berichtet von dubiosen Rekrutierungsmethoden.
Die Royals und die Geheimdienste: Die Disneyfizierung der Monarchie
Historiker haben die Zusammenarbeit der königlichen Familie mit den
britischen Nachrichtendiensten untersucht. Es ist ein mutiges Unterfangen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.