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# taz.de -- Größter Sportartikelhersteller in China: Mit Patriotismus zur Wel…
> Einst galt Anta Sports als uncool. Nun aber profitiert der Ausstatter des
> IOC und des chinesischen Teams von Chinas Boykott westlicher
> Konkurrenten.
Bild: Die Freestylerin und chinesische Goldhoffnung Eileen Gu trug schon bei de…
Peking taz | Kaum ein anderes chinesisches Unternehmen reitet derzeit so
erfolgreich auf der Wintersportwelle wie Anta Sports, der offizielle
Ausstatter des Internationalen Olympischen Komitees und des chinesischen
Kaders. Die Kleidermarke mit dem generischen Häkchen-Logo wird den meisten
Deutschen zwar kaum ein Begriff sein, doch auf dem heimischen chinesischen
Markt sind die Anta-Daunenjacken und Basketball-Jerseys längst von billiger
Ramschware zu patriotischen Statusobjekten aufgestiegen.
Gegründet wurde Anta Sport Anfang der 1990er Jahre an der Südostküste der
Provinz Fujian, quasi direkt gegenüber dem Inselstaat Taiwan. Anta galt
lange als Billig-Marke und selbst unter den heimischen Brands nur als
zweite Wahl. Wer es sich leisten konnte, trug Adidas und Nike. Und wenn es
schon eine chinesische Marke sein musste, [1][dann immerhin Li Ning] –
jener Sportausrüster, der vom gleichnamigen Ex-Turner und
Goldmedaillengewinner der Olympischen Spiele 1984 gegründet wurde.
Die rund 10.000 Läden von Anta Sports waren vor allem in den Provinzstädten
angesiedelt, wo sie mit konkurrenzfähigen Preisen lockten. Das Design
wirkte jedoch altbacken, die Qualität höchst mittelmäßig und dem Zeitgeist
stets ein paar Jahre hinterher. Die Firma schrammte immer halb am Bankrott
vorbei.
Doch der Aufstieg von Anta begann in den letzten Jahren und er führte
zunächst übers Ausland: Die Chinesen gewannen mehrere NBA-Basketballer als
Testimonials, darunter Rajon Ronda und Klay Thompson. Dies sorgte für einen
immensen Image-Boost innerhalb der chinesischen Jugend, bei der die
Ballsportart überaus beliebt ist.
## Sogenannter Baumwollskandal
Das Image der angestaubten Marke Anta hat geradezu eine 180-Grad-Wendung
hingelegt, die eng mit den politischen Entwicklungen und dem zunehmenden
Nationalismus in der Volksrepublik verknüpft ist. Ein Rückblick: Im letzten
Frühjahr sind ein gutes halbes Dutzend westlicher Modefirmen [2][über den
sogenannten Baumwollskandal] gestolpert. Sowohl Nike, Adidas als auch H&M
hatten zuvor als Teil der Schweizer „Better Cotton Initiative“ ihre
Baumwoll-Produktion in Xinjiang eingestellt, da sie aufgrund der dortigen
Menschenrechtsverletzungen gegen die Uiguren keine vertretbaren
Arbeitsbedingungen sicherstellen können. Daraufhin kam es zu
Boykottaufrufen unter Chinas Influencern, die von den staatlichen
Propaganda-Medien angefeuert wurden. Innerhalb weniger Tage mieden die
Chinesen sämtliche Marken, die sie zuvor noch stolz am Leib trugen.
Doch was des einen Leid ist, war des anderen Freud: Keine Marke hat so sehr
von dem Skandal profitiert wie Anta Sports. Die Marke positionierte sich
umgehend als loyal patriotisch, in dem es stolz proklamierte, weiterhin
Baumwolle aus der Region Xinjiang zu beziehen. Zugleich quittierte man die
„Better Cotton Initiative“, die sich für fairere Arbeitsbedingungen
einsetzt
Die zunehmend nationalistischen Konsumenten Chinas goutierten dies mit
fleißigen Einkäufen: Während die Gewinne von Puma, Adidas und Nike in China
allesamt im zweistelligen Bereich eingebrochen sind, postulierte Anta im
ersten Halbjahr 2021 ein Plus von 56 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Unlängst wurde Anta Sports zum Aushängeschild der Ende der 1990er Jahre
geborenen „Generation Z“. „Guochao“ nennt sich das Aufleben der heimisc…
Marken. Und Anta ist die patriotischste von allen: Auf etlichen ihrer
Kleidungsstücke lassen sie die rote China-Flagge prangen. Noch vor wenigen
Jahren hätte die Jugend dies als „uncool“ verschmäht, mittlerweile jedoch
gilt das Zurschaustellen von Patriotismus als das genaue Gegenteil.
Den bisher größten Coup haben die Chinesen im März letzten Jahres
angekündigt: eine Kooperation mit der chinesischstämmigen US-Amerikanerin
Eileen Gu, die im „Freestyle Ski“ als vielversprechende Goldanwärterin für
die Volksrepublik antreten wird. Die 18-Jährige ist Chinas einziger
Wintersport-Superstar. Dass sie Anta trägt, hat dem Unternehmen nicht nur
Hunderttausende neue Follower auf sozialen Medien gebracht, sondern
möglicherweise auch eine Tür in den internationalen Markt beschert.
5 Feb 2022
## LINKS
[1] /Streit-nach-Brasiliens-Olympiasieg/!5788369
[2] /Zwangsarbeit-in-Xinjiang/!5820356
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
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China
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Zwangsarbeit
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