# taz.de -- Netflix-Serie „Inventing Anna“: Fake it till you make it | |
> Anna Delvey war nicht Millionärin und sie hieß auch anders. Jetzt | |
> zeichnet eine Netflix-Serie die Geschicke der Hochstaplerin nach. | |
Bild: Julia Garner als Anna Delvey | |
Wie lebt es sich als Millionärserbin in New York? Gewohnt wird in fancy | |
Hotels in Manhattan, geshoppt wird bei Céline oder Balenciaga, die Abende | |
werden in großer Runde in angesagten Restaurants verbracht – der Zufall | |
entscheidet, wer die Rechnung in fünfstelliger Höhe übernimmt. Trinkgeld | |
fürs Personal werden grundsätzlich in 100-Dollar-Scheinen bezahlt. Alles | |
wird mit Selfies digital festgehalten und auf Instagram verbreitet, damit | |
ja jede*r weiß, wie reich man ist. | |
[1][So zumindest hat Anna Delvey gelebt.] Mit Anfang 20 ist sie, mit einem | |
60-Millionen-Dollar-Trust-Fund in der Hinterhand, von Deutschland in die | |
USA ausgewandert, um die „Anna Delvey Foundation“ (ADF) zu gründen – ein… | |
elitären Club ähnlich dem Soho House für Menschen aus der Kunstwelt. Das | |
Spannende daran? Anna Delvey ist keine Millionärserbin mit Trust-Fund, sie | |
ist überhaupt nicht reich und sie heißt auch nicht Anna Delvey. Es ist | |
alles gelogen. Sie ist die perfekte Verkörperung des Mottos: Fake it till | |
you make it. | |
Knapp zwei Jahre gelang es der Hochstaplerin Anna Sorokin, so ihr echter | |
Name, ohne Geld ein Leben der Superreichen zu führen, bis sie 2017 wegen | |
des Verdachts auf Betrug und Diebstahl in Untersuchungshaft kam. Berühmt | |
wurde Anna ein Jahr später durch einen Artikel bei The Cut von Jessica | |
Pressler, der ihren Werdegang rekonstruierte. Seit dem gibt es nicht nur | |
unzählige Memes, sondern auch Dutzende Zeitungsartikel, einen BBC-Podcast, | |
ein Buch einer ehemaligen Freundin von Sorokin, eine Folge einer | |
HBO-True-Crime-Doku und ein Theaterstück über sie. Die Netflix-Serie | |
„Inventing Anna“ ist der bisherige Höhepunkt im Kult um Anna Delvey. | |
## Wer ist Anna Delvey? | |
Wenige Tage nach Erscheinen von Presslers Artikel sicherte sich Netflix die | |
Rechte. Nun hat Pressler gemeinsam mit Shonda Rhimes („Grey’s Anatomy“, | |
„Bridgerton“) eine neunteilige Serie geschaffen, in der leicht | |
fiktionalisiert der Auf- und Abstieg Anna Delveys erzählt wird. Im | |
Mittelpunkt steht die Journalistin, die hier nicht Jessica Pressler, | |
sondern Vivian Kent (Anna Chlumsky) heißt. | |
Durch Dutzende Gefängnisbesuche bei Anna (Julia Garner), Gespräche mit | |
Freund*innen und Geschäftsleuten versucht sie herauszufinden: Wer ist | |
Anna Delvey? Die Serie geht dabei über die reine Nacherzählung hinaus, eine | |
moralische Frage schwingt immer mit: Ist Anna eine Heldin, weil sie es | |
dreist schaffte, New Yorks unverschämt reiche Kunstszene, Banken und | |
Investmentfirmen vorzuführen und um Hunderttausende Dollar zu betrügen? | |
[2][Oder ist sie eine Verbrecherin,] die Hotelangestellte und | |
Freund*innen betrog, um sich selbst zu bereichern? Und wie viele Männer | |
haben eine ähnliche Attitüde, werden dafür aber gefeiert statt kritisiert? | |
Vivian selbst ist nach Dutzenden Gesprächen nicht klar, was sie von Anna | |
halten soll: „Es gibt Tage, an denen denke ich, sie ist Hannibal Lecter und | |
es gibt genauso viele Tage, an denen ich denke, dass sie einfach eine | |
durchschnittliche Mittzwanzigerin ist.“ Die Szenen bieten Argumente für | |
beide Thesen. | |
Passend beginnt jede Episode mit den Worten: „Diese Geschichte ist komplett | |
wahr – ausgenommen der Teile, die komplett erfunden sind.“ Ein guter Weg, | |
mit der Geschichte umzugehen – so bleibt genügend Stoff für Dutzend weitere | |
Dokus und Serien um Anna Delvey. | |
11 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Carolina Schwarz | |
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