| # taz.de -- Peter Schulz als Schul-Namenspatron: „Eine ungeheuere Provokaktio… | |
| > Peter Schulz ist der Erfinder des Radikalenerlasses. Der ehemalige | |
| > Hamburger Bürgermeister könnte Namenspatron für eine Schule werden. | |
| Bild: Verhängte Berufsverbote für Kommunisten: Peter Schulz, hier im Juni 197… | |
| Hamburg taz | Was soll schon schiefgehen, wenn man einen alten weißen Mann | |
| als Namenspatron für ein Gymnasium vorschlägt, der SPD-Schulsenator, | |
| Bürgermeister und Präsident der Hamburger Bürgerschaft war? Diesen Gedanken | |
| hatte wohl der Hamburger SPD-Abgeordnete Gulfam Malik, als er Peter Schulz | |
| als Namensgeber für das neue Grellkamp-Gymnasium im Stadtteil Langenhorn | |
| vorschlug. Das Gymnasium soll im Schuljahr 2023/2024 eröffnen. | |
| Doch auch wenn der vielfach von der SPD geehrte und 2013 verstorbene Schulz | |
| auf den ersten Blick wie eine sichere Bank als Namensgeber wirken könnte – | |
| wer Erinnerungen an [1][die 70er-Jahre in Westdeutschland] hat oder ihn | |
| kurz googelt, muss schnell davon abkommen. | |
| Schulz ist der Erfinder des sogenannten Radikalenerlasses, also der | |
| Berufsverbote, die in den 70ern zahlreichen jungen Menschen den Einstieg | |
| ins Arbeitsleben verbauten. Der offizielle Grund damals: Man wollte | |
| Menschen mit einer staatsfeindlichen Haltung aus dem öffentlichen Dienst | |
| fernhalten. Der darunter liegende Grund: Kommunistenhass. | |
| Der Radikalenerlass betraf breite Berufsfelder des Beamtentums – | |
| Lehrer*innen, Postbot*innen sowie Lokführer*innen, aber eben fast | |
| ausschließlich Linke. Fast immer wurde ihnen das Engagement in der | |
| Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) oder einer der zahlreichen | |
| kommunistischen Student*innenorganisationen zum Verhängnis. | |
| ## Für Betroffene wäre es ein Affront | |
| Peter Schulz lieferte die Vorlage für den [2][bundesweiten Beschluss], den | |
| die Ministerpräsidenten 1972 unter Willy Brandt (SPD) verabschiedeten. Seit | |
| 1971 war Schulz, der mit seinen Eltern aus der DDR geflohen war, mit 41 | |
| Jahren der jüngste Bürgermeister Hamburgs. Nach drei Monaten im Amt | |
| versagte er der Lehrerin Heike Gohl wegen ihres Engagements bei der DKP und | |
| der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend SDAJ die Verbeamtung und | |
| formulierte eine Begründung, die über den Einzelfall hinaus wies. | |
| Ausgerechnet der soll Namensgeber für eine Schule werden? Soweit ist es | |
| noch nicht. Bislang ist das nur ein Vorschlag von einem Abgeordneten, der | |
| bis Redaktionsschluss für die taz nicht zu erreichen war und zu dessen | |
| Gunsten man annehmen kann, dass er schlecht informiert ist. In der | |
| Schulbehörde dürfte man mit dem Namen mehr anfangen können. | |
| Betroffene des Berufsverbots äußern sich unterdessen bestürzt über die | |
| Idee: Der pensionierte Oberschulrat [3][Hans-Peter de Lorent, der jahrelang | |
| gegen sein Berufsverbot gekämpft hat], spricht von einem unglaublichem | |
| Affront für alle Betroffenen: „Eine Schule nach Schulz zu benennen, wäre | |
| eine ungeheure Provokation und ist in meinen Augen völlig undenkbar.“ | |
| 16 Feb 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /50-Jahre-Radikalenerlass/!5821215 | |
| [2] /Kommentar-Aufarbeitung-Radikalenerlass/!5367709 | |
| [3] /Berufsverbot-wegen-falscher-Gesinnung/!5822539 | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
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