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# taz.de -- Diskriminierung in Österreich: Entsetzen über „Anti-Homo-Haus“
> Ein Wirt in Wachau darf Schwulen den Zugang verwehren. Der Fall zeigt,
> wie schwach das österreichische Anti-Diskriminierungsgesetz ist.
Bild: Auf ihm ruhen nun die Hoffnungen auf besseren Schutz: Österreichs Sozial…
Wien taz | Als „Anti-Homo-Haus“ bewirbt Michael Hirschmann sein Gästehaus
im niederösterreichischen Aggsbach Markt. In seinem
„Arbeiter-Monteur-Quartier“ in der Wachau, einem der schönsten Landstriche
an der Donau, erteilt der Wirt „Homosexualität, Pädophilie und
Gender-Ideologie“ eine Absage. „Wir wollen nichts mit Aids oder Syphilis zu
tun haben,“ erklärt er [1][auf der Homepage des Hauses]. Seine zehn Zimmer
vermietet Hirschmann vor allem an Arbeiter – sofern sie nicht schwul sind.
„Wenn ich mir vorstelle, wie diese Leute Sex miteinander haben, graust es
mir“, sagte der Herbergswirt der Plattform [2][noe.ORF.at]. Mangels
therapeutischer Kenntnisse könne er ihnen nicht helfen: „Deshalb ist es mir
lieber, sie kommen nicht zu mir.“ Die homofeindliche Werbung ist jüngst der
[3][Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW),] aber auch der Gemeinde, der
Wirtschaftskammer und dem Tourismusverband aufgefallen.
Sandra Konstatzky, Leiterin der GAW, zeigt sich machtlos: „Da die aktuelle
Causa in den Kompetenzbereich des Bundes und somit ins
Gleichberechtigungsgesetz fällt, sind Betroffene nicht geschützt“. Und das
Gleichberechtigungsgesetz bietet in diesem Fall keine Handhabe gegen die
eklatante Diskriminierung.
Österreich, so kritisiert sie in den niederösterreichischen Medien, zähle
zu den Staaten der EU, die außerhalb der Arbeitswelt am wenigsten Schutz
für Homosexuelle bieten. Eine Gesetzgebung, die dem europäischen Standard
entsprechen würde, ist bisher immer an der ÖVP gescheitert, die sich ihrer
bürgerlichen und christlich-sozialen Werte rühmt.
## Angeschlagene ÖVP, Chance für die Grünen
Im konkreten Fall zeigte sich sogar Josef Kremser schockiert, der
ÖVP-Bürgermeister des 387 Einwohner zählenden Fleckens. Er tat, was er in
seinem Zuständigkeitsbereich tun konnte: Er nahm die Unterkunft auf der
Homepage der Gemeinde von der Liste der Zimmervermieter.
Auf Bundesebene hat der unappetitliche Fall Bewegung in die Debatte
gebracht. Die SPÖ, die liberalen Neos und die Grünen bemühen sich schon
lange um ein effektives Antidiskriminierungsgesetz. Die Sozialdemokraten
hatten zuletzt vergangenes Jahr eine entsprechende Gesetzesinitiative in
den Nationalrat gebracht, scheiterten aber an der Regierungsmehrheit von
ÖVP und Grünen. Die Abgeordneten des kleinen Koalitionspartners mussten
sich die Häme der Opposition gefallen lassen, als sie aus
Koalitionsdisziplin gegen die eigene Überzeugung stimmen mussten.
„Wenn ich als schwuler Mann in einem Café sitze und dort bei einem Date
einen Kaffee trinke, könnte ich ganz legal aus dem Lokal verwiesen werden“,
klagte Markus Möller, Obmann der Homosexuellen Initiative in Tirol, im
Ö1-Mittagsjournal. Ihm könne auch ein Mietvertrag verweigert werden. Gegen
verbale Angriffe in einem Taxi konnte er sich rechtlich nicht zur Wehr
setzen.
Die Plattform #Aufstehn hat Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) einen
von 20.000 Wahlberechtigten unterzeichneten Appell übergeben, den
Diskriminierungsschutz aufgrund sexueller Orientierung auf alle
Lebensbereiche auszuweiten. Jetzt nützen die [4][Grünen] die Chance, den
wegen zahlreicher [5][Korruptions- und Postenschacher-Affairen] politisch
angeschlagenen Koalitionspartner unter Druck zu setzen.
Die Parteigranden der ÖVP halten sich bisher auffallend bedeckt. Einzig die
jüngst ernannte Generalsekretärin Laura Sachslehner verschickte ein
trockenes Kommuniqué, in dem sie im Namen der Partei „jede Form der
Diskriminierung“ ablehnt. Die sexuelle Orientierung sei „Privatsache, die
niemandem nachteilig ausgelegt werden“ dürfe.
Von der Zustimmung zu einem umfassenden Diskriminierungsschutz ist diese
Position noch weit entfernt, schließt aber einen Sinneswandel nicht aus.
Ausgerechnet der homophobe Gastwirt in der Wachau könnte jetzt dafür
sorgen, dass er Schwule künftig von Gesetzes wegen nicht mehr vor die Tür
setzen darf.
11 Feb 2022
## LINKS
[1] https://www.m-quartier.at/preise---konditionen.html
[2] https://noe.orf.at/stories/3142612/
[3] /MeToo-Welle-erreicht-Oesterreich/!5460171
[4] /Regierung-in-Oesterreich/!5829683
[5] /Erbe-von-Ex-Kanzler-Kurz/!5818221
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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Österreich
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