# taz.de -- Trotz Homeoffice: Boom beim Bau von Büros | |
> In deutschen Städten entstehen immer mehr Büros. Ein Überangebot sieht | |
> der Immobilienausschuss aber nicht. Denn die meisten gehen weiter ins | |
> Büro. | |
Bild: Wachsen weiter in die Höhe: Bürohäuser am Hauptbahnhof in Berlin | |
Obwohl in deutschen Städten [1][dringend Wohnungen gebraucht werden], | |
entstehen dort reihenweise große Bürogebäude. Nicht nur in Berlin und | |
Frankfurt am Main sind zahlreiche Hochhäuser im Bau, die überwiegend mit | |
Arbeitsplätzen gefüllt werden sollen. Der Neubau von Büros „erreichte 2021 | |
das größte Fertigstellungsvolumen seit zehn Jahren“, erklärte der Zentrale | |
Immobilienausschuss (ZIA) am Dienstag. Wie passt das mit der neuen | |
[2][Tendenz zum Homeoffice nach Corona] zusammen, wird da ein Büroangebot | |
an der tatsächlichen Nachfrage vorbeigeplant? | |
Der ZIA ist der Spitzenverband der Immobilienwirtschaft. Er vertritt 30 | |
Branchenverbände mit rund 37.000 Unternehmen. In ihrem turnusgemäßen | |
Frühjahrsgutachten gaben die Expertinnen und Experten einen Überblick über | |
die gesamte Immobilienwirtschaft, unter anderem zu den Themen Wohnen, | |
Mieten und Baupreise, Einzelhandelsflächen, Hotels und Wirtschaftsbau. | |
Auf den ersten Blick ist es ein merkwürdiger Widerspruch. In den sieben | |
großen Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und | |
Stuttgart wurden im vergangenen Jahr zahlreiche Büroareale bezugsfertig und | |
eingerichtet – nun aber sitzen nur wenige Leute dort an den Schreibtischen. | |
Colliers, eine weltweit aktive Firma für Immobilienberatung, bestätigt den | |
Bauboom. Während im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 in den sieben | |
Städten etwa 1 Million Quadratmeter Büros fertiggestellt wurden, sind es | |
2020 bis 2023 fast 2 Millionen pro Jahr. Das deckt sich mit den Daten des | |
ZIA. „Auch für 2022 sind sehr hohe Fertigstellungszahlen zu erwarten“, | |
heißt es im Gutachten. | |
Ein Überangebot drohe bis 2025 aber nicht, ist sich die Branche einig. Sven | |
Carstensen, Mitautor des ZIA-Gutachtens und Vorstand der Analysefirma | |
Bulwiengesa, begründet das unter anderem mit dem „geringen Leerstand“. Vor | |
Corona, Ende 2019, waren beispielsweise in Berlin nur gut 1 Prozent der | |
Büroflächen nicht genutzt. Jetzt seien es etwa 3 Prozent, so Carstensen. Im | |
bundesweiten Durchschnitt betrage der Leerstand in den besten Lagen etwa 4 | |
Prozent. Auch wenn diese Größe in den kommenden Jahren noch etwas zunehme, | |
hält Carstensen Angebot und Nachfrage für „ausbalanciert“. | |
## Zwischen Dienstag und Donnerstag Bedarf | |
Dafür spricht seiner Einschätzung nach erstens die erwartete Zunahme der | |
Bürobeschäftigten, die deutlich über dem Wirtschaftswachstum liege. | |
Zweitens prognostiziert er, dass die Tendenz zum Homeoffice keine allzu | |
starke Auswirkung auf den Büroflächenbedarf haben werde. Vor allem montags | |
und freitags würden Beschäftigte [3][vermehrt zu Hause arbeiten]. | |
Zwischen Dienstag und Donnerstag müssten die Arbeitgeber dann aber | |
weiterhin stationäre Arbeitsplätze anbieten. Zudem, meint Carstensen wie | |
andere Experten auch, steige der Flächenbedarf in den Büroetagen, weil die | |
Beschäftigten beispielsweise Wert auf größere Abstände zum | |
Nachbarschreibtisch legten. Fazit: keine dramatische Abwanderung aus den | |
zentralen Büros, kein absehbares Überangebot. | |
## Mehr Fläche für Onlinehandel | |
Nicht nur für Investoren in Büroimmobilien soll es gut aussehen, sondern | |
auch bei sogenannten Logistik-Immobilien. Durch den [4][zunehmenden | |
Onlinehandel] steigt der Bedarf an solchen Flächen.Beim Wohnen setzte sich | |
die Entwicklung 2021 ähnlich fort wie in den Vorjahren. Die Mieten (plus | |
3,7 Prozent) stiegen, die Kaufpreise für Wohneigentum (plus 14,3 Prozent) | |
ebenso. Immerhin werden mittlerweile über 300.000 Wohnungen jährlich | |
fertiggestellt, was den Preisanstieg dämpft. | |
Besonders bei größeren Familienwohnungen mit mehr als drei Zimmern herrsche | |
aber deutliche Knappheit, sagte Harald Simons vom Forschungsinstitut | |
Empirica. Er prognostizierte, dass die Bundesregierung ihre Ansage 400.000 | |
neuer Wohnungen in dieser Legislaturperiode „kaum erreichen“ werde. Dafür | |
würden Planungen und Bau einfach zu lange dauern. | |
16 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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